Jetzt neh- me ich den Lenker selbst in die Hand. Ich will so lange es geht selber
fahren.“ .... Opel Meriva oder Golf plus. Und viel- .... In Deutschland bieten mit
Agila, Allianz und Axa mittlerweile .... Sie mir helfen, das Laufband wieder.
Ausgabe 2 | 2009
Alle(s) unter einem Dach?! ID55-Special: Gemeinschaftliches Wohnen im Ruhrgebiet
Gegen den Wind Die späte Liebe zum Bike
"Oppa" als Kunstfigur Zu Besuch bei Herbert Knebel
Pflege im "Pfötchenhotel" Wenn Haustiere älter werden
American Chiropractic Family Top-Angebot bis zum 30. 11. 2009 für diese SCAN-Wirbelsäulenmessung Erwachsene 20 € (statt 50 €) Kinder 20 € (statt 25 €)
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EDITORIAL ID55
Das Netzwerk wird größer: Die ID55-Initiatoren Susanne Schübel (li.) und Susanne Zabel
Die Vernetzung geht weiter ! Seit Frühjahr 2009 ist die Initiative ID55 – für alle, die anders alt werden wollen – Partner des Bundesprogramms „Lernen vor Ort“ mit der Stadt Herne und ihren Fachbereichen, insbesondere der Volkshochschule. Zielgruppe der Aktivitäten, die ID55 in dieses Projekt einbringt, ist die Generation 50plus unter besonderer Berücksichtigung der geburtenstarken Jahrgänge der sogenannten 68er-Generation sowie der „Babyboomer“ zwischen 1950 und 1965.
des Herner Oberbürgermeisters Horst Schiereck. Er würdigte ganz besonders die „Einbindung von Partnern, die den grundlegenden Gedanken lebenslangen und lebensbegleitenden Lernens unterstützen“. Er sei sicher, „dass die große Bereitschaft der Kooperationspartner und regionalen Bildungsakteure zu einem abgestimmten und kooperativen Handeln entscheidend zum Erfolg der Herner Bewerbung beigetragen“ habe, so Schiereck weiter.
Die gemeinsame Grundlage der Zusammenarbeit mit vielen Partnern aus Stadt und Region haben wir in einem „Letter of Intent“ festgeschrieben. Geprägt ist er vom Konsens, den demografischen Wandel in der Region und speziell vor Ort als Chance und Motor für gesellschaftliche Veränderungen zu verstehen. Wir wollen die überkommenen Altenbilder endlich ablösen – weg von einem Defizitmodell und hin zu einem Potenzialdenken, das sowohl die spät- als auch die nachberufliche Lebensphase einbezieht und eine positive Sichtweise auf das Älterwerden in einer älter werdenden Gesellschaft fördert. Im Juni erreichte uns ein Brief
„Lernen vor Ort“ und ID55 wollen sich ein dicht gepacktes Programm geben. Dazu gehören regelmäßige Vortragsveranstaltungen, Seminare und Workshops zum Themenbereich „Lebenslanges Lernen“ mit den Schwerpunkten „Demografischer Wandel“, „Bildungsübergänge“, „Alt hilft Jung“ und „Beruf/ Ruhestand“ für die Generation 50plus. Zu einem jährlichen Highlight soll der ID55-Kongress in Herne werden – natürlich in Anlehnung an die Vorgängerveranstaltung, die ID55-Eventwoche „Das Beste kommt noch – Demografischer Wandel im Ruhrgebiet: Herausforderungen, Aussichten und Chancen
für alle, die anders alt werden wollen“ im Februar 2009 in und mit der VHS Herne. In Planung ist der 2. ID55-Kongress in Herne, der im Frühjahr 2010 ganz im Zeichen von Weiterbildung und Bildungsübergängen in der spät- und nachberuflichen Phase der Generation 50plus stehen wird. Die Teilnahme am Zukunftsprogramm „Lernen vor Ort“ trägt ID55 auf die nächste Stufe. Die Vernetzung geht weiter, ID55 wird auch in Zukunft spannende Diskussionen und Begegnungen ermöglichen – für alle, die anders alt werden wollen. Seien Sie dabei: Das Beste kommt noch! Herzlichst,
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ID 55 MEETS VHS
Alle(s) unter einem Dach: Susanne Zabel, Susanne Schübel und Heike Bandholz, stellvertretende Direktorin der VHS Herne (von li.)
Alle(s) unter einem Dach ? ! Wenn nicht wir, wer sonst? Wer im Ruhrgebiet über gemeinschaftliches Wohnen spricht, hört häufig: Hier gibt’s das nicht! Das ist schlichtweg falsch. ID55 und VHS zeigen, dass Älterwerden und schöner Wohnen kein Widerspruch sind. Bei der ID55-Eventwoche im Februar 2009 kam es heraus: Die Frage „Wie werde ich wohnen, wenn ich älter bin?“ brennt Menschen um die 50 auf den Nägeln. Ihr tatsächliches Wissen über Wohnen im Alter ist jedoch eher lückenhaft. Trotz Berichterstattung in den Medien – allerdings eher sporadisch als regelmäßig – und einiger interessanter Ratgeber in Buchform haben sich strukturierte Informationen über alternative Wohnformen oder nachbarschaftliches Wohnen im Quartier noch längst nicht herumgesprochen. Gemeinsam mit der VHS Herne entwickelte ID55 deshalb die Veranstaltungsreihe „Alle(s) unter einem Dach?!“ in Zusammenarbeit mit der WohnBund-
Beratung NRW in Bochum, die von Anfang bis Ende Oktober 2009 interessante Einblicke und Begegnungen ermöglichen wird. Zwei Vorträge geben einen grundsätzlichen Überblick über die Wohnsituation älterer Menschen im Ruhrgebiet und in Herne. Zwei Tages-Exkursionen – die eine nach Dortmund, Bochum und Essen, die andere nach Röhlinghausen, Baukau und Herne-Süd – machen die unterschiedlichen Projekte hautnah erfahrbar. Noch mehr Informationen gibt’s hier: www.wohnbund-beratung-nrw.de
AUS DER REDAKTION Gegen den Wind und gegen alle Klischees schwingen sich die Großmütter Bärbel (60), Gudrun (59) und Kerstin (48) regelmäßig mit ihren Freundinnen aufs Motorrad. ID55 durfte die lustige Dortmunder Clique auf ihrer Shopping-Tour zu einem Spargelhof in Haltern am See begleiten. Mit dem Wind und einem Lächeln im Gesicht düsten die fünf Frauen über die Landstraßen, tauschten beim Kaffeekränzchen Lach- (und Sach-)Geschichten aus und erzählten von aufregenden Motorradtreffen sowie gemeinsamen Urlauben. Wir bedanken uns für die offene Art der „MIG 96“-Girls und wünschen weiterhin gute Fahrt! Unser Titelbild zeigt die Dortmunderin Bärbel Pähler (60) auf ihrer Kawasaki 800, fotografiert von Christoph Fein.
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INHALT ID55
Editorial
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ID55 meets VHS Aus der Redaktion
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Kurz & Knapp
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Kolumne Die Generation Ottomotor steigt um
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Gegen den Wind „Meine Omma fährt Motorrad“ – auf Spargelfahrt nach Haltern
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Wohlfühlen im Auto Vorteile ergonomisch designter Autos
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Keine Zeit zum Aufhören Im ID55-Interview: Uwe Lyko alias Herbert Knebel
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Im „Pfötchenhotel“ Haustiere werden immer älter – demografischer Wandel auch am Fressnapf
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Runter von der Couch 16 Altersforscher Prof. Dr. Michael Falkenstein leitet das Projekt „3 Trainings“
Der Faktor Mensch Vom Scheitern und Gelingen integrativer Wohnprojekte
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(K)eine Frage des Alters Ulrich Schlüter: Mit 53 Jahren in die Selbständigkeit
Ausgewandert Ausgestiegen, um einzusteigen: Besuch auf dem Peloponnes
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Lesen mit dem Zeigerfinger Bochumer Verein „Mentor“ liest mit Grund- und Förderschülern
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ID55 - Events 2009 Ein Bilderbogen der ID55Veranstaltungen im Februar
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Impressum
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Zum Schluss: Wallis Kehraus
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Sieg über die Endlichkeit Im ID55-Interview: Komponist Stefan Heucke
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Wohn(t)räume 22 Förderung der Eigeninitiative in Hernes erstem Mehrgenerationenhaus Das Dorf im Dorf „RUND“ steht für Röhlinghausen Unterstützt Nachbarn
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ID55 AKTUELL
Kurz & Knapp 100 KUNSTOBJEKTE AUS EINER STADT
DUSANKA (62) IST DAS „GESICHT 2009“
E-GOVERNMENT IN DER ALTERNDEN GESELLSCHAFT
DAS TRAUMA VON DER SEELE SCHREIBEN
Frisch auf den Büchertisch kommt Mitte Oktober ein kunst- und kulturhistorischer Führer durch die Stadt Herne. Autor von „100 Objekte Herne“ ist der langjährige Direktor des Emschertal-Museums Herne, Dr. Alexander von Knorre. Der 65-jährige Experte für Kunstgeschichte und kulturhistorische Themen hat im Vorfeld der Kulturhauptstadt 2010 eine subjektive Auswahl von 100 Kunstobjekten seiner Heimatstadt getroffen – unter dem Gesichtspunkt der Vielfältigkeit und des historischen Wandels. Der Leser wird konfrontiert mit sakralen und öffentlichen profanen Denkmälern, mit interessanten Zeugen der Industriegeschichte in Herne und Wanne-Eickel, aber auch mit modernen, figurativen und konstruktiven Kunstwerken und LichtkunstObjekten der Jahre 1500 bis 2009. Fotografiert wurden „100 Objekte Herne“ (Verlag PubliCreation, Herne, EUR 14,90) von Wolfgang Quickels (56), Bildredakteur der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung (WAZ).
Einmal Model sein, perfekt in Szene gesetzt und von dem Cover einer Zeitschrift lächelnd – Frauen jedes Alters kennen diesen Traum. Dass es dafür weder Heidi Klum noch stilisierter 90-60-90-Maße bedarf, zeigte eine Initiative der Bochumer Zeitschrift „Woman In The City“, den Profi-Fotografen von „Smile Studios“ und der Dortmunder Modelagentur „Kelly Faces“. „Wichtig sind positive Ausstrahlung, sicheres Auftreten, Disziplin und Spaß an der Sache“, so Karen Kelly, Model und Inhaberin von „Kelly Faces“. Auch das Alter spielte keine Rolle. Gecastet wurde in drei Alterskategorien (18-29, 30-44 und 45+). Neun Kandidatinnen stellten sich dann in Herne im Finale von „Das Gesicht 2009“ einer fachkundigen Jury. Mehr als 300 Zuschauer drückten ihren Favoritinnen im Alter von 18 bis 62 Jahren die Daumen. Die Gewinnerinnen Aline Schepper (18, Wülfrath), Tanja Kötting (37, Bochum) und Dusanka Herberholz (62, Schwelm) erhielten einen Modelvertrag bei „Kelly Faces“ und werden das Cover der Zeitschrift „Woman In The City“ zieren.
Ein Forschungsteam der Universität Münster wird sich bis 2014 der Frage widmen, wie staatliche Institutionen der alternden Gesellschaft mit geeigneter Informationstechnologie begegnen können. In Zeiten von E-Government und IT-gestützten Verwaltungssystemen will Projektleiter Dr. Björn Niehaves, Akademischer Rat am Institut für Wirtschaftsinformatik in Münster, vor allem Kommunalverwaltungen im Umgang mit den älter werdenden Bürgerinnen und Bürgern unterstützen. Während einer Forschungsreise nach Japan, dem – gemessen am prozentualen Anteil der über 65-Jährigen – ältesten Land der Welt, kam er auf die Idee zu dem Projekt. Es ist interdisziplinär angelegt und berücksichtigt sowohl ökonomische als auch wirtschaftsinformatische und politikwissenschaftliche Fragestellungen.
Traumatische Erfahrungen wie Gewalt, Hunger und Flucht vergraben sich oft tief in der Seele und kommen erst spät, oft plötzlich, wieder zum Vorschein – besonders mit steigendem Alter, wenn die Erinnerung den Alltag bestimmt. Die Internetseite www.lebenstagebuch.de beschäftigt sich mit der Verarbeitung von belastenden Erinnerungen. In einer aktuellen Studie des Behandlungszentrums für Folteropfer der Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald richtet sich die Plattform speziell an Personen, die Ängste, Scham und Schuldgefühle aus dem Zweiten Weltkrieg in sich tragen. Eine sechswöchige Schreibtherapie via E-Mail oder per Post ermöglicht den Betroffenen, die Erlebnisse in Texten abzuschließen – und zwar in einem ständigen Kontakt mit einem ausgebildeten Therapeuten. Die Behandlung im Rahmen der Studie ist kostenlos. Das Mindestalter der Teilnehmer ist 65.
Infos unter www.100objekteherne.de
Infos unter www.wi.uni-muenster.de/is/ organisation/mitarbeiter/ niehaves/
Infos unter www.lebenstagebuch.de
Infos unter www.woman-itc.de
Objekte HERNE EIN KUNST- UND KULTURHISTORISCHER FÜHRER DURCH DIE STADT TEXTE Alexander von Knorre FOTOS Wolfgang Quickels
100 Objekte Herne
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Dusanka Herberholz (62)
Stadtverwaltung digital
Schreiben gegen das Trauma
KOLUMNE ID55
Die Generation Ottomotor steigt um Text Uwe Knüpfer
Frau und Mann sind bekanntlich zweierlei. Zum Beispiel reden Männer nicht über ihre Affären. Außer wenn es wirklich etwas Ernstes ist. Dann offenbaren wir uns, mit Worten, Blicken, Gesten, Taten. Brigitte Kraemer, die großartige Beobachterin aller Spielarten des menschlichen Normalverhaltens, hat das mit ihrer Leica in vielen Fotos festgehalten; neulich waren sie in einer schönen Ausstellung zu sehen, unter dem Titel: Mann und Auto. icher, auch Frauen fahren Autos, besitzen sogar welche und rühmen sich zu recht, weniger Unfälle zu bauen als Männer. Was kein Wunder ist. Denn eine Frau fährt Auto, um von A zum Friseur zu kommen und hat dabei die Umgebung im Auge; es könnte ja am Weg ein neues Schuhgeschäft eröffnet worden sein. Ein Mann hingegen fährt, um zu fahren. Für ihn ist das Auto, was dem Ritter Ross und Rüstung war, fast Teil seiner Selbst. Und, seien wir ehrlich, oft ist es der elegantere, auf jeden Fall der größere, stärkere, gepflegtere Teil seines Selbst.
S
Jedenfalls gilt das für die meisten Männer meiner Generation, die wir im Bund mit unserem Liebsten, dem Auto, reif und erwachsen geworden sind. Als wir Kinder waren, sahen Autos noch
wie Spielzeuge aus und hießen auch so: Goggo, Käfer, Döschewoh. Während unserer Adoleszenz lud sich
auch das Auto mit Hormonen auf, PSmäßig und auch verbal: Manta, Targa, GTI. Als wir ruhiger und Familienväter wurden, stiegen wir um, der Sicherheit zuliebe, in Passat, Volvo oder Saab.
Dann, um einiges später, waren die
Kinder aus dem Haus, und der Urwald draußen lockte wieder. Andererseits hatten wir uns an komfortable Federungen und bequeme Sitze gewöhnt – und so erfanden wir das Essjuwie. Das Sports Utility Vehicle. Viagra mit Türen. Die Rambo-Limousine auf hohen, breiten Reifen, deren Grill aggressiv grinste und in dem jede Fahrt zum Edeka einer Expedition in die Wildnis gleichkam. Freilich ahnten wir schon, als wir uns die Ranger, Hummer und Cayennes anlachten – oder zumindest mit ihnen flirteten –, dass dies das Finale sein würde. Der Höhe- und Endpunkt der längsten, tiefsten und ehrlichsten Affäre unseres Lebens, der Liebe zum ottomotorisierten Automobil. Jetzt, da unsere besten Jahre beginnen, erfinden wir das Auto also wieder neu. Diesmal ganz im Lichte der Vernunft, der Weisheit, der Güte. Auch künftig werden wir uns zügig fortbewegen wollen, aber umweltverträglich und leise schnurrend statt luftverpestend und porschehaft röhrend. Deshalb beginnt jetzt, da wir, die Generation Ottomotor, unsere letzte Parklücke allmählich in den Blick nehmen – dabei aber fest entschlossen, das Abendlicht zum Fahren zu nutzen, so lange es geht
– das Zeitalter des Elektromobils, des Hybridantriebs und des Luftdruckmotors. Das geliebte Auto, es wird zum motorisierten Rollator mit Kofferraum und Schiebedach. Vernünftig entmannt. Und das wird es nicht nur für uns. Wenn wir, die Wirtschaftswunder-68er, eine neue Lebenskurve nehmen, nehmen wir gleich alle mit. Das war schon immer so. Warum sollen nicht unsere Kinder und Kindeskinder gleich in den Genuss von Fortbewegungsmitteln kommen, deren sittliche und technische Überlegenheit über achtzylindrige, S-klassige Blechprothesen zu erkennen uns ein ganzes Leben gekostet hat? Schließlich sollen sie mal besser fahren, wenn schon nicht leben.
Dass da auch noch was anderes war, an der Sache mit dem Automobil, das können wir ihnen ja später erzählen. Bei Gelegenheit. Wenn wir in alten Alben blättern oder in vergilbten Sammelexemplaren der „auto motor und sport“ und ins Schwärmen geraten; von Pferdestärken, Spoilern und blitzendem Chrom und davon, wie das halt so war, als Mann noch Gas geben konnte. 7
ID55 LIFESTYLE
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LIFESTYLE ID55
GEGEN DEN WIND Text Julia Valtwies
Fotos Michael Grosler
Fünf Frauen auf dem Motorrad – mit MIG 96 auf Shoppingtour nach Haltern. Ledermontur, Fransen, Nieten, Jeanskutte – und rote Haare: Das ist Bärbel Pähler, Großmutter und Motorradfan. Wann immer das Wetter es zulässt, besteigt die 60-jährige Dortmunderin ihre Kawasaki 800 und düst mit ihren Clubfreundinnen von MIG 96 über die Landstraßen der Region. Bärbels siebenjährige Enkelin winkt zum Abschied und erzählt jedem, der es hören will: „Meine Omma fährt Moped.“ o auch an diesem sonnigen Samstag. Per Telefonkette verabreden sich Bärbel, Mia, Gudrun, Kerstin und Sylvia – fünf Dortmunderinnen zwischen 41 und 60 – zur Shoppingtour. Sie wollen in Haltern im Bauernladen einkaufen.Am späten Vormittag treffen sie sich auf Mias Garagenhof.
S
Und dann geht es los. Sylvia (41) und Kerstin (48) schwingen sich auf rote Sport Tourer, Bärbel und Mia (53) nehmen auf schwarzen Choppern Platz. Gudrun (59) gesellt sich zu Mia – sie ist als Beifahrerin mit von der Partie. Bärbel Pähler hatte genau diese Rolle mit 48 satt: „Ich bin früher vor Langeweile eingeschlafen, wenn ich hinter meinem Mann auf der Maschine saß. Jetzt nehme ich den Lenker selbst in die Hand. Ich will so lange es geht selber fahren.“
Den Lenker fest im Griff: Bärbel Pähler genießt den Fahrtwind mit 60 PS
Fahrprüfung sofort bestanden
-DKUH QDFKGHP VLH LKUHQ 3.:)»KUHU schein gemacht hatte, wagte sich Bärbel 1997 erneut in die Fahrschule. „Ich hatte genauso viele Fahrstunden wie die jungen Leute und habe die Prüfung sofort bestanden“, erzählt die 1,60m große, lebensfrohe Mutter zweier erwachsener Söhne. Mia hatte diesen Schritt drei Jahre früher in Angriff genommen. In einer Gesprächsrunde auf einem Straßenfest kam sie 1994 auf die Idee, Motorradfahren zu lernen. „Früher war das ganz weit weg für mich“, sagt die große blonde Frau mit der roten Strähne im Pony. „Dann ging alles ganz schnell, und ich hatte sofort mein eigenes Motorrad.“ Heute hat sie schon mehr als 100.000
Kilometer auf dem Tacho. Auch Kerstin erwarb ihren Führerschein erst mit 45: „Ich musste ja immer für die Kinder da sein, aber die sind jetzt 28 und 30 und aus dem Haus. Jetzt habe ich Zeit. Ich fahre jede freie Minute.“
gezeltet, nie war sie mit dem Motorrad in den Urlaub gefahren. „Wenn wir unser Frühstück im Schlafanzug holen gehen und am gedeckten Tisch zusammen essen, ist das total schön“, erzählt die gelernte Bürokauffrau und schmunzelt.
Urlaub auf zwei Rädern
Mit 1.000 Maschinen durch die Nacht
6HLWGHU*U»QGXQJYRQ0,*EUDXVHQdie Motorrad-Ladys jeden Sommer mit den Maschinen in den Urlaub. Dann steuern sie Österreich, Italien und Monaco an. Über die Berge und durch enge Serpentinen. Bepackt mit Zelt, Campingmobiliar und dem üblichen Reisegepäck. Für Beifahrerin Gudrun gleich ein doppelt neues Lebensgefühl. Nie hatte sie zuvor
Diese und viele andere lustige Erlebnisse erzählen sich die Frauen bei ihrer Kaffeepause beim „Drügen Pütt“. Immer wieder stößt eine der Freundinnen eine Geschichte von Urlauben oder erlebten Touren an und die anderen stimmen lachend ein. Gudrun: „Weißt du noch, in welchem Jahr wir mit 1.000 Maschinen nachts durch Münster gefahren sind?“ 9
ID 55 LIFESTYLE
Mia: „Das war 2008.“ Bärbel: „Unbeschreiblich. Die ersten Motorräder kamen schon wieder auf dem Campingplatz an, als die letzten gestartet sind.“ Und Gudrun präsentiert ihre Mini-Plakettensammlung von allen Münsteraner Motorradtreffen von 1997 bis 2007, die sie an der Vorderseite ihrer Jeanskutte trägt.
Motorradleidenschaft der Männer gelegentlich nutzen, um von unangenehmen Arbeiten abzukommen. Bärbel: „Ich habe verchromte Felgen, die öfter mal geputzt werden müssen. Und wenn ich dann die Maschine in den Hof stelle, das Telefon klingelt und ich zurückkomme, sitzt Franz-Josef oft davor und reinigt sie sorgfältig mit einer Zahnbürste.“
Mosaik aus Aufnähern
Ein buntes Aufnäher-Mosaik aus Österreich, Dresden und Amerika auf den Jeanswesten der „Motorradbienen“ verraten, wo die unternehmungslustigen Frauen bereits unterwegs waren. Zwischen den Schulterblättern wacht ein Flügel schwingender Adler über dem Schriftzug von MIG 96 in altdeutscher Schrift. Unter den dicken Motorradjacken tragen die Freundinnen das Clubzeichen auf einem eigens bedruckten Pullover. „Wir sind eine tolle Gemeinschaft“, freut sich Bärbel. „Wir sehen uns fast jede Woche, grillen zusammen, walken oder schwimmen. Einmal im Jahr machen wir eine Fahrradtour zum Kemnader Stausee.“ Dann reden sie über die erwachsenen Kinder, die Enkel, Gartenarbeit und natürlich Motorradtouren, die sie noch fahren wollen.
So schnell wie die Jüngeren
Gelegentlich schließen sich auch die Söhne von Mia oder Bärbel der Truppe an. „Die Jüngeren fahren schon mal richtig schnell und testen ihre Maschinen aus – aber das machen wir auch. Wir passen uns ganz gut aneinander an“, berichtet Gudrun. Bei den Kurztrips merkt die Best Ager-Motorradtruppe dann aber doch die Unterschiede zur jüngeren Generation. „Die jungen Leute veranstalten abends immer Remmidemmi und lassen die Motoren jaulen, während wir am Gaskocher sitzen und beim Bierchen von früher erzählen. Für ein Wochenende halten wir das aber wohl aus“, so die 59-Jährige. „Unsere Altersklasse ist auf jeden Fall am stärksten bei derartigen Treffen vertreten.“
Souvenirs einer Motorradleidenschaft
Abschied in Richtung Bauernhof Mal mit, mal ohne – Männer
Seit fünf Jahren lassen die Frauen alle vier bis sechs Wochen ihre Männer daheim und cruisen über Landstraßen durchs Sauer- oder Münsterland. An den anderen Wochenenden dürfen FranzJosef (64), Jürgen (52), Walter (55), Rainer (48) und Ronald (46), die alle Gründungsmitglieder von MIG 96 sind, ihre besseren Hälften begleiten. „Die Männer motzen immer, weil wir öfter anhalten wollen als sie“, so die Frauen einhellig. „Wir fahren lieber gemütlich, packen uns ein Picknick ein und machen hin und wieder eine Kaffeepause.“ Auch wenn die Frauen selbst Zündkerzen und Öl wechseln können, lässt sich die
Auch am „Drügen Pütt“ trägt die Mehrzahl der Zweiradfahrer graumeliertes Haar. Sie schlendern zwischen ihren Choppern und Cruisern herum, während die Jüngeren sich um ihre Rennmaschinen kümmern. Die Dortmunder Frauen um Bärbel Pähler haben derweil ihren Kaffee aufgetrunken. Sie legen sich die Halstücher um, setzen die Sonnenbrillen auf und rücken ihre Helme zurecht. Mit dem Arm seitlich zum Gruß ausgestreckt verabschieden sie sich am späten Nachmittag von den gleichgesinnten Motorradfans mit brummenden Motoren und wehenden Fransen in Richtung Bauernhof.
Im besten Alter Jeder dritte von rund 3,5 Mio. Motorradhaltern in Deutschland ist älter als 50 Jahre. Während die Motorradfans der 80er und 90er Jahre immer älter werden, bleibt der Nachwuchs, aufgrund des neuen Freizeitverhaltens der unter 25-Jährigen, aus. „Heute zehren Hobbys wie Handy und PC das Taschengeld der 16-Jährigen auf. Zudem hat der A1-Führerschein durch den Führerscheineinstieg mit 17 an Attraktivität verloren", sagt Dr.-Ing. Achim Kuschefski, Leiter des Instituts für Zweiradsicherheit in Essen. Männer bleiben länger treu In der Gruppe der über 50-jährigen Fahrer sind 33 Prozent der Motorrad fahrenden Männer vertreten – sie bleiben ihrem motorisierten Hobby gegenüber 22 Prozent bei den Frauen also länger treu. Eine obere Altersgrenze sieht Kuschefski nicht: „Wenn die nötige Kondition vorhanden ist, sehe ich keinen Grund, warum nicht bis ins hohe Alter Motorrad gefahren werden dürfte.“ Sicher fahren Best Ager sind umsichtige Fahrer: Nur 18,7 Prozent der in 2007 tödlich verunglückten Fahrer gehören dieser Altersgruppe an. Ähnliches gilt für Unfälle mit schweren Verletzungen. Vermehrte Fahrsicherheitstrainings seien ein Grund für die niedrige Unfallstatistik, so Kuschefski.
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Düsen mit einem Lächeln im Gesicht
Mia bringt das Chrom auf Hochglanz
LIFESTYLE ID55
Im Auto-Cockpit: Mit dem stationären Fahrsimulator an der TU Chemnitz zeigen sich die Vorteile und Mängel ergonomisch designter Fahrzeuge
Losfahren und wohlfühlen Worin liegen die Vorteile ergonomisch designter Autos? Bei der Planung von Neuwagen wird die Zielgruppe 50plus noch zu wenig berücksichtigt, stellten Wissenschaftler der TU Chemnitz fest. Was genau die Generation 50plus von einem Auto erwartet, möchten die Forscher nun herausfinden. Sie entwickelten deshalb den Usability Research Simulator for Automobiles, kurz URSA. Dieser Fahrsimulator wurde kürzlich auf der HANNOVER MESSE 2009 präsentiert. Schon jetzt gibt es einige Autos, die sich besonders an den Bedürfnissen der langjährigen Fahrerinnen und Fahrer orientieren. Man spricht hier von ergonomisch designten KFZ. Welche Extras bieten solche Fahrzeuge?
Zu den ergonomischen Faktoren zählen neben einer guten Bedienbarkeit und Übersicht auch körpergerechte Sitze und ein hoher Komfort, wie zum Beispiel eine Lenkradfernbedienung für Radio und Freisprecheinrichtung. Standardmäßig sollten Autos ohnehin so konzipiert sein, dass sie sich einfach und intuitiv bedienen lassen. Doch die Realität sieht oft anders aus. Mehr Komfort bedeutet meist auch erhöhte Sicherheit Ebenfalls mehr Komfort
in ergonomischen Fahrzeugen bieten erhöhte Sitzpositionen, die das Ein- und Aussteigen erleichtern und einen besseren Rundumblick ermöglichen. Gefragt sind weiterhin Zuziehhilfen für große Heckklappen, Parkwarner, die den Abstand zum nächsten Hindernis akustisch signalisieren, sowie ausfahrbare Ladeböden und niedrige Ladekanten, durch die das Einladen schwerer Gegenstän-
Text Christine Schonschek
de leichter fällt. Vorteilhaft sind auch niedrige Bedienkräfte, wie etwa bei der Servolenkung, die das Steuern wesentlich vereinfachen. Eine wichtige Rolle spielen zudem einstellbare LordosenStützen, die den Rücken entlasten, und Automatik-Getriebe, die den Schaltvorgang übernehmen. Sehr hilfreich sind darüber hinaus auch elektronische Fahrassistenzsysteme, wie die Einparkhilfe. Einen hohen Komfort bieten außerdem Automatik-Funktionen, die sich um das Einschalten des Fahrlichts und des Scheibenwischers kümmern. Ein sichereres Fahrgefühl bei Nacht vermitteln automatisch abblendbare Spiegel ebenso wie Scheinwerfer, die Kurven besonders gut ausleuchten. Wenn durch diese Komfortmerkmale der Fahrer deutlich weniger Mühe auf die Bedienung legen muss, kann er dem Straßenverkehr mehr Aufmerksamkeit schenken. So erhöht sich gleichzeitig die Sicherheit. Viele Vorteile kommen allen Altersgruppen zugute Die Automobilindustrie bemüht
sich nach Angaben des ADAC bereits seit mehr als drei Jahrzehnten darum, die Fahrzeug-Ergonomie zu verbessern. Leider sind aber auch immer wieder Rückschritte zu verbuchen. Beispielsweise verschlechtern breiter werdende A-Säulen an den Scheiben die Rundumsicht. Seit einigen Jahren informiert der ADAC in der Rubrik „fit & mobil“ durch eigene Testberichte über Automobile, die sich besonders für die Zielgruppe 50plus eignen. Viele Merkmale, die sich speziell an ältere Nutzer richten – angefangen vom Einsteigen über die Bedienung bis
Fotos TU Chemnitz | Sven Gleisberg | ADAC
hin zum komfortablen, wenig ermüdenden Fahren – kommen aber auch anderen Altersgruppen zugute. Deshalb werden Fahrzeuge nicht explizit für die ältere Generation angeboten, um andere Zielgruppen nicht auszuschließen. So sind ergonomisch gestaltete Autos auch für den Normal-Verbraucher geeignet. Welche Hersteller produzieren besondere ergonomische Autos? Zwar gibt es bis-
lang noch keine Fahrzeuge speziell für die Generation 50plus. Eine Ausprägung in Richtung der genannten Käuferschicht zeigt sich jedoch bereits bei manchen Modellen wie Mercedes A- und B-Klasse, Opel Meriva oder Golf plus. Und vielleicht fließen auch bald die Erkenntnisse aus der Fahrsimulation der TU Chemnitz in die Neuwagenplanung mit ein, zum Wohl aller Autofahrer. INFORMATIONEN zum „Fit & mobil“ Autotest des ADAC stehen im Internet bereit unter: www.adac.de/Tests/Autotest/fit_und_mobil Neben den Angaben zur Modellauswahl finden Sie dort allgemeine Hinweise zu Kaufkriterien.
Schlanke A-Säulen verbessern den Überblick
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ID55 INTERVIEW
DER „OPPA“ ALS KUNSTFIGUR Interview Jens Südmeier
Fotos NEXT, Berlin | Thomas Willemsen
Keine Zeit zum Aufhören: Seit 1988 denkt und spricht Uwe Lyko wie „Herbert Knebel“ – und bald ist er auch genauso alt „Boh glaubse, geh’ mir doch wech!“ 34 Jahre jung war Uwe Lyko, als er sich zum ersten Mal für die Bühne als Rentner verkleidete: Der Mützenmann Herbert Knebel (60) ist seit 20 Jahren das erfolgreichste Alter Ego des Essener Kabarettisten. An Lenzen hat der heute 55-Jährige seine schräge Kunstfigur fast eingeholt. Ob es noch mehr Gemeinsamkeiten zwischen den beiden gibt als nur die Kerzen auf der Geburtstagstorte, verrät Uwe Lyko im ID55-Interview. Herr Lyko, warum haben Sie sich mit Mitte 30 ausgerechnet die Rolle eines Rentners ausgesucht?
Purer Zufall. Ich habe mit Bandkollegen herumimprovisiert und herumgealbert. Auf einmal war diese Stimme da, und es war völlig klar: Das ist eine Stimme, die zu einem älteren Herrn gehört. Ich hatte schon immer ein Faible für ältere Typen, die ein Original verkörpert haben. Ich fand diese Männer total witzig, die auf Fußballplätzen in den unteren Spielklassen an der Barriere standen. Die sahen und sehen auch heute immer noch original so aus wie der Knebel. Außerdem Rockende „Rentner”: Herbert Knebels Affentheater
gab es da noch meine älteren Onkel und schrullige Opas in der Nachbarschaft. Die hatten so eine unfreiwillige Komik, die ich schon immer faszinierend fand. Und bei denen haben Sie sich die Knebelschen Eigenarten abgeschaut?
Genau. Man sammelt im Laufe der Jahre Eindrücke und Erfahrungen, die einem im Gedächtnis bleiben. Dieses Sammelsurium von Kindheits- und Jugenderinnerungen hat sich dann im Knebel manifestiert. Man muss sich das vorstellen, wie so einen Vulkan, der drei Jahrzehnte lang brodelt. Irgendwann kommt die Lava herausgeschossen. In diesem Fall war das der Knebel. Was lässt sich mit Herbert Knebel besser darstellen als mit einer jüngeren Figur?
Darüber habe ich mir nie Gedanken gemacht, weil die Figur ja nicht am Reißbrett entwickelt wurde. Die ist spontan entstanden und ich hatte einfach Spaß an dieser Figur. Wir als Autorenteam, zu dem außer mir noch Sigi Domke und Martin Breuer gehören, haben dem Knebel von Anfang an ganz viele Freiheiten gelassen. Ich spiele auf der Bühne beispielsweise Gitarre, Mandoline oder auch Trompete. Da kann man natürlich auch sagen: Das ist überhaupt nicht stimmig. So ein Opa mit Hornbrille, Seidenjacke und Kappe, der singt ja wohl kaum Nummern von AC/DC oder Led Zeppelin. Der Knebel ist einfach eine Kunstfigur – die mich durch viele schauspielerische Momente auch vor Herausforderungen stellt, weil ich auf der Bühne schon jemand anderes bin als privat. Der Knebel spricht anders, der Knebel bewegt sich anders, und der Knebel denkt anders als Lyko. Trotzdem sind Sie seit über 20 Jahren unzertrennlich mit ihm verbunden und Sie nähern sich nun dem Alter der Figur immer mehr an. Ist es Ihnen dadurch leichter gefallen, sich aufs eigene Älterwerden einzustellen?
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Ich habe immer so flapsig gesagt: Ich freu mich schon auf den Tag, an dem ich 60 werde und dann so alt bin wie der Knebel. Dann kann ich eins zu eins zum Auftritt fahren und brauche mich nicht mehr umziehen. Natürlich völliger Blödsinn. Ich habe mir zum Älterwerden nie so richtig Gedanken gemacht. Erst als ich 50 wurde, habe ich das als Einschnitt empfunden. Nicht, dass ich körperlich abgebaut habe oder gedacht habe: Jetzt bist du alt! Aber als ich Kind war, waren für mich alle, die über 50 waren, alte Opas. Daran hat sich heute eine Menge geändert. Ganz viele kommen eben nicht mehr seniorenmäßig daher, sondern sind jung geblieben und voller Energie. Was tun Sie, um fit zu bleiben? Ich bin ein wahrer Sport-Junkie. Ich laufe, ich fahre Fahrrad – und wenn mich einer nachts um zwölf Uhr anruft und fragt, ob ich nicht Lust auf eine Partie Tennis habe, dann stehe ich auf. Man muss aber auch sehen, dass viele Sachen nicht mehr so funktionieren, wie sie noch mit 25 oder 30 funktioniert haben. Die Kondition war damals noch besser und wenn ich heutzutage morgens aufstehe, knacken auch schon mal die Knochen – das ist eben so. Deshalb gönne ich mir zwischendurch auch viele Ruhephasen. Wie lange werden Sie noch als Herbert Knebel auf der Bühne stehen?
Keine Ahnung. Im Moment macht es mir nach wie vor noch riesigen Spaß. Unser aktuelles Gruppenprogramm mit dem Affentheater ist wahnsinnig abwechslungsreich – und auch mein Soloprogramm spiele ich mit großer Begeisterung. Da denkt man einfach nicht daran, aufzuhören. Trotzdem werden sie ja sicherlich Pläne fürs Alter haben. Wie möchten sie alt werden?
Am liebsten gar nicht. Nein, im Ernst: Natürlich macht man Pläne für das
INTERVIEW ID55
Alter. Bei mir geht es da in erster Linie um Versorgungsaspekte. Als ich damals mit dem Affentheater anfing zu spielen, habe ich noch nebenbei gearbeitet und den Schritt ins Profilager erst gewagt, als ich dadurch auch eine Altersversorgung absichern konnte. Anfang der 90er Jahre habe ich mir mit Freunden und Bekannten im Essener Süden zusammen ein Haus gekauft. Jeder von uns Vieren hat dort seine eigene Wohnung, seinen eigenen Bereich. Dennoch wohnt man nicht irgendwo alleine vor sich hin. Wir unternehmen viel miteinander, fahren gemeinsam in den Urlaub, kochen und essen zusammen. Das ist eine Lebensform, die ich für mich gewählt habe und die ich auch im Alter gerne beibehalten möchte. Haben Sie Wünsche, die Sie sich noch unbedingt erfüllen möchten?
Das sind größtenteils profane Dinge. Ich möchte unbedingt irgendwann nach Südafrika reisen. Ganz viele Leute haben mir schon erzählt, das sei ein wunderschönes Land. Aber dieser Wunsch ist ja relativ leicht zu erfüllen. Man kauft sich ein Flugticket, fliegt dahin und macht drei oder vier Wochen Urlaub. Ob mein anderer Wunsch noch erfüllt wird, kann ich leider nicht sagen: Ich habe immer davon geträumt, mal in einem Kinooder Fernsehfilm mitzuspielen. Nicht als Knebel, sondern als Schauspieler eine kleine oder größere Rolle zu übernehmen. Das würde ich unheimlich gerne noch machen. Was würde Herbert Knebel zu diesen Wünschen sagen?
Das ist immer schwierig, als Uwe Lyko für Herbert Knebel zu antworten. Aber jau, nach Südafrika … da würde der Knebel glaub’ ich auch hinfahren.
UWE LYKO wurde am 22. September 1954 in Duisburg-Rheinhausen geboren. Kurz nach seiner Ausbildung zum Fernmeldetechniker begann er, nebenbei Theater zu spielen und stand mit unterschiedlichen Bands auf der Bühne. 1988 gründete er „Herbert Knebels Affentheater“ gemeinsam mit Martin Breuer („Ernst Pichel“), Detlef Hinze („der Trainer“) und Sigi Domke – letzterer ist seit 1995 nur noch als Autor der Truppe tätig. Seinen Platz auf der Bühne übernahm Georg Goebel-Jackobi alias „Ozzy Ostermann“. In seiner Rolle als Herbert Knebel tourt Uwe Lyko solo und mit dem Affentheater durch ganz Deutschland. Er ist regelmäßiger Gast in Jürgen Beckers Kabarett-Fernsehsendung „Mitternachtsspitzen“ (WDR). www.herbertknebel.de
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Hundetrainer Ralf Tommek von der Hundetagesstätte „Bodogs“ hat ein Herz auch für ältere Vierbeiner
Mit Handicap ins „Pfötchenhotel“ Demografischer Wandel am Fressnapf: Dank guter Pflege und Ernährung erreichen immer mehr Hunde und Katzen ein biblisches Alter. Text Mona Schamp Fotos Jörg Deimann | Bernd Wolf | Jan Maschinski Die Lebenserwartung steigt – nicht nur bei Menschen, sondern auch bei Hasso und Minka. Immer häufiger sind Herrchen und Frauchen dazu bereit, für die Gesundheit und das Wohlergehen ihrer vierbeinigen Begleiter tief in die Tasche zu greifen.
Berry galt als „unvermittelbar“. Der in die Jahre gekommene Rüde biss jeden, der sich ihm näherte – selbst die Mitarbeiter des Tierheims. Trotzdem oder gerade deswegen nahm Ralf Tommek die Deutsche Bracke vor einigen Jahren als Zweithund für seine Pudelpointer-Dame Diana bei sich auf. „Innerlich habe ich gezittert“, erzählt der 52-jährige Jäger und Falkner, der die Bochumer Hundetagesstätte „Bodogs“ leitet. „Doch wir haben uns von Anfang an gut verstanden.“ Ralf Tommek hat mehr als 25 Jahre Erfahrung im Umgang mit Hunden. Sein erster Hund, ein Bouvier-Riesenschnauzer-Mix, sei bis zu seinem 14. Lebensjahr nie krank gewesen. Ebenso alt wurde seine Kangal-Hündin. Für Hunde dieser Größe sind das umgerechnet fast 100 Menschenjahre. Beim 13-jährigen Berry diagnostizierte der Tierarzt kürzlich eine beginnende Arthrose und Nachtblindheit. „Das habe ich noch nicht bemerkt“, so Tommek. Zwar schlafe Berry mehr als früher, doch „er klettert, läuft und spielt immer noch“.
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Im Pfötchenhotel: Relaxen auf der grünen Wiese
Bessere Versorgung für Haustiere
Als „alt“ gelten Hunde – je nach Größe – bereits ab dem sechsten bis neunten Lebensjahr, Katzen ab dem achten bis zehnten. Die Lebensjahre des Tieres – multipliziert mit dem Faktor sieben – ergeben eine Faustformel für die Umrechnung in das entsprechende „Menschenalter“. „Wie alt ein Haustier wird,
MIT TIEREN LEBEN ID55
hängt von Tier, Rasse, Gesundheit und Gewicht ab“, erläutert Dr. Bettina Bachem-Drießen, Tierärztin aus Essen. Von einem pauschalen Durchschnittsalter könne man nicht sprechen. „Kleine Hunde wie Dackel haben mit bis zu 18 Jahren eine deutlich höhere Lebenserwartung als große Rassen wie Schäferhunde mit zwölf Jahren“, so die Veterinärin. Hauskatzen dagegen „schaffen oft locker über 20 Jahre“. Für Detlev Nolte vom Industrieverband Heimtierbedarf (IVH) liegen die Gründe für den Altersboom bei Haustieren vor allem „in besserer, artgerechter Ernährung und in verbesserter ärztlicher Versorgung wie Impfungen und Entwurmungen“. In rund 9.000 deutschen Tierarztpraxen kümmern sich Tierärzte, Tierpsychologen und Tierphysiotherapeuten um das Wohlbefinden der Vierbeiner. Außerdem habe sich die „Funktionalität von Heimtieren“ geändert: „Sie sind Familienmitglieder, nicht selten sogar der Ersatz für eigene Kinder. Außerdem müssen sie sich viel weniger körperlich anstrengen als frühere Nutztiere.“ Versicherung und Pflege
Gute medizinische Versorgung hat ihren Preis. Schnell fallen über 100 Euro für Untersuchungen, Impfung, Entwurmung oder Allergiemittel beim Tierarzt an. Eine vielversprechende Marktlücke, die zunehmend Versicherer für sich entdecken. In Deutschland bieten mit Agila, Allianz und Axa mittlerweile drei Versicherungsunternehmen eine Krankenversicherung für Hund und Katze an. Hunde sind je nach Rasse und Größe ab 27 Euro im Monat versicherbar. Für Katzen bezahlt man zwischen 15 und 30 Euro, Freigänger sind teurer als Wohnungskatzen. In Schweden ist bereits jeder zweite Hund versichert, in Großbritannien jeder vierte. In Deutschland hat jeder 100. Hund eine Krankenversicherung.
Neugierig auch als Tiersenior
Auch Naturheilverfahren erfreuen sich bei Tierhaltern als Alternative zur konventionellen Veterinärmedizin immer größerer Beliebtheit. Nadine Gelhaus, Tierheilpraktikerin aus Herne, bestätigt diesen Trend: „Die Menschen nehmen pflanzliche Mittel für sich in Anspruch. Warum also nicht auch für ihr Haustier?“ In ihrer Praxis bietet die 32-Jährige Naturheilverfahren wie Homöopathie, Bachblüten-Extrakte, Massagetechniken und Magnetfeldbehandlungen für Haustiere an. „Wir behandeln das Tier nicht nur symptomatisch, sondern ganzheitlich mit Körper, Geist und Seele.“ Für ein langes Leben der Vierbeiner rät sie vor allem zu gesunder Ernährung und viel Bewegung. Fettarmes Popcorn und selbstreinigende Katzenklos
Vor 20 Jahren wurden Hunde, die auf Grund eines Unfalls oder einer schweren Verletzung nur noch auf drei Beinen durchs Leben humpelten, eingeschläfert. Heute gelten sie als Hunde mit „Handicap“ und humpeln mit einer Prothese zum Fressnapf. In den USA erhalten Katzen schon seit einigen Jahren Dialysen oder Nierentransplantationen. Deshalb reisen deutsche Tierhalter ihren Samtpfoten zuliebe zu teuren OPs in die USA, da sie hierzulande bisher nicht durchgeführt werden. In den Ferien spannen gestresste Hundesenioren im „Pfötchenhotel“ aus, naschen fettarmes Popcorn, hypoallergene Spaghetti oder glutenfreie Kekse aus biologischem Anbau. In ihrer Freizeit trainieren sie mit einer Flying Disc, einer speziellen Frisbee-Scheibe für Hunde, ihre Fitness. Oder sie kauen einen Baumwollknochen mit vollverdaulicher Geräuschrassel. Selbstreinigende Katzenklos mit Luftreiniger sorgen ab 70 Euro für frische Luft. Ralf Tommek interessiert sich für solchen „Schnickschnack“ nicht. Er liebt die Tiere einfach so wie sie sind. Einen alten Hund wie Berry würde er immer wieder in seinem Zuhause aufnehmen. „Am liebsten aus dem Tierheim“, sagt der 52-Jährige, „damit der auch noch was von seinem Lebensabend hat.“
23 MILLIONEN HAUSFREUNDE In Deutschland leben zurzeit etwa 23 Millionen Haustiere, so Detlev Nolte vom Industrieverband Heimtierbedarf. Davon sind acht Millionen Katzen, 5,5 Millionen Hunde und gut sechs Millionen Kleintiere. In ihre Haustiere investieren die Deutschen jedes Jahr vier Milliarden Euro. Der Umsatz mit industriell gefertigtem Tierfutter lag 2007 in Deutschland bei 2,5 Milliarden Euro. Nadine Gelhaus, Tierheilpraktikerin aus Herne
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ID55 FIT BLEIBEN
Spaß beim Sport für die Wissenschaft: Gisela Bachgardt stärkt den Rücken an der Kabelzug-Maschine
Runter von der Couch Bewegung für die Wissenschaft: Wie der Dortmunder Alternsforscher Prof. Dr. Michael Falkenstein Menschen in der dritten Lebensphase in Schwung halten will. Text Dr. Nils Rimkus Fotos Bettina Engel-Albustin Sie zieht die Last, lässt sie ab, zieht die Last, lässt ab. Gleichmäßig. Konzentriert. „Immer ausatmen, wenn’s leicht wird, und einatmen, wird’s schwer“, erklärt Gisela Bachgardt mit leicht gerötetem Gesicht. Nach 15 metallisch klackenden Wiederholungen überlässt sie einem anderen die Kabelzug-Maschine. „Wer richtig atmet, bekommt keinen Muskelkater!“ Lebhaft sagt sie das, froh über das neue Wissen. „Wir lernen hier ungeheuer viel. Wie die Muskeln richtig zusammenspielen. Und über die Geräte: Anfangs habe ich mich falsch herum ans Butterflygerät gesetzt und dachte, es sei kaputt!“ Die 67-Jährige lacht, lockert sich und greift zum Latissimus-Zug. Training auf Institutskosten 19 Frauen und Männer zwischen 65 und 84 Jahren trainieren an diesem Freitagmorgen im Dortmunder Sportstudio „Workout Fitness“ – auf Kosten der Wissenschaft. Denn das viermonatige Training gehört zur groß angelegten Untersuchung „3 Trainings“ (siehe Infokasten). Mit ihr ergründen die Wissenschaftler vom „IfADo“, dem Leibniz-Institut für Arbeitsforschung an der TU Dortmund, inwieweit Training
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die geistigen Fähigkeiten Älterer beeinflusst. „Unsere Testpersonen sind sehr zuverlässig und ehrgeizig. Manchmal zu ehrgeizig – halt, stopp!“ Trainerin Eva-Maria Biro springt zu einer älteren Dame, die an einer 25-Kilo-Scheibe zerrt, und hilft ihr, das Gewicht von der Beinpresse zu wuchten. Eva-Maria Biro unterstützt ihren Bruder Stephan, Inhaber des Studios und ehemaliger Deutscher „Body Fitness“-Meister, bei der Gruppenbetreuung.
chung klingt hier an. Die Ergebnisse werden klären, welche Maßnahmen die geistige Fitness der Älteren erhalten oder sogar fördern, damit sie ihren Alltag so lang wie möglich bewältigen können. Der Schlüssel zu effizienteren Konzepten
Der renommierte Alternsforscher Michael Falkenstein leitet die IfADo-Pro-
„Sehr motiviert, sehr neugierig, sehr wissensdurstig“ Ortswechsel. Im Instituts-
büro, freundlich bedrängt von vollen Regalen und Bücherstapeln, dem ausladenden Schreibtisch mit PC, zwei ungleichen Bürostühlen und einer Garnitur aus Ledersessel und Mini-Tisch, die den Weg zur Garderobenstange verstellen, sitzt Prof. Dr. med. Michael Falkenstein und wirkt sehr zufrieden. „Das Projekt ‚3 Trainings’ läuft hervorragend. Unsere älteren Testpersonen sind überdurchschnittlich. Sehr motiviert, sehr neugierig und sehr wissensdurstig. Aber vielleicht können wir sie ja noch fitter machen.“ Der allgemeine Nutzen der Untersu-
Prof. Dr. Michael Falkenstein bringt Bewegung in die Alternsforschung
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jektgruppe „Altern und ZNS-Veränderungen“ und führt, assistiert von Dr. Patrick Gajewski und Brita Rietdorf, die „3 Trainings“ durch. Zunächst rührten sie die Werbetrommel, bis 144 geeignete Testpersonen gefunden waren. Dann begannen am 28. Oktober 2008 die aufwändigen Untersuchungen. Jede Testperson wurde fast einen Tag lang durchgecheckt: mit EEG-kontrollierten Tests zu Schnelligkeit, Reaktions- und Merkfähigkeit, einem Sportcheck sowie neurologischen Untersuchungen zum Gedächtnis. Ende April 2009 hatten die ersten Gruppen ihr viermonatiges Training beendet, die Nach-Untersuchungen begannen. Brita Rietdorf: „So finden wir heraus, ob Sport, Gehirnjogging oder Entspannungstraining bewirken, dass ältere Menschen schneller, flexibler und besser denken und auch besser behalten können.“ Sie ist sich sicher, dass die Trainings wirken. Aber was am meisten bringt – das ist der Schlüssel zur Weisheit effizienterer Trainingskonzepte. „Was haben wir schon gelacht“ „Können Sie mir helfen, das Laufband wieder langsamer zu stellen?“ Eva-Maria Biro lächelt und braucht drei Handgriffe. Doch, sie ist beeindruckt. „Einige Teilnehmer haben vorher nie wirklich Sport
getrieben. Es ist interessant zu sehen, wie eifrig sie sind und wie viel Spaß sie haben. Okay, manchmal ist das wie ein Kindergarten – was haben wir schon gelacht!“ Gisela Bachgardt schlendert vorbei, auf dem Weg zur Getränkepause in der Studiobar. Sie setzt sich auf einen Eckplatz neben Marie-Luise Wesolowski und bestellt eine Apfelschorle. Schulter-Probleme wegtrainiert „Ich hab von dem Training in der Zeitung gelesen und dachte: Ich muss runter von der Couch. Ich habe Bekannte, die sitzen nur rum und jammern.“ Marie-Luise nickt, Gisela fährt fort: „Die ersten drei, vier Mal hier im Studio waren schwer. Aber dann wurd’s toll. Ein Supertraining. Stephan achtet sehr auf uns, auf die richtige Körperhaltung.“ Marie-Luise ergänzt: „Viele von uns haben Vorschädigungen an Knien, Hüften, Schultern. Da kommt es auf die richtige Haltung an, selbst beim Hantel-Training.“ Jetzt nickt Gisela zustimmend. Sie schaut auf und hebt die Brauen: „Ich hatte im Spätsommer schon den Einlieferungsschein in der Hand. Im Krankenhaus sollte ich an der Schulter operiert werden. Aber dank des Trainings ist das nicht mehr nötig – mir konnte nix Besseres passieren! Ich werde auf jeden Fall weitermachen.“
„3 TRAININGS“ – DAS UNTERSUCHUNGSDESIGN Die wissenschaftliche Untersuchung „3 Trainings“ dauert 18 Monate. 144 Testpersonen über 65 Jahre wurden per Zufallsprinzip auf vier Gruppen verteilt. Begleitet von drei hauptberuflichen Übungsleitern, die Erfahrung in der Arbeit mit Älteren haben, trainieren drei Gruppen, während eine „passive“ Gruppe als Kontrolleinheit dient – ihre Mitglieder trainieren nicht, sondern verbringen ihren gewohnten Alltag. Der Vergleich der Untersuchungsergebnisse zeigt, ob und in welchem Umfang sich die „aktiven“ Gruppenmitglieder verbessern konnten. Alle Trainings dauern 90 Minuten, zweimal die Woche, vier Monate lang. Eine Trainingsgruppe macht Entspannungsübungen an der VHS Dortmund, Hansastraße. Die zweite Gruppe bringt im Wilhelm-Hansmann-Haus (WHH), Märkische Straße, ihre grauen Zellen mittels Gehirnjogging am PC auf Trab. Die dritte Gruppe absolviert ein Sport- und Fitnesstraining im Sportstudio. Runter von der Couch – raus in den Park
Auch schweres Gerät im Griff: Anni Gerbig am Butterflygerät
Übungen am Kabelzug: Bringt Haltung bei, schont die Gelenke, baut behutsam Muskulatur auf
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2. KARRIERE ID55
Einzelelemente einer Armbanduhr
Mit Know-how und einem glücklichen Händchen machte sich Ulrich Schlüter mit 53 Jahren selbständig
Aussterbender Beruf hat Zukunft Wie es Ulrich Schlüter gelang, sich mit 53 als Uhrmacher selbständig zu machen Gründer 50plus: Nach 23 Jahren als Werkstattleiter eines großen Juweliergeschäfts hatte Uhrmacher Ulrich Schlüter gedacht, dort eine Stelle bis zur Rente sicher zu haben. Doch es sollte anders kommen. Text Stefan Schütter
Der 56-jährige Handwerker klemmt sich eine grüne Lupe ins rechte Auge und beugt sich konzentriert über den Arbeitstisch. Vor ihm steht eine kleine Stapelkiste mit den gereinigten Einzelteilen einer Armbanduhr, daneben ein Mikroskop. Mit Pinzette und ruhiger Hand setzt er all die Rädchen und Federn, sowie Anker, Zeiger und Ziffernwerk genauso akkurat wieder zusammen, wie er jeden Morgen seinen markanten Kaiser-Wilhelm-Bart in Form bringt.
Schon ein Jahr bevor sein langjähriger Arbeitgeber Insolvenz anmeldete, beschlich Ulrich Schlüter ein ungutes Gefühl. Er wechselte vorsorglich die Stelle, nur vier Jahre später – im Jahre 2005 – erhielt er dort die Kündigung. Mit 53 Jahren bewarb er sich in den nächsten Monaten im gesamten Bundesgebiet, ohne Erfolg. So reifte mit jeder Enttäuschung der Entschluss heran, den Schritt in die Selbständigkeit zu wagen. Es war mühsam, das Arbeitsamt von seinen Plänen zu überzeugen, erinnert sich der spät berufene Unternehmer. Und weder dort, noch bei der Sparkasse oder der Wirtschaftsförderung habe er konkrete Ratschläge erhalten, was genau zu tun sei. Letztendlich half ihm dann ein Steuerbüro bei der Erstellung eines Businessplans. Ulrich Schlüter: „Ich bin ein Sturkopf, darum habe ich mich da durchgekämpft.“
Fotos Michael Grosler
Schneller Erfolg
In den ersten vier Monaten zahlte das Arbeitsamt 60 Prozent des letzten Nettolohns als Unterstützung. Und bereits nach sechs Monaten trug sich das Geschäft selbst. „Im Nachhinein ärgere ich mich, den Schritt in die Selbständigkeit nicht schon zehn Jahre früher gewagt zu haben. Mein Steuerbüro ist inzwischen sehr zufrieden mit mir“, freut sich der heute 56-Jährige. Der Erfolg fordere natürlich Tribut: Die wöchentliche Arbeitszeit betrage zwar mindestens 60 Stunden, aber dafür sei er jetzt sein eigener Chef und verdiene auch besser als früher. Schlüter hat inzwischen den Wunsch, einen geeigneten Auszubildenden zu finden, damit sein langjähriges Wissen nicht verloren geht. Vielleicht melde sich ja mal ein technisch Interessierter, schließlich habe der Beruf noch Zukunft. Uhrmacher seien schon heute schwer zu finden, der Bedarf sei aber nach wie vor groß. „Meine effektivste Werbung ist deshalb der einfache Eintrag im Branchenbuch.“ Der Uhrmacher kooperiert mit einem Juweliergeschäft. In seinem Verkaufsraum am Rand des Bochumer Bermuda-Dreiecks hat Schlüter nur beratende Funktion. Sein eigentliches Metier ist die Werkstatt, wo er mittlerweile für etwa 20 Juweliere
Die Zeitwaage hilft Schlüter beim Regulieren des Uhrwerks
und andere gewerbliche Firmen komplizierte Reparaturen durchführt. Keine Frage des Alters
Schlüter möchte bis 67 arbeiten, schließlich habe er eine berufstätige, junge Frau und wolle nicht allein zu Hause herumsitzen: „Man muss diszipliniert leben, um seine Feinmotorik zu erhalten. Ich kenne Meister, die noch mit 70 an Uhren herumgewerkelt haben. Solange die Hände ruhig bleiben, wird geschraubt. Aber wenn ich in Rente gehe, fasse ich keine Uhr mehr an, irgendwann muss Schluss sein.“ 19
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Mein Sieg über die Endlichkeit Ich weiß jetzt, wo es langgeht. Ein Interview zum 50. Geburtstag des Komponisten Stefan Heucke Text Susanne Schübel Foto Christoph Fein | Stefan Kuhn
Ausgebucht? Das hört man nicht oft bei einem Komponisten klassischer moderner Musik. Ich bin mit wunderbaren Aufträgen ausgebucht bis mindestens 2012, habe aber darüber hinaus Ideen, die reichen für die nächsten 40 Jahre. Ich will nicht unbedingt sagen, das Beste kommt noch. Das würde das, was bis jetzt war, abwerten. Aber es kommt noch ganz viel Gutes auf mich zu.
Feierte 2009 seinen 50. Geburtstag – der Komponist Stefan Heucke aus Bochum
Herr Heucke, Sie sind in diesem Jahr 50 geworden – was bedeutet das für Sie? Älter zu werden ist ein Fortschritt und mein Sieg über die Endlichkeit. In jungen Jahren wurde ich lebensbedrohlich krank und dachte, dass ich vielleicht nur 30 würde. Dann wurde ich 40 und jetzt 50 – großartig! 50 Jahre sind kein Bruch, sondern eine Stufe im Leben, eine Station in Richtung Reife, Vervollkommnung, Vollendung. Ich bin im Reinen mit dem, wie es bisher war. Wäre ich noch einmal 20, würde ich es genauso machen. Und ich habe das deutliche Gefühl, dass ich noch eine Menge Fortsetzung von dem, was ich angelegt habe, vor mir habe. Das lässt mich heiter und gelassen sein. Von welchen Erfahrungen in Ihrem Leben haben Sie besonders profitiert? Von der Zusammenarbeit mit Frau Prof. Renate Werner, meiner Stuttgarter Lehrerin an der Musikhochschule, und von dem bewussten Musikhören mit meinem Vater. Beides war für meine musikalische Entwicklung wichtig. Durch die Tatsache, dass ich mit 25 Jahren dem Tod ausgesetzt war, habe ich gelernt, dass jeder Tag des Lebens so sein muss, dass, wenn es der letzte wäre, ich sagen könnte: Mein Leben war gut.
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Wie ist Ihnen das gelungen? Ich überlege mir sehr genau, ob ich eine Sache wirklich machen will. Und wenn ich sie nicht will, dann versuche ich, sie bleiben zu lassen. Ich versuche, mein soziales Gewissen zu bewahren und meinen Freundeskreis zu pflegen. Ich maile, ich telefoniere, ich treffe Leute. Ich organisiere immer wieder mal ein großes Fest, wo ich alle Lieben um mich versammle. Wenn ich in Stuttgart, meiner alten Heimat, bin, besuche ich die Freunde, die ich dort noch habe. Ich habe ein sehr reges soziales Leben. Welche Chancen bietet der dritte Lebensabschnitt? Mit 50 stehe ich genau da, wo ich stehen wollte. Das ist ein wunderbares Gefühl. Ich lebe seit 25 Jahren in einer guten Beziehung. Ich habe beruflich im Wesentlichen das geschafft, was ich wollte. Okay, es könnte noch ein Konzert in der Carnegie Hall mit Anne Sophie Mutter kommen – man muss ja auch von etwas träumen. (lacht) Zu wissen, solange mein Kopf und Körper mitmachen, wird es mir nie langweilig werden, das ist beglückend. Und für die nächsten Jahre bin ich mit Aufträgen ausgebucht.
Welche Hoffnungen und Wünsche haben Sie für den dritten Lebensabschnitt? Ich hoffe, dass ich mit meinem Partner alt werden darf und keiner von uns geistig total abbaut wie meine Mutter, die fünf Jahre an Alzheimer erkrankt war. Mein Partner ist acht Jahre älter als ich und geht im Herbst 2009 in den Ruhestand. Ich wünsche mir, dass das keine Konflikte gibt, weil er denkt, wir müssen jetzt die ganze Zeit Freizeit machen, während ich noch viel arbeiten will. Gleichzeitig freue ich mich auf diese neue Phase. Wenn er mehr Zeit hat, kann er mir auch etwas an Arbeit abnehmen. Was ist Ihnen heute das Allerwichtigste? Meine Musik, das Komponieren. Sofort danach kommen die Menschen um mich herum. Ohne die, die mir nahestehen, wollte ich nicht leben, aber im äußersten Notfall könnte ich es wohl. Ohne das Komponieren jedoch wäre ich verloren. Was ist der Sinn Ihres Lebens? Menschen, die künstlerisch arbeiten, suchen Antworten auf wichtige Fragen der menschlichen Existenz. Auch ich habe noch nicht alles gesagt, was zu sagen ist. Eine wichtige Sache blieb bisher unerledigt – die Beschäftigung mit heiteren Dingen. In meinem ganzen Werkverzeichnis gibt es kaum etwas Fröhliches, Heiteres, Unbeschwertes oder Leichtes. Alles ist schwer und ernst und düster. Anders als im Leben habe ich in der Kunst immer diese Seite ausgelebt. Eines der ganz großen Projekte, die ich in den
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nächsten Jahren verwirklichen werde, ist eine Operntrilogie nach Thomas Manns Roman „Josef und seine Brüder“. Eine Oper an drei Abenden. Das soll eine Menschheitskomödie werden, so wie Thomas Mann es selber gewollt hat. Wie sind Sie in den Jahren sich selbst gegenüber geworden – strenger oder milder? In meiner Arbeit bin ich noch strenger geworden, wahnsinnig gewissenhaft und sehr, sehr genau. Anderen Menschen gegenüber bin ich milder geworden. Früher fand ich alles, was meine Kollegen machen, schlecht. Das hat sich verändert. Inzwischen habe ich zu 90 Prozent Respekt vor dem, was sie machen, und finde es gut. Gab es einen Punkt, an dem Sie sich alt gefühlt haben? Alt gefühlt habe ich mich noch nie, aber endlich. Wenn liebe Menschen sterben, wird klar, dass das Leben nicht immer so weitergeht. Solche Erfahrungen lassen wertvoller erscheinen, was man hat und was noch kommt. Kann man im Alter noch lernen? Selbstverständlich – so wie mein Vater oder meine Schwiegermutter. Ich möchte mein Italienisch verbessern und vielleicht sogar Spanisch lernen. Sportlich werde ich nichts Neues mehr anfangen, sondern das, was ich kann, verfeinern, verbessern, weiterentwickeln.
Entspannt in die Zukunft: Heucke fühlt sich mit 50 so wohl wie nie
Biografie Stefan Heucke (*1959) erhielt seine musikalische Ausbildung von 1978 - 1986 an den Musikhochschulen Stuttgart und Dortmund bei den Professoren Renate Werner und Arnulf von Arnim, Klavier, und Gerhart Schäfer, Komposition. Erste öffentliche Aufmerksamkeit erregte Heucke 1985 mit der Uraufführung seiner Vier Orchesterstücke op. 5 mit dem Saarländischen Staatsorchester unter der Leitung von Matthias Kuntzsch. Es folgten zahlreiche Aufführungen und Rundfunkproduktionen mit namhaften Solisten und Orchestern im In- und Ausland. 1990 erhielt Heucke den Förderpreis der Stadt Dortmund für junge Künstler, 2002 gewann er den 1. Preis beim Kompositionswettbewerb der Ruhr-Orchester "Wind-
rose". Im September 2006 wurde sein zweites, weltweit beachtetes Musiktheaterwerk „Das Frauenorchester von Auschwitz“ im Theater Krefeld/Mönchengladbach uraufgeführt. Im Jahr 2007 wurde er vom Landschaftsverband Westfalen-Lippe mit dem Hans-Werner-Henze-Preis ausgezeichnet. Weitere Höhepunkte sind die Konzertreihe „222“ des Pianisten Rainer Maria Klaas als Hommage an Hans Werner Henze und Stefan Heucke im Rahmen der Kulturhauptstadt Ruhr 2010 sowie die Uraufführung des Oratoriums „Nikolaus Groß“ für das Erzbistum Essen im Oktober 2011. Heucke lebt seit 1996 in Bochum. Mehr Informationen www.heucke-stefan.de
Mit welchem Gefühl blicken Sie auf die Phase, die vor Ihnen liegt? Ich habe keine Angst davor. Ich habe auch nie den Gedanken: Wenn ich noch mal 20 wäre, würde ich alles anders machen. Ich würde alles im Leben genauso machen, wie ich es gemacht habe. Ich hege die Erwartung, es kommt noch etwas Gutes auf mich zu, das ist ein heiteres und gelassenes Gefühl. Was sollen Ihre Kollegen oder Freunde nach Ihrem Tode über Sie sagen? Sie sollen mich in Erinnerung behalten als einen Menschen, der von seinem Glück etwas abgegeben hat. Ich habe bis jetzt sehr gut gelebt. Es gab Höhepunkte und Tiefschläge, doch das Schlechte hat mich nicht umgeworfen, sondern mir dabei geholfen weiterzukommen. Dadurch strahle ich Zufriedenheit und Lebensglück aus. Sind Sie heute glücklicher als früher? Ja. Ich weiß jetzt, wo es langgeht. Stefan Heucke, wir danken Ihnen für das Gespräch.
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ID 55 WOHNEN
Interview Jens Südmeier
Fotos Bettina Engel-Albustin | Michael Grosler
WOHN(T)RÄUME IN EIGENREGIE Vom Grundriss bis zur Hausordnung: Der Wohnungsverein Herne lässt den zukünftigen Bewohnern von Hernes erster Mehrgenerationen-Wohnanlage bei der Planung und Verwaltung freie Hand von Konflikten und Streitigkeiten. In der Gemeinschaft soll der Genossenschaftsgedanke voll ausgelebt werden – denn Genossenschaft meint, dass die Mieter die Eigentümer der Anlage sind. Im Grunde ist das Modell vergleichbar mit einer Hausgemeinschaft aus Wohnungseigentümern, in der auch jeder Mitspracherecht hat und Gemeinschaftsentscheidungen basisdemokratisch gefällt werden. Sie geben als Wohnungsunternehmen sehr viel Verantwortung ab. Ist das nicht auch ein großes Risiko? Spatenstich für gelebte Nachbarschaft: Jürgen Köhne, Karl-Heinz Abraham und Peter Pochodzala
s rumpelt und rattert. Kräne hieven neues Baumaterial nach oben. „Etwas mehr nach rechts“, ruft ein Bauarbeiter. An der Straße des Bohrhammers in Herne herrscht geschäftiges Treiben. Stein für Stein wächst dort die erste Mehrgenerationen-Wohnanlage der Stadt in die Höhe. Bauherr ist der Wohnungsverein Herne – doch die Planung des Gebäudes übernahmen die zukünftigen Bewohner selbst. Vom Grundriss bis zur Hausordnung sollen die Mitglieder des Vereins „Wohnen in Gemeinschaft“ (WiG) das Gebäude auch in Zukunft in Eigenregie verwalten. Im ID55-Interview verrät Karl-Heinz Abraham, Vorstandsmitglied des Herner Wohnungsvereins, warum die Genossenschaft als NRW-weit erstes Wohnungsunternehmen die Verantwortung für ein Mietshaus an die Bewohner überträgt.
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Herr Abraham, warum haben Sie sich dazu entschieden, den WiG-Mitgliedern die Planung und Verwaltung des Gebäudes zu überlassen?
Die ersten Ideen für das Mehrgenerationen-Wohnprojekt entstanden bereits Ende 2005. Im Frühjahr 2006 gründete
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sich schließlich der Verein – und seit dieser Zeit sind wir miteinander in engem Kontakt. Die Vereinsmitglieder haben sehr intensiv an den Plänen für ihr zukünftiges Zuhause gefeilt. Im Laufe der Monate haben sie viele sehr gute Vorschläge eingebracht und in Zusammenarbeit mit dem Herner Architekten Jürgen Köhne entstanden so der Grundriss und das Modell der Wohnanlage. Dies hat trotz vieler unterschiedlicher Meinungen sehr gut funktioniert. Deshalb haben wir uns dazu entschieden, uns auch später, wenn das Gebäude fertig ist, im Hintergrund zu halten und den Bewohnern die Verantwortung zu übertragen. Was bedeutet das konkret?
Wir übernehmen lediglich die Abrechnung der Mieten und Nebenkosten und stehen WiG beratend zur Seite. Alle anderen Fragen und Probleme sollen die Mitglieder in Eigenregie beraten und klären. Das geht von der Organisation der Reinigung und die Belegung der einzelnen Wohnungen über die Zusammenstellung der Hausordnung und die Gestaltung des Gartens bis hin zur Lösung
Nein. Sollten alle Stricke reißen, hat der Wohnungsverein als letzte Instanz die Entscheidungsgewalt. Ich bin mir aber sehr sicher, dass das Experiment gelingen wird. Denn der Verein ist sehr gut aufgestellt. Wir erhoffen uns durch die Mehrgenerationenwohnanlage auf Dauer zufriedene Mieteigentümer – denn genau das macht eine Genossenschaft aus. Warum wurde dieses Experiment, Bewohnern die Verwaltung ihres Hauses in Eigenregie zu überlassen, nicht schon eher gestartet?
Weil es nur unter ganz bestimmten Voraussetzungen überhaupt gelingen kann. So muss sich die Gemeinschaft schon vor dem Bau der Anlage zusammenfinden. Demnach lässt sich das Modell beispielsweise nicht auf bereits bestehende Hausgemeinschaften und Siedlungen übertragen, sondern funktioniert nur bei Neubauprojekten. Eine weitere wichtige Voraussetzung ist, dass sich die Bewohner als Verein oder in einer anderen Form organisieren und dann auch als Gemeinschaft agieren. Dieser Gemeinschaftsgedanke ist ganz klar ein Trend unserer Zeit. Viele suchen Harmonie und Geborgenheit im Zusammenschluss, möchten aber auf der anderen Seite ihre Individualität beibehalten und sich in ihr
WOHNEN ID55
Karl-Heinz Abraham, Wohnungsverein Herne
„Schneckenhaus“ zurückziehen können. Und genau diese beiden Bedürfnisse – Gemeinschaft mit der Möglichkeit zur individuellen Entfaltung – vereint das Mehrgenerationenwohnprojekt. In vielen Städten entstehen immer mehr Wohnanlagen, die alle Generationen unter einem Dach vereinen. Ist die Zusammenarbeit zwischen WiG und Wohnungsverein Vorbild für andere?
In der Tat gründet sich in Deutschland nahezu jeden Tag ein neuer Verein, der irgendwo ein Mehrgenerationenwohnprojekt verwirklichen möchte – oftmals in Kooperation mit einem Wohnungsunternehmen. Neu an unserem Vorgehen ist, dass wir die Verantwortung komplett auf die Bewohner übertragen. In diesem Bereich leistet der Wohnungsverein Pionierarbeit. Wir haben auch schon Besucher aus Duisburg und Siegen empfangen, die sich das Wohnprojekt angeschaut haben und überlegen, ihre Ideen in ähnlicher Weise zu realisieren. Wenn die Voraussetzungen stimmen – warum nicht? 33 WOHNUNGEN UND EIN GROSSER GARTEN Mit Hernes erstem Mehrgenerationenwohnprojekt entsteht gleichzeitig das erste MehrfamilienPassivhaus der Stadt, das nahezu ohne Energiezufuhr beheizt wird und durch Solarkollektoren Strom erzeugt. Insgesamt bieten 33 Wohnungen Platz für Singles, Paare und Familien. Mit rund 7,50 Euro pro Quadratmeter liegen die Preise für die 50 bis 90 Quadratmeter großen Wohnungen zwar deutlich über dem Herner Mietspiegel. Jedoch relativiert sich der Wert durch sehr geringe Nebenkosten. An die Wohnanlage grenzt eine rund 4.000 Quadratmeter große Freifläche, die ebenfalls von den WiG-Mitgliedern gestaltet und verwaltet wird. Geplant sind ein großer Spielbereich im Innenhof sowie ein Nutz- und Ziergarten. Im Frühjahr 2010 werden die ersten Bewohner in das neue Gebäude einziehen können.
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ID55 WOHNEN
Eine Anlage mit Dorfcharakter: das Modell für das Mehr-Generationen-Wohnprojekt in Röhlinghausen
Das Dorf im Dorf „RUND“ steht für Röhlinghausen Unterstützt Nachbarn unter einem Dach – und beschreibt ein Herner Mehrgenerationen-Wohnprojekt, das etwas anders ist als andere. Text Dr. Nils Rimkus
Wohnprojekte, die mehrere Generationen unter einem Dach zusammenführen, gibt es in Deutschland immer häufiger. Aber wie viele von ihnen fördern ein aktives Miteinander? „Genau diese Frage beschäftigte uns, als wir uns überlegten, was mit dem Grundstück am Stratmanns Weg geschehen soll“, führt Meinolf Nowak aus. Der Herner Stadtrat ist Aufsichtsratsvorsitzender des städtischen Wohnungsunternehmens „Herner Gesellschaft für Wohnungsbau mbH“ (HGW). Vor fünf Jahren gammelten auf dem Gelände im Herner Stadtteil Röhlinghausen marode Häuser vor sich hin. Als die abgerissen waren, häuften sich die Anfragen von Bauunternehmen, die ein Auge auf den attraktiven Baugrund geworfen hatten. Anlage mit Dorfcharakter
In Herne, das statistisch betrachtet schneller altert als Land und Bund, hat sich der Bedarf an seniorengerechten Wohnungen seit 2001 verdoppelt. Diese Entwicklung im Hinterkopf, war den Verantwortlichen der HGW schnell klar, dass ein Park hochpreisiger Eigenheime fremder Anbieter für den Stratmanns Weg nicht die Lösung war – sondern städtisches Mehr-Generationen-Wohnen. „Aber auch da wollten wir etwas Besonderes. Die Anlage sollte nämlich einen echten Dorfcharakter bekommen. Und das nicht nur baulich“, sagt HGW-Geschäftsführer Hans-Ulrich Schuh. Nach einem intensiven Studium der intergenerativen Wohnbeispiele, die in Deutschland bereits realisiert sind, kristallisierten sich die inhaltlichen Bedingungen für RUND heraus.
Fotos | Grafiken Wolfgang Quickels | Weyers Architekten
des RUND-Projekts betrifft die Älteren. Nowak: „Sie werden im Projekt wohnen bleiben können bis zu ihrem Lebensende.“ Dank der Pflegedienste des Deutschen Roten Kreuzes (DRK), dessen Altenhilfezentrum „Königsgruber Park“ in unmittelbarer Nähe liegt. Standortvorteil Röhlinghausen
Aber nicht nur deshalb wurde das DRK ins Boot geholt. Es ist auch eine mit dem Stadtteil Röhlinghausen gewachsene soziale Institution. „Wir sind seit mittlerweile 17 Jahren hier. Das war früher ein Schmuddelstadtteil. Aber er hat sich in den letzten 20 Jahren ganz toll entwickelt“, sagt Magdalena Sonnenschein, die DRK-Kreisgeschäftsführerin Wanne-Eickel. „Die Sorte Mensch hier ist einfach großartig. Die haben uns vom ersten Spatenstich an begleitet, damals, als wir da mit der Gulaschkanone standen. Heute treffen sich in unserem Stadtteilcafé Alt und Jung von Röhlinghausen. Hier nehmen die Menschen einfach teil an allem, was neu entsteht!“ Und genau deshalb, sind sich Magdalena Sonnenschein, Hans-Ulrich Schuh und Meinolf Nowak einig, wird das MehrgenerationenProjekt ein Erfolg: Weil es mit seinen hohen Ansprüchen an ein soziales Miteinander der Generationen nur fortentwickelt und verfeinert, was in Röhlinghausen schon ein gutes Stück weit existiert.
Einzigartig aus zwei Gründen
Im Kern sind es zwei Dinge, die RUND außergewöhnlich machen. „Wer dort einzieht, verpflichtet sich, nach seinen Möglichkeiten bestimmte Leistungen zu erbringen“, erläutert Meinolf Nowak. Heißt beispielsweise: Der Ältere liest den Kindern der Familie nebenan vor oder hilft bei den Hausaufgaben. Als Gegenleistung erledigen die Jüngeren Einkäufe oder begleiten die Älteren bei Gängen zum Arzt oder zu Behörden. Diese Leistungen werden „verrechnet“ nach einem Bonuspunkte-Modell, das sich bei Tauschringen bewährt hat. Die zweite Neuerung
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Sechs Wohnkörper gruppieren sich um den „Dorfplatz“
WOHNEN ID55
Die richtige Mischung – und die richtigen Leute
Aus diesem Grund ist es auch wahrscheinlich, dass ein großes Problem vieler anderer Wohnprojekte hier nicht auftauchen wird: Das spärliche Interesse der unter 45-Jährigen. „Wir haben schon sehr viele Anfragen aus dem direkten Wohnumfeld des Projekts, gerade aus dieser Altersgruppe“, sagt Hans-Ulrich Schuh. „Eine gute Altersdurchmischung dürfte kein Problem sein.“ Ein Projektrat, gebildet aus Vertretern der Bewohner und der Förderer, wird dafür Sorge tragen, nicht nur die richtige Mischung aus Jung und Alt zu finden, sondern auch die richtigen Leute ins Projekt zu holen. Die werden auch deshalb leichter zu finden sein, weil RUND ein Miet-Wohnprojekt ist: Die Verpflichtungen sind nicht so belastend wie bei Projekten, die auf Eigentum setzen. Langer Atem vonnöten
Den Verantwortlichen ist klar, dass ein Dorf und seine intergenerative, gewachsene Gemeinschaft nicht „konstruierbar“ sind – selbst in Röhlinghausen nicht. Magdalena Sonnenschein: „Die Strukturen, die wir haben wollen, werden sich ergeben – wenn man Atem hat, der lang genug ist, und die Koordination des sozialen Bereichs dauerhaft übernimmt.“ Eine wichtige Aufgabe fällt deshalb einem Quartiers-Manager zu, der sich hauptberuflich um RUND kümmern wird und die gemeinschaftlichen Abläufe fachlich und organisatorisch koordiniert. Ob das Konzept der HGW aufgeht? Die Bauanträge sind gestellt, im Juni 2009 haben die Arbeiten begonnen, im September 2010 werden die ersten Bewohner einziehen. Spätestens dann kann am lebenden Objekt beobachtet werden, ob das Dorf RUND mit dem Dorf Röhlinghausen verwächst. MEHRGENERATIONEN-WOHNEN IM PROJEKT RUND Die Bauplanung des Projekts RUND nach den inhaltlichen Vorgaben der HGW liegt beim Herner Architekturbüro Weyers. RUND liegt im Stratmanns Weg in Herne-Röhlinghausen: Leicht erreichbar sind Stadtteil-Zentrum, Volkshaus, Tierheim, Reiterhof, Kindertagesstätte, Spielplatz und Volkspark. Es umfasst 41 Wohneinheiten für ca. 100 Personen. Die Wohneinheiten sind auf sechs Wohnkörper verteilt, die sich um einen „Dorfplatz“ gruppieren: 22 Einheiten für Senioren, elf Einheiten für Alleinerziehende oder Familien sowie acht Einfamilienhäuser als Doppelhäuser. Eine Wohneinheit dient als Mehrgenerationen-Projektraum. Alle Wohnungen werden behindertenfreundlich ausgestattet, für Alleinerziehende können individuelle Mietverhältnisse erstellt werden. Die Bauten sind energiesparend nach der Effizienzhaus 55-Norm angelegt, vorgesehen sind CO2-arme Pelletheizungen. Die Mietpreise liegen zwischen 7 und 9 Euro pro Quadratmeter. Kontakt: www.hgw-herne.de
Die Bauplanung liegt beim Herner Architekturbüro Weyers
Im September 2010 sollen die ersten Bewohner einziehen
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ID 55 ANZEIGE
KOMFORT OHNE ECKEN UND KANTEN Ein Leben lang zuhause wohlfühlen mit „aldo – design in funktion“ Dunkle Bodenfliesen, cremefarbene Wände und warmes Licht machen das Bad von Ellen und Friedhelm Wagner zu einer echten Wohlfühl-Oase. Der Clou des Raumes ist die ebenerdige Dusche. Ihre großen Glastüren bieten dem 68-Jährigen in seinem Rollstuhl genug Raum, um hindurchzufahren und nach Herzenslust zu duschen. Modernste Wellness, kombiniert mit Barrierefreiheit – so sehen Bäder für Menschen mit Handicaps aus, wenn das Bochumer Sanitär- und Beratungsunternehmen „aldo – design in funktion“ die Hand im Spiel hat. 33 Jahre lang wohnte das Ehepaar Wagner in der ersten Etage eines Bochumer Mietshauses. Dann verlor der Ehemann – heute 68 – als Folge einer Krankheit ein Bein und sitzt seitdem im Rollstuhl. Ehefrau Ellen (57) arbeitet tagsüber als Augenoptikerin. Die alte Wohnung – ohne Fahrstuhl, Treppenlift und behindertengerechter Gestaltung war sie für Friedhelm Wagner kein gutes Zuhause mehr. Im Juni 2009 zog das Paar in einen ehemaligen Friseursalon, der nach Friedhelm Wagners Bedürfnissen umgebaut wurde. Ein völlig neues Lebensgefühl! Mit der Hilfe von „aldo – design in funktion“ gewann das Paar ein großes Stück Lebensqualität zurück. Die große Dusche mit nach innen und außen klappbaren Türen, schicke Edelstahlgriffe neben dem WC und ein unterfahrbares Waschbecken tragen viel dazu bei. Ein Bewegungsmelder im Flur und eine vom Wasserhahn unabhängige Handdusche zum Haarewaschen machen den Alltag bequemer. „Ich wollte keine Krankenhausoptik mit weißen Flie-
sen, Plastikgriffen und Milchglas. Es ist alles so geworden, wie ich es haben wollte. Was immer die Zukunft auch bringen mag, wir fühlen uns gerüstet“, sagt die Augenoptikerin. „Früher bewohnten wir 100 qm, von denen wir nur die Hälfte wirklich nutzen konnten. Heute haben wir 74 qm und nutzen sie komplett.“ Zu verdanken sei dies durch die gute Beratung bei „aldo“, sagt Ellen Wagner. Nach einer Odyssee durch Sanitärhäuser und Architektenbüros überzeugte aldo-Fachberaterin Sabine Waterkotte die Wagners mit ständiger Dialogbereitschaft, Überblick und Sinn fürs ebenso schöne wie sinnvolle Detail. Von Sabine Waterkottes Know-how und Kreativität ließen sich auch Karola (53) und Jürgen (57) Czaska überzeugen, als sie nach einem neuen Konzept für ihr nur 3,5 Quadratmeter großes Bad suchten. Dass sie in ihrer eigenen Wohnung alt werden wollen, steht für die beiden Bochumer fest, so vieles haben sie seit dem Einzug 1976 verändert und verschönert. Passende Ideen für ihr Mini-Bad jedoch blie-
Wohlfühlen ohne Schranken: Das barrierefreie Badezimmer
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ben Mangelware. Erst bei „aldo“ fühlten sie sich verstanden: Ein vollelektronischer Durchlauferhitzer macht es möglich, dass die Dusche durch einen Hebel, der Wasserhahn durch die beiden Drehelemente bedient werden kann. Ein um fünf Zentimeter erhöhtes WC und ein Haltegriff in der fast vollständig ebenerdigen Dusche sorgen für Sicherheit und mehr Bewegungsfreiheit. Design und Funktion – auch hier verbinden sie sich mit dem Nützlichen und Notwendigen: Wandfliesen in Creme reichen bis zur Decke, das Steinzeug auf dem Boden prangt in Dunkelrot. Eine Borde mit Blumenmuster ziert den Wandvorsprung am Spiegel. Der Clou jedoch ist der verchromte Wasserhahn – er wird umspielt von Bedienelementen, auf denen Swarovski-Steine blinken. Die Czaskas freuen sich täglich über den gelungenen Umbau: „Klein und fein sollte das Bad sein, mit dem wir gut alt werden können. Dank aldo ist das gut gelungen.“ www.aldo-gmbh.de
Wasserhahn mit Swarovski-Drehelementen
Seit 1986 im Ensemble der Zeche Holland Schacht I/II denkmalgeschützt: Die ehemalige Direktorenvilla
Der Faktor Mensch Vom Scheitern und Gelingen intergenerativer Wohnprojekte – ein Besuch bei der WohnBund-Beratung in Bochum Interview Dr. Nils Rimkus Fotos Manfred Vollmer
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rei, vier Jahre hatte die Frauengruppe aus dem Ruhrgebiet an ihrem Wohnprojekt schon gewerkelt. Dann erst besuchte sie die Werkstattseminare der WohnBund-Beratung NRW (WBB), ließ sich von Mustafa Cetinkaya über alle Wohnfragen genau informieren: „Ich habe sofort gemerkt: In der Gruppe stimmt die Harmonie nicht.“ Es dauerte tatsächlich nicht mehr lange, bis das Projekt am Ende war und sich die Mitglieder zerstreuten.
