Statik und elementare Festigkeitslehre (Mechanik I) - Fachgebiet ...

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TECHNISCHE UNIVERSITÄT BERLIN Fakultät V – Verkehrs- und Maschinensysteme - Institut für Mechanik

FG Systemdynamik und Reibungsphysik

Prof. Dr. rer. nat. V. Popov www.reibungsphysik.de

Statik und elementare Festigkeitslehre (Mechanik I)

Vorlesungsnotizen WiSe 2012/2013

Mechanik I / Prof. Popov / Vorlesung 1. Literatur: Hauger, Schnell und Groß. Technische Mechanik 1 Vektoren, Vektoralgebra, Skalarprodukt. Kräfte mit gemeinsamem Angriffspunkt, Kräftegleichgewicht.        A  A  A  A x y z  Ax ex  Ay e y  Az ez I. Übersicht der Mechanik-Kurse

  Ax

Ay

(Statik)

Az 

Summe Vektoren in Komponenten:   von     A  B  Ax ex  Ay ey  Bx ex  By ey

II. Skalare und Vektoren Skalare: Temperatur, Masse, Anzahl der Gegenstände, Länge,... Vektoren: Verschiebung, Kraft, Impuls, Geschwindigkeit, Beschleunigung,...   Bezeichnungen: A , A , A , A oder einfach A  Betrag: A  A  A .    III. Summe von Vektoren C  A  B    B  C A A

 B

    Vertauschbarkeit: A  B  B  A .

Multiplikation mit einer Zahl:      C  A  C A   dieselbe Richtung Zerlegung eines Vektors: Jeder Vektor kann als Summe anderer Vektoren dargestellt werden. Diese Zerlegung wird durch die Wahl von Referenzrichtungen eindeutig.    A  Ax  Ay  A     Ax   A  A e  A e x  x x y y  Ay  Ay 

 ey

  ex  1 , ey  1 .     Ax  Ax ex , Ay  Ay ey .

 ex

Koordinaten (oder Komponenten) des Vektors

In drei Dimensionen:

 Ax

 Az

 A

 Ay

   Ax  Bx    Ax  Bx  e x   Ay  By  e y     Ay  By  IV. Vektorielle Gleichungen   Was bedeutet die Gleichung A  B ? Ax  Bx  Ax   Bx  .     Ay  By  Ay   By     Was bedeutet die Gleichung A  B  0 ? Ax  Bx  0  Ax   Bx   0  .        Ay  By  0  Ay   By   0  Das Vektorzeichen beim Nullvektor wird oft weggelassen. Unter einer Null in einer Vektorgleichung wird immer ein Nullvektor verstanden. V. Produkte aus zwei Vektoren. Es gibt drei Arten von Produkten, die sich nach dem Charakter des Ergebnisses unterscheiden. Skalarprodukt (Ergebnis ist ein Skalar): Arbeit, Leistung. Vektorprodukt (oder Kreuzprodukt) (Ergebnis ist ein Vektor): Magnetische Kraft, Kraftmoment, Drehimpuls. Tensorprodukt (oder dyadisches Produkt) (Ergebnis ist ein Tensor): Trägheitsmoment u.a. Wir diskutieren jetzt nur das Skalarprodukt. Definition des Skalarproduktes von zwei    Vektoren A und B :   A A  B  A  B  cos    Englische BezeichB nung: dot product  AB  A cos  . A    A  B  B  AB  B AB  BA cos   A  BA Eigenschaften des Skalarproduktes:     1) A  B  B  A        2) A  B  C  A  B  A  C     A  BC C    B  A B  C   A A













 A   BA  C A   A  BA  A  C A      A B  AC     3) A  B  A  B  0   4) A  A  A2 VI. Skalarprodukt in Komponenten Zwei Vektoren seien durch ihre kartesischen Komponenten gegeben:     A  Ax ex  Ay ey  Az ez ,     B  Bx ex  By ey  Bz ez .   A  B  Ax  Bx  Ay  By  Az  Bz . Für zwei gleiche Vektoren: A2  Ax 2  Ay 2  Az 2 (Satz des Pythagoras) Benutzung des Skalarproduktes B1. In einem Dreieck sind die Seiten a, b und der Winkel  zwischen   C c beiden bekannt. Zu beB b stimmen ist die dritte   Seite und der Winkel  . a A Lösung: Wir führen Vek      toren A , B und C ein. Es gilt: C  B  A . Zur Bestimmung der Seite c berechnen wir  das Skalarprodukt des Vektors C mit sich     2 selbst: c 2  C  C  B  A      B2  2B  A  A2  b2  2ba cos   a 2 .





Somit ist c  b2  2ba cos   a 2 . Um den Winkel  zu bestimmen, berechnen   wir das Skalarprodukt A  C  ac cos  . Daraus folgt         AC A B  A A  B  A2 cos      ac ac ac ab cos   a 2 b cos   a   . ac b2  2ba cos   a 2





B2. Zwei Vektoren seien durch ihre Komponenten gegeben:  B   3   1  A , B  . A  1 3     Zu bestimmen ist der Winkel zwischen den Vektoren. Lösung: Aus der Definition des Skalarproduk  A B 6   0, 6 .   53,13 ° tes folgt: cos   AB 10

VII. Kraft ist einer der Grundbegriffe der Mechanik. Die Krafteinheit Newton [ N  kg  m / s 2 ] kommt aus der Dynamik. Die Kraft ist ein gebundener, linienflüchtiger Vektor. Am einfachsten ist der Fall, wo alle Kräfte an einem Punkt angreifen: Zentrale Kräftegruppe. VIII. Gleichgewicht Ein starrer Körper ist im Gleichgewicht, wenn die auf ihn wirkende  Kraft gleich Null ist: F  0 . Diese Gleichung ist äquivalent zu den drei Gleichungen:

Fx  0 , Fy  0 und Fz  0 . Oder: Die Summe aller an ihm angreifenden  n   Kräfte ist gleich Null: R   Fi  0 . i 1

n

n

n

i 1

i 1

i 1

Rx   Fix  0 , Ry   Fiy  0 , Rz   Fiz  0 .

IX. Einteilung der Kräfte: - eingeprägte Kräfte - Zwangs- oder Reaktionskräfte Reaktionskräfte werden durch Freischneiden sichtbar gemacht. Das Bild mit den eingetragenen Kräften nennt man Freikörperbild. Der Betrag der Reaktionskräfte ist von Anfang an nicht bekannt; die Richtung der Reaktionskräfte kann man dagegen in meisten Fällen leicht bestimmen. Richtung der Reaktionskraft ist immer die Richtung, in der die Bewegung verhindert ist. B1. Eine Rolle (Gewicht G=2kN) wird auf einer schiefen Ebene (Neigungswinkel 45°) durch einen Faden (Neigungswinkel 30°) gehalten. Zu bestimmen ist die Spannkraft des Fadens und die Druckkraft auf die Ebene.

x: F cos   N sin   0 y: F sin   N cos   G  0 F cos  sin   N sin  sin   0 F sin  cos   N cos  cos   G cos 

N  cos  cos   sin  sin    G cos  , G cos  G cos  . N   cos  cos   sin  sin   cos     G sin  G sin  . F   cos  cos   sin  sin   cos    

Mechanik I / Prof. Popov / Vorlesung 2. Moment einer Kraft. Moment eines Kräftepaars. Gleichgewichtsbedingungen in der Ebene. Literatur: Hauger, Schnell und Groß. Technische Mechanik 1 (Statik), 3.1.1-3.1.4

Die Summe aller Momente ist gleich:

I. Das dritte Newtonsche Gesetz (actio=reactio)

+ F1 x + ( F1 + F2 )( a1 − x ) − F2 (a1 + a2 − x)

Kraft und Gegenkