Anne Golon

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Für den lust- und frauenfeindlichen Klerus ist eine Schönheit wie Angélique eine gefährliche. Versuchung, weshalb sie nur mit dem Teufel im Bunde sein kann.
Eine schöne Frau, die aus dem Wasser steigt und auf einem Einhorn reitet, die Dämonin Arkadiens – vor solch einer Person warnt der fanatische Jesuiten-Pater d’Orgeval seine Gemeinde in Neufrankreich. Mit seiner Kompetenz als Vertreter der heiligen Kirche erzielt mit seiner hanebüchenen Thesen enorme Wirkung, denn bei der Dämonin soll es sich um Angélique handeln. Für den lust- und frauenfeindlichen Klerus ist eine Schönheit wie Angélique eine gefährliche Versuchung, weshalb sie nur mit dem Teufel im Bunde sein kann. Jede besondere Fähigkeit, die sich diese Frau in ihrem harten Leben erworben hat, kann nur zusätzliches Indiz für die wirre Ansicht der Jesuiten sein. Am Beispiel des Jesuiten Sébastien d’Orgeval wird deutlich, dass Menschen mit aus der Kindheit herrührenden Traumata für Spitzenpositionen in der katholischen Kirche prädestiniert waren. In seiner unglücklichen Kindheit als Waisenkind hat der Pater keine Liebe empfangen, weshalb er sie auch nicht weitergeben kann. Sein Christentum ist eines des Hasses gegen den Teufel und Dämonen. Von Letzteren sieht er vor allem Andersdenkende beherrscht. Unter diesem Gesichtspunkt sollte man heute die Vita mancher Bischöfe durchleuchten, die die christliche Gemeinschaft als exklusive (im Gegensatz zu einer von Margot Käßmann propagierten inklusiven) Gemeinschaft sehen, von der z. B. Geschiedene oder Frauen, die abgetrieben haben, ausgeschlossen werden. Die bekehrten Indianer werden demnach auch nicht zu einer Religion der Liebe bekehrt, sondern führen im Namen Christi brutale Foltermethoden bei Ureinwohnern anderer Stämme an. Die christianisierten Indianer des 17. Jahrhunderts entsprechen in ihrem Fanatismus eifernden Muslimen in unserer heutigen Zeit, die in ihrem heiligen Krieg vor keiner Gewalttat zurückschrecken. Welch eine Perversion der Lehre Christi! Nachdem sie ihr Fort mitsamt aller Vorräte opfern müssen, um aufgebrachte Irokesen angesichts ihrer ermordeten Häuptlinge zu beschwichtigen, ziehen sich Angéliques Mann Joffrey und seine Begleiter in eine Bergwerkshütte als letzte Zufluchtsstätte zurück. Dort stehen sie sich gegenseitig bei, um einen harten Winter, der von ihnen große Entbehrungen abverlangt, zu überstehen. Joffrey, der dem Glauben ferne steht, erweist sich dabei als fürsorgender Anführer seiner multi-kulturellen Gruppe. In ihr wird sogar echte Ökumene gelebt, wenn der Hugenotte Jonas den Gottesdienst für die Protestanten liest und sich nach und nach an den Sonntagen auch die Katholiken dazu einfanden: „Schließlich ist es dieselbe Bibel für alle, sagten sie sich, und es gibt schöne Geschichten in diesem Buch.“ Joffrey lebt jedoch nach seinen eigenen Regeln. Als ein französischer Soldat sich während Joffreys Abwesenheit Angélique unsittlich zu nähern versucht, diese ihn aber der Bergwerkshütte verweist, verfolgt ihn ihr Mann im strengsten Winter über eine weite Strecke und tötet ihn schließlich im Duell mit dem Degen. Es versteht sich von selbst, dass solch eine Selbstjustiz nicht überall Anklang finden kann. (ks)