Seit 1990 arbeitet der gelernte Geograf bei der WBB, und seit 1994, als sie sich erstmals mit dem Thema befasste, heißt sein Ressort „Wohnprojekte“. Von den über 100 Projekten, die die WBB seither betreut hat, hat Cetinkaya viele als Berater und Projektentwickler begleitet, organisiert und auf den Weg gebracht, beauftragt von Kommunen, Wohnungsunternehmen und privaten Gruppen. Bei jedem Projekt muss die soziale Organisation, die bauliche Umsetzung und die Finanzierung unter einen Hut gebracht werden. Aber aus diesen drei Bereichen sticht einer hervor. Cetinkaya: „Ob ein Wohnprojekt gelingt oder nicht, hängt seltener von Sachfragen ab. Sondern meistens vom Faktor Mensch.“ Muster des Misslingens
Das Eingangsbeispiel weist Muster des Misslingens auf: Zwar kannten sich die Mitglieder der Gruppe schon lange, aber ihr Zusammenwachsen scheiterte
an grundlegenden Organisationsfragen. Cetinkaya: „Sie konnten wichtige Vereinbarungen nicht treffen, weil sie nie für sich geklärt haben: Wie kommunizieren wir miteinander? Und wie dokumentieren wir diese Kommunikation?“ So hatte die Gruppe nie Protokolle ihrer Sitzungen angefertigt. Jede neue Sitzung glich daher einem wortreichen Auf-derStelle-Treten, weil das Verfallsdatum der letzten Beschlüsse längst abgelaufen war. Der Kitt zerbröckelte unbemerkt über die Jahre. Als sich die Gruppe an Cetinkaya wandte, war sie, unbemerkt von ihren Mitgliedern, schon zerfallen. „Wir können miteinander“
Anders lief es beim Gelsenkirchener Projekt Wohnhaus Zeche Holland eG. Eine Freundesgruppe wollte gemeinsam wohnen und hatte 2001 in der ehemaligen Direktorenvilla der alten Zeche das richtige Objekt gefunden. Aber an der Finanzierung scheiterte das Vorhaben – beinahe. Die Gruppe richtete sich an die WBB, und die tüftelte ein passgenaues Genossenschaftsmodell aus. Erfolg hatte auch die Gütersloher Gruppe „SoVital“. „Die Gemeinschaft gab sich fünf Jahre für die Realisierung und hat das ganz rigide durchgezogen“, erinnert sich Cetinkaya. Die Gütersloher erhöhten ihre Erfolgschancen, weil sie von Beginn an auf die Kompetenz und Moderation eines externen Projektentwicklers setzten. Er half bei der Objektsuche, der Finan-
zierung und beim Ausarbeiten einer sozialen „Verfassung“. Cetinkaya: „All das wurde harmonisch entwickelt. Klar, es gab Auseinandersetzungen, aber harmonisch heißt hier, dass nach jeder Auseinandersetzung immer noch die Perspektive herrschte: Wir können miteinander!“ WOHNBUND-BERATUNG NRW GMBH (WBB) Wie lässt sich das Zusammenleben der Menschen besser gestalten? Dieser Frage widmet sich die WohnBund-Beratung NRW GmbH (WBB) mit Sitz in Bochum, Herner Straße 299. Das ServiceUnternehmen wurde Ende der 1980er Jahre gegründet und ist dem deutschlandweit agierenden Netzwerk Wohnbund e.V. angeschlossen. Zu den Dienstleistungen des WBB gehören u. a. Beratungen von Land, Kommunen, Wohnungsunternehmen und Wohninitiativen im Themenbereich innovativer, alternativer, interkultureller oder intergenerativer Wohnformen. Hierfür richtet die WBB auch Veranstaltungen aus, fertigt Info-Materialien an und erstellt bundesweit Gutachten. www.wohnbund-beratung-nrw.de
Mustafa Cetinkaya
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ID55 AUSWANDERN
Alt werden und aktiv bleiben in der Fremde – ein Besuch bei Frank Müller und Reinhard Jacob aus Unna auf dem Peloponnes. Überwältigende Landschaften, geprägt von schroffen Gebirgszügen, einsamen Stränden und Bauten, die den Eindruck vermitteln, die Zeit sei hier vor Jahren stehen geblieben – das ist die Mani, der „Mittelfinger“ im Süden der griechischen Halbinsel Peloponnes. Hier leben seit zwölf Jahren Frank Müller (57) und Reinhard Jacob (63) aus Unna mit drei weiteren Auswanderern aus dem Ruhrgebiet. Text Thorsten Ostermann Fotos Privat
Aussteigen, um einzusteigen
Dem Fernweh gefolgt: Frank Müller (links) und Reinhard Jacob fanden in Griechenland eine neue Heimat
„Schon während meines Studiums hatte ich Menschen kennen gelernt, die nicht alleine leben und nur ihrer Arbeit nachgehen wollten“, erinnert sich Frank Müller. Ende der 1970er Jahre fand er im Raum Unna Gleichgesinnte in einer Einrichtung, die sich um Kinder und Jugendliche kümmerte, die nicht mehr zuhause leben konnten. Eine Gruppe sozial engagierter Menschen um Reinhard Jacob gründete Kinderhäuser, Beratungsstellen und Werkstätten, um den Heranwachsenden den Weg in ein selbstbestimmtes Leben zu ermöglichen. Selbstversorgung auf Griechisch „Uns war relativ schnell klar, dass unsere Renten nicht sehr hoch ausfallen würden, also suchten wir im Süden Europas einen Ort, an dem wir alt werden wollten. Dass es Griechenland sein sollte, darü-
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ber waren wir uns einig.“ 1987 wurde der Traum Realität – man fand ein tolles Grundstück auf dem Peloponnes, genauer gesagt in Gythio, einem Ort in der Region Mani. Das Grundstück – rund fünf Kilometer vom Meer entfernt – ist etwa so groß wie vier Fußballfelder. Saftige Rebstöcke, Pinien und Olivenbäume lassen es im Sommer in sattem Grün erstrahlen. Auf dem Gelände bauen die ehemaligen Ruhrgebietler heute Wein und Oliven an. Sie halten Schweine, Hühner, Schafe, Ziegen und können sich dadurch mit Fleisch, Eiern und Milch zum Teil selbst versorgen. Zudem haben sie eine Schreinerei, eine Schneiderei und Schlafstätten für Besucher. Zwischen Olivenbäumen in ein selbstbestimmtes Leben Heute wohnen und ler-
nen auf dem Grundstück zusammen mit
den Erwachsenen fünf Jugendliche, die Teil einer Resozialisierungsmaßnahme der Arbeitsgemeinschaft für Jugendhilfe (AGI) der Stadt Unna sind. Die Zwölfbis 18-Jährigen bleiben in der Regel drei bis vier Jahre in Griechenland. Bei den meisten stimmt in der Heimat das soziale Umfeld nicht. Die Eltern konsumieren Drogen und Alkohol oder sind einfach nicht in der Lage, Kinder zu erziehen. Mit der Maßnahme versucht man, sie gezielt aus diesem Milieu zu entfernen, um weitere Kontakte mit der Familie vorerst zu vermeiden. Die Jugendlichen erhalten auf dem Gelände eine schulische Ausbildung und helfen mit – mitten in der Natur. Darüber hinaus bauen sie Wein und Oliven an und erlernen in den Werkstätten des Projekts, wie man richtig schreinert oder Hosen, Röcke und Blusen näht.
AUSWANDERN ID55
Ein Traum wird Realität: Die Strände der Mani sind Alltag für die Auswanderer
Müllabfuhr im Paradies Die Region Mani wäre ein griechisches Paradies, gäbe es nicht den Müll, der an vielen Stellen einfach in die Natur gekippt wird. Reinhard Jacob und seine Mitstreiter haben deshalb mit griechischen Kultur- und Umweltinitiativen Kontakt aufgenommen, um diese Situation zu verbessern: „Wir arbeiten daran, ein vernünftiges Müllbeseitigungssystem für die Region zu realisieren. Dazu führen wir Gespräche mit einer Reihe von Unternehmen aus Deutschland.“ Dabei spielt der Bau einer Müllaufbereitungsanlage eine zentrale Rolle. Reinhard Jacob denkt an eine regelmäßige Müllabfuhr, wie man es in Deutschland gewohnt ist. So könnten Arbeitsplätze entstehen, die in der Region dringend benötigt werden. Es gab
bereits Gespräche mit Unternehmen aus Unna, Bielefeld und Bochum, ein Konzept ist in Arbeit. Flucht in die Städte Die Region hat noch viele weitere Probleme. Seit Mitte des 20. Jahrhunderts ist ein drastischer Anstieg der Landflucht zu verzeichnen. Gründe liegen vor allem in den mangelnden schulischen und beruflichen Perspektiven für junge Menschen. Hinzu kommt das Sterben des kulturellen und sozialen Lebens in der Region. Viele junge Menschen flüchten daher in die großen Städte wie Sparta und Athen. Seit rund vier Jahren renovieren, reparieren und bauen die Emigranten mit Nachbarn deshalb ein griechisch-deutsches Begegnungszentrum als Anlaufstelle. Touristen werden
sich dort über die Region informieren können, für die einheimische Bevölkerung wird es ein Programm mit Theater- und Filmvorführungen geben. „Das Begegnungszentrum ist enorm wichtig. Wir haben zurzeit keine Möglichkeit, wichtige Unternehmer und Politiker empfangen zu können, um mit ihnen die Probleme der Region zu erörtern oder Lösungspläne zu erarbeiten. Das Begegnungszentrum bringt uns einen großen Schritt nach vorne“, ist sich Reinhard Jacob sicher. Neue Heimat gefunden So viel ist zu tun, bleibt da noch ein Gedanke an Deutschland, an das Ruhrgebiet, an Unna? Wenn ihm die Frage gestellt wird, ob er die Auswanderung nach Griechenland jemals bereut habe, dann lächelt Frank Müller und antwortet prompt: „Nein, dort wo ich mit Anderen lebe, da ist meine Heimat.“ WIE WÄR’S MIT EINEM BESUCH IN MANI ? Für ihr Begegnungszentrumsprojekt suchen Frank Müller und Reinhard Jacob Fürsprecher und Unterstützer in Deutschland. Mehr Informationen www.ger-mani.de
Mediterran: ein stilechter Turm auf dem Gelände der Freunde aus Unna
Ein traumhafter Ausblick von der Terrasse auf die Berge der Mani
Tonkrüge zieren den Innenhof des Grundstücks von Frank und Reinhard
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ID 55 EHRENAMT
MENTOR – Die Leselernhelfer aus Bochum eröffnen Grundschulkindern neue Erfahrungswelten in Büchern
Mit dem Zeigefinger durch London Donnerstags, 10 Uhr, in Bochum: Wenn die Pausenglocke läutet und die Kinder der 3a der Borgholzschule zum Religionsunterricht düsen, hüpft der neunjährige Kendal die Treppen zur Schulbücherei im dritten Stock hinauf. Dort nämlich, an dem großen runden Tisch mit den kleinen Holzstühlen inmitten von Bücherregalen ist er verabredet – bis 10.45 Uhr gehört ihm die Zeit und ungeteilte Aufmerksamkeit von Regina Jaeschke-Jablonski, seiner Lesementorin. Text Julia Valtwies Fotos Bettina Engel-Albustin Seit April 2008 engagiert sich die 51-jährige Bochumerin bei „Mentor – Die Leselernhelfer Bochum e.V.“. Wie viele der aktuell 130 Mentoren, stieß die gelernte Diplom-Sozialwissenschaftlerin in der Zeitung auf den gemeinnützigen Verein, der Kindern den Spaß am Lesen zurückbringen will, und entschied, „das passt zu mir“. Nachdem sie vor zehn Jahren ihre Stelle in der Verwaltung eines Theaters aufgegeben hatte, studierte sie Germanistik und gründete mit Gleichgesinnten aus einer VHSGruppe einen Literaturkreis. „Für mich ist Lesen sehr wichtig – eine Grundvoraussetzung für so viele Dinge – das möchte ich gerne weitergeben. Und es macht richtig viel Spaß“, so die schlanke blonde Frau. Mit Lesefinger und Lesebrille
Regina Jaeschke-Jablonski weckt in Kendal . . .
Heute hat Kendal einen Sachkundetest wiederbekommen. Obwohl er eine 2 hat, geht Regina Jaeschke-Jablonski auf Wunsch der Klassenlehrerin mit ihm die Fragen durch, bei denen er Verständnisprobleme hatte. Mit dem Zeigefinger auf dem Papier liest der in Deutschland geborene Sohn kurdischer Eltern: „Bei einem Schulfest kamen Spenden in Höhe von 80 Euro zusammen.“ „Was steht da? Lies noch einmal“, rät seine Mentorin ruhig über ihre Lesebrille hinweg. „800 Euro“, ruft der Junge mit den großen dunklen Augen und lacht. Zuhause ist er das vierte von sechs Kindern, es wird Kurdisch gesprochen. „Ich finde es sehr gut, dass ich hier üben kann und wir viele Spiele machen“, lobt Kendal das Engagement der Mentorin, die ihn voraussichtlich bis zum Ende der vierten Klasse begleiten wird. Als Mindestbetreuungsdauer rät der Verein zu einem halben Jahr. Den Sinn der Worte verstehen
. . . die Begeisterung zum Lesen
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Kendal spricht fließend Deutsch, auch lesen an sich fällt ihm nicht schwer. Der Sinn der Worte bleibt ihm dabei jedoch manchmal verschlossen. Sein Lieblingsbücherheld ist derzeit Jeremy James, ein Junge aus London, der allerlei Abenteuer erlebt. Um Kendal die Welt von Jeremy zu erschließen, bringt Regina Jaeschke-Jablonski einen Stadtplan der britischen Metropole mit. „Das ist ganz schön groß“, staunt der Drittklässler.
EHRENAMT ID55
Aufregende Geschichten
Ungeteilte Aufmerksamkeit
Lesen lernen mit Bildern
Der Zeigefinger hilft beim Lesen
Freunde fürs Lesen: Regina und Kendal
Aber nicht nur die Kinder lernen bei den wöchentlichen Treffen dazu. „Das bereichert auch mich“, freut sich die 51-jährige Hausfrau, die selbst keine Kinder hat. „Letztens kam in einem Text das Wort ‚Teufel’ vor. Kendal las dann: ‚das ist das Wort, das ich nicht sagen darf’. Das hatte ich nicht gewusst, aber so lerne ich etwas über den Islam.“
nicht nur im gesteigerten Leseverhalten: „Die Kinder werden selbstsicherer. Es täte jedem Schüler gut, einmal pro Woche mit einer Person zu lesen; ganz abgesehen davon, ob er gut in der Schule ist oder nicht.“ 15 Kinder werden an der Grundschule betreut – von 180. „Wir haben Glück, aber der Bedarf ist hoch“, so Baur.
Lesen zwischen Beruf und Familie
Jeder will dabei sein „Das Tolle ist, dass jeder Beteiligte dabei sein will!“, weiß auch Regina Jaeschke-Jablonski. Wie an diesem Donnerstag: Eine Glocke zum Unterrichtsende gibt es nicht – der Blick auf die Uhr aber verrät, es ist 10.45 Uhr, Kendal muss zurück in die Klasse. Ein Suchbild, das seine Lesementorin mitgebracht hat, hält ihn noch auf. „Da ist die Maus. Ich habe sie gefunden. Da auf der Blume“, ruft der aufgeweckte Junge. Dann – langsam – packt er seine Sachen, verabschiedet sich lachend und huscht die Treppe hinunter ins Klassenzimmer.
Dagmar Hildebrand-Schmidt (53) kennt sich durch ihre Arbeit am Dortmunder Sozialamt mit den Lebensverhältnissen immigrierter Familien aus. Als sie Ende 2007 die Bochumer Lesementoren entdeckte, entwickelte sie einen Plan, um ihr Engagement mit ihrer 30-Stunden-Stelle und dem Dreipersonenhaushalt (Ehemann, Tochter (20)) zu verbinden. Seither trifft sie sich jeden Freitag nach Feierabend bzw. Schulschluss an der Neggenbornschule in Bochum Langendreer mit Medyar. Der zehnjährige Junge ist türkischer Abstammung. Nach Ende des Schuljahres wird er auf die Hauptschule wechseln. „Ich würde gerne mit der Leselernhilfe weitermachen“, sagt der schüchterne Junge. Doch im nächsten Schuljahr wartet ein neues Kind an der Grundschule auf die Lesementorin. Logistisch wäre eine andere Schule für sie nicht machbar. Diese Stunde gehört mir
Medyar und Dagmar Hildebrand-Schmidt haben eine feste Abmachung: keine Hausaufgaben in der Lesestunde und keine dauerhaften Besucher. Das entspricht dem Prinzip des Vereins: ein Erwachsener – ein Kind. Medyars wachsendes Selbstbewusstsein und die verbesserten Noten hatten seine Eltern aber so begeistert, dass sie ihren sechsjährigen Sohn Mordem mit in die Betreuung schicken wollten. Aber Medyar entschied: „Diese Stunde gehört nur mir.“ Zuhause liest er aber mit Mordem weiter. Kinder werden selbstsicherer
Auch Kendal hat den Spaß am Lesen entdeckt und leiht sich regelmäßig Bücher aus. Tania Baur, Klassenlehrerin an der Borgholzschule, sieht den Verdienst der Mentoren aber
„MENTOR – DIE LESELERNHELFER“ erwuchs 2003 aus der Idee Otto Stenders, Buchhändler aus Hannover. Den Bochumer Tochterverein gründete Erika Walter, ehemalige Schuldirektorin, 2007 mit der Buchhandlung Janssen als Zentrale in der City. Die Mentoren sind zwischen 34 und 78 Jahre alt, die meisten sind Akademiker, viele ehemalige Lehrer, aber auch Juristen, Finanzbeamte, Krankenschwestern und Hausfrauen – vertreten an einer Förder- und 30 Grundschulen. Etwa 75 Prozent der Kinder haben einen Migrationshintergrund. 25 Prozent sind deutsch. Finanziert wird der Verein durch Spenden. „Der Bedarf ist sehr hoch. Wir suchen ständig neue Mentoren.“ Erika Walter Die Leselernhelfer Bochum e.V. Brüderstraße 3 (Buchhandlung Janssen) 44787 Bochum Telefon: 0234 - 13 00 1 E-Mail: info@bochum-mentor.de
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DIE GENERATION DER ZAHNARZTMUFFEL Zahnerhalt ist Lebensqualität: Ein Interview mit den 50plus-Zahnärzten Dr. Peter Gehlhar und Dr. Ingo Brockmann aus Essen über die neue Volkskrankheit Parodontitis und Jugendwahn bei Prophylaxe-Konzepten Mit eigenen Zähnen gesund alt zu werden – das ist kein Wunschtraum. Die Gleichung „alt = zahnlos“ stimmt nicht mehr. Voraussetzung für den festen Biss ist allerdings ein regelmäßiger Besuch beim Zahnarzt, doch jenseits der 50 mutieren viele Best Ager zu wahren Zahnarztmuffeln. Über Herausforderungen und Chancen bei der zahnmedizinischen Behandlung älterer Patienten sprach ID55 mit den Zahnärzten Dr. Peter Gehlhar (59), Master of Science Implantologie, und Dr. Ingo Brockmann (44), Master of Science Parodontologie. Sie praktizieren seit 2003 in der Zahnklinik im Rü-Karree, einem Zentrum für ganzheitliche Zahnmedizin in Essen-Rüttenscheid. Dr. Gehlhar, Dr. Brockmann, zwischen Ihnen liegt ein Altersunterschied von 15 Jahren. Ist diese Konstellation in Ihrer Praxis auch ein Grund für Ihr Interesse an der Patientengruppe 50plus?
Dr. Peter Gehlhar: In unserem Praxiskonzept lässt sich Alt und Jung gut verbinden. Trotzdem kann der Altersunterschied in einigen Fällen durchaus hilfreich sein. Mit meinen 59 Jahren befinde ich mich ja auf Augenhöhe mit älteren Patienten. Manches kann ich daher besser verstehen und offener ansprechen als mein jüngerer Kollege. Er wiederum bringt als Spezialist für Parodontal-Behandlungen aktuelles Wissen über neue Präventionskonzepte für Best Ager ein, zum Beispiel für Patientinnen in den Wechseljahren oder Männer jenseits der 50. Wie gesund ist der Mund 50plus?
Dr. Ingo Brockmann: Mehr als 30 Millionen Deutsche sind bereits älter als 49 Jahre – rund 40 Prozent der Bevölkerung. Wenn man heute 50 ist, hat man noch mindestens 20 gute Jahre vor sich – am besten mit eigenen Zähnen. Keine andere Altersgruppe legt so viel Wert auf den Erhalt der eigenen Zähne wie Menschen in der zweiten Lebenshälfte. Tatsache ist: Die Zahngesundheit im Alter und die Überlebenswahrscheinlichkeit des einzelnen Zahnes haben sich enorm verbessert. Tatsache ist aber auch, dass mit steigendem Lebensalter die Bereitschaft zum Zahnarztbesuch nachlässt. Karies oder Zahnfleischerkrankungen bleiben unbehandelt, gesunde Zähne gehen verloren. Das muss nicht sein.
Ein tolles Team: Dr. Ingo Brockmann (oben) und Dr. Peter Gehlhar (unten)
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Ein herzliches Willkommen bietet der Empfangsbereich der Klinik
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Entspannung pur im Massagesessel
Wer vorsorgt, hat gut lachen – im Prophylaxe-Zentrum
Woran liegt das?
Brockmann: Die enorme Verbesserung der Zahngesundheit bei Best Agern wird langfristig zu einem Paradigmenwechsel in der Therapie der Patienten 50plus führen. Wir rechnen damit, dass restaurative und prothetische Versorgungen in der Zukunft zurückgedrängt werden. Vorbeugende Tätigkeiten werden an Stellenwert gewinnen. Dies gilt vor allem für die Vermeidung von Parodontitis, einer gefährlichen Entzündung des Zahnfleisches, die durch Bakterien hervorgerufen wird.
Brockmann: Noch immer wird Jugend mit Aufbau und Alter mit Abbau assoziiert. Dieses Denken hindert den Menschen daran, den Sinn vorbeugender Konzepte für das Alter zu akzeptieren. Prophylaxe trägt in der Werbung meistens junge Gesichter. Cremes und Reiniger haben Frischesiegel, die ältere Hände nicht mehr so einfach öffnen, und Aufdrucke, die ältere Augen nicht mehr problemlos lesen können. Die Zahnmedizin und die Industrie müssen der Generation 50plus viel deutlicher sagen, dass Prävention, die die Struktur erhält, weder jung noch alt ist, sondern in jedem Alter sinnvoll und wirksam. Was erwartet ältere Patienten in Ihrer Praxis?
Gehlhar: Sprechstunde kommt bei uns von Sprechen. Wir nehmen uns sehr viel Zeit, unseren Patienten – ich nenne sie gern „die fitten Alten“ – in unserem modernen Prophylaxe-Zentrum die Bedeutung systematischer Zahnpflege und Mundhygiene klar zu machen. Das wichtigste Ziel dabei ist es, die Eigenverantwortlichkeit des einzelnen für seine Mundgesundheit zu wecken und zu stärken. Zahnerhalt ist Lebensqualität. Mit welchen Bedürfnissen kommen ältere Patienten zu ihnen?
Gehlhar: Unsere Patienten 50plus sind Menschen, die mitten im Leben stehen. Sie sind lebenserfahren, kritisch und sehr gut informiert. Sie genießen es, aktiv zu sein, trainieren im Fitnessstudio und fahren viel in den Urlaub. Wer so mittendrin ist und Lust auf Leben hat, will keine Probleme mit den Zähnen, denkt aber intensiv über die Gesunderhaltung des eigenen Körpers nach. Gerade bei den Zähnen lässt sich mit relativ wenig Aufwand ein gutes Ergebnis, ja sogar eine Verjüngung erreichen. In unserer Praxis verbinden wir zertifizierte Qualitätszahnmedizin und Ästhetik mit Wellness, naturheilkundlichen Verfahren und liebevollem Patientenservice. Diese besondere Mischung – so sagen uns die Patienten – macht den regelmäßigen Besuch beim Zahnarzt viel leichter und angenehmer. Wo liegen die Schwerpunkte Ihrer Arbeit als 50plus-Zahnärzte?
Gehlhar: Ein wichtiger Schwerpunkt unserer Arbeit liegt nach wie vor in der Wiederherstellung der Kaufunktion bei fehlenden Zähnen durch Prothetik und ganzheitliche Implantologie. Für unsere Risikopatienten, zum Beispiel Raucher oder Diabetiker, haben wir speziell einen Immunsystem- und VerträglichkeitsCheck entwickelt, der vor der Implantatversorgung erfolgt und zusätzliche Sicherheit gibt. Für den Patienten hat die ganzheitliche Methode deutliche Vorteile: Die Implantate heilen schneller ein. Nebenwirkungen wie Schwellungen und Schmerzen treten seltener auf. Der Langzeiterhalt wird verbessert.
Welches ist das größte Risiko für diese Patientengruppe?
Brockmann: Ganz klar Parodontitis. Diese Krankheit ist bei der Generation 50plus zu einer Volkskrankheit geworden. Jeder Zweite ist davon betroffen, die einen stärker, die anderen weniger. Die Hauptursache ist – wie bei jüngeren Patienten auch – die unzureichende Information über richtige Mundhygiene.Parodontitis entwickelt sich, ohne weh zu tun. Allerdings gibt es unmissverständliche Warnzeichen: Das Zahnfleisch blutet, nur nicht bei Rauchern. Die Zahnhälse liegen frei, die Zähne beginnen zu wackeln. Eine nicht behandelte Parodontitis hat schlimme Folgen. Die Bakterien, die diese Krankheit auslösen, begünstigen Herzinfarkt, Schlaganfall und viele andere Krankheiten. Dagegen können wir heute so viel tun. Vorsorge lohnt sich deshalb immer – egal in welchem Alter.
Den ganzen Menschen im Blick – die Zahnklinik im Rü-Karree
Mehr Informationen: Zahnklinik im Rü-Karree Dr. med. dent. Peter Gehlhar, M. Sc. Implantologie Dr. med. dent. Ingo Brockmann, M. Sc. Parodontologie Dorotheenstraße 1 45130 Essen Telefon 0201 / 87 913 - 0 post@klinik-im-rue-karree.de www.klinik-im-rue-karree.de
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ID55 EVENTS 2009
Das Beste kommt noch ID55-Veranstaltungen im 1. Halbjahr 2009 (1)
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EVENTS 2009 ID55
Das Beste kommt noch. Herausforderungen, Aussichten und Chancen des demografischen Wandels im Ruhrgebiet beleuchtete die ID55-Veranstaltungswoche im Februar 2009. Zum Programm gehörten ein großer Kongress mit Porträtaktion, der Ausstellung „Gesichter des Wandels“ und vier Workshops. Im Laufe der Woche schlossen sich ein Kinotag, Lesungen, Vorträge und ein Theaterbesuch an.
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(1) Workshop „Damit Ihr Wissen nicht in Rente geht“ mit (von li.) Dr. Dr. Paul Wolters, Rainer Deutsch, Rita Quakulinski und Wolfgang Becker. (2) Fotografin Bettina Engel-Albustin hatte bei der Porträtaktion alle Hände voll zu tun. (3) Bei der Begrüßung: Susanne Zabel (re.) und Susanne Schübel. (4) Schirmherr der Veranstaltungswoche: Hernes Oberbürgermeister Horst Schiereck.
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(5-7) Heike Bandholz, stellvertretende VHS-Leiterin, vor Bildern der Wanderausstellung „Gesichter des Wandels“. (8-9) Stellte bei einer Lesung neue Ideen für das Zusammenleben in der Zukunft vor: die Autorin und Journalistin Dorette Deutsch. (10-12) Nach dem Film „Kirschblüten – Hanami“ wurde in der Filmwelt Herne gemeinsam gebruncht.
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ID55 EVENTS 2009
Das Beste kommt noch. Zur ID55-Veranstaltungswoche gehörte ein Besuch im Mondpalast von Wanne-Eickel, Deutschlands großem Volkstheater. Gezeigt wurde das Stück „Auf der wilden Rita“, eine Revierkomödie über Liebe, Lust und Leidenschaft 50plus. Und auch die große Politik war zu Gast: Dr. Henning Scherf, ehemaliger Bremer Bürgermeister und Autor des Buches „Grau ist bunt – was im Alter möglich ist“.
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(13) Prinzipal Christian Stratmann, Susanne Schübel und Intendant Thomas Rech (von li.) beantworteten nach der Aufführung von „Auf der wilden Rita“ im Mondpalast Fragen des ID55-Publikums. (14) Diskussion über neue Wohnformen im Alter: Horst Schiereck (re.) und Susanne Schübel mit Dr. Henning Scherf. (15) Beeindruckte nicht nur durch seinen Vortrag: Dr. Henning Scherf. (16) Der bundesweit bekannte SPD-Politiker begrüßte im VHS-Saal seine Gäste höchstpersönlich und sehr herzlich. (17-23) Kaiserpark live on Stage. Thomas Rech (Bild 22) hatte das Projekt mit Hilfe von ID55 ins Leben gerufen. Er freute sich wahnsinnig über die Resonanz des Publikums. (15)
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Kaiserpark rockten im April den Mondpalast von Wanne-Eickel. Led Zeppelin, Johnny Cash, Bob Dylan, Rolling Stones – die Rockmusik der 1960er/70er Jahre spiegelt das Lebensgefühl einer ganzen Generation wider. Und dieses Gefühl von Freiheit und Selbstbestimmung bewegt die heutigen BestAger noch immer, was das Konzert der Mondpalast-Schauspieler und -Musiker in Kooperation mit ID55 eindrucksvoll und lautstark bewies.
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ID 55 IMPRESSUM / VORSCHAU
IMPRESSUM
ID55
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Redaktionsanschrift
Das Magazin für alle, die anders alt werden wollen.
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44623 Herne, Fon 02323 - 99 49 60,
ID55® – ein Gemeinschaftsprojekt von
Autoren dieser Ausgabe
Fax 02323 - 99 49 619, Mail info@id55.de,
JournalistenBüro Herne, PubliCreation GmbH Herne
Uwe Knüpfer, Esther Münch, Thorsten Ostermann,
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und designbüro zabel im Werk.Kontor, Essen
Dr. Nils Rimkus, Mona Schamp, Christine Schonscheck, Stefan Schütter
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Susanne Zabel, Diplom-Kommunikationsdesignerin,
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designbüro zabel im Werk.Kontor Antonienallee 19, 45279 Essen,
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GLOSSE ID55
Wallis Kehraus Indewidewellet Wohnen
W
enn man sich heute in mein Alter ma übbalecht, wat allet so wichtich is für dat persönliche Wohnen, dann schlackersse mitte Ohren. Wie war dat früher gewesen? Klar war allet besser und aus Holz, abba ma ganz innen Ernst, et war irgendswie viel schöner. Da warn wir alle noch zusammen: die Al-
ten, dat mittlere Alter, die Jungen und die Blagen. Zipp Zapp und Stubenfliege war au immer mit dabei. Da hatte man noch Tauben und Karnickel, ne Katze und manchmal auch noch Köter. Wir hatten alle Teppichstangen innen
Hof und mit den Klöpper wurden nich nur die Teppiche gekloppt, sondern manchmal auch die Blagen, wenn se zu lange bei den Taubenvatta rumgeklüngelt hatten. Et gab Waschküchen, die den Namen
noch verdient hatten, mit Schwaden und Lauge, und wenn unsern Opa die Zähne gedrückt ham, dann hatter Suppe gekricht. Damals war de Medizin noch nich so weit wie heute und Altenzentrum hatte man schon mal gehört, abba man wusste nich, wat dat war und wofür dat gut sein sollte. Et gab au noch Nachbarschaft und Feiern innen Garten mit Bowle und Mett-Igel und keiner hat sich beschwert, weil ja alle dabei warn. Aber irgendswie hat sich dat überre Jahre aufgelöst. Jeder wollte indiwidewell sein,
wollte für sich wat machen, ohne Gemeinschaft und Rücksichtnahme. Und
so wurden die Wohnungen immer größer – von wegen 56 qm für vier Personen – und die Menschen wurden immer indewideweller, bis dat man gar nich mehr wusste, wer mit einen zusammen in ein Haus wohnt. Heute sind die Wohnungen für eine Einzelperson mindestens 70 qm, man will nix vonne Nachbarn hören, weil man seine Ruhe braucht und wennse Party machs, dann kommt ab 22 Uhr die Pollezei wegen Ruhestörung. Die Oma und der Opa wohnen natürlich weiter weg, und wennet schwer wird, gehen die von alleine innen Heim. Die Blagen werden vonnen Fernseher betreut oder hängen innen Internetz. Ob dat getz besser is als wie früher, weiß
ich echt nich. Und ich hab schon für unsan Werner gesacht, dat is unsa Sohn, wenn ich ma nich mehr so kann wie heute, dann geh ich abba auf gar keinen Fall in ein Heim. Dat Personal würd bestimmt auch Anfall mit mir kriegen. Ich hab nemmich großen Widerspruchsgeist und will immer wissen, warum wat so is wie et is, eher geb ich keine Ruhe, da könnense meinen Willi fragen. Und die in dat Heim ham doch keine Zeit, so viel mit mir zu disketieren. Ich wohn dann ma lieba mit meine Freundinnen Ella und Hetty lustich zusammen und wir suchen uns einen schicken privaten Pfleger aus, denn dat Auge isst doch immer mit, auch innen Alter! Ihre Walli
ESTHER MÜNCH, Germanistik / Geschichte / Pädagogik lebt in Bochum, hat immer gute Laune, war eine Prüfung für ihre Eltern, spielt wie jede Frau viiiiele Rollen, am erfolgreichsten sind dabei Waltraud Ehlert (Reinigungsfachkraft) und Irma Heftich (PR-Frau, die mit den Zähnen). Mehr Infos unter: www.esther-muench.de
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Tauschen lohnt sich! Eintauschprämie garantiert
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* Gemäß den Richtlinien der Mercedes-Benz Gebrauchtwagen-Inzahlungnahme.
LUEG
Fahrzeug-Werke LUEG AG, Autorisierter Mercedes-Benz Verkauf und Service 14 Center im Ruhrgebiet, Kostenloses Info-Telefon 0800/82 82 82 3, www.lueg.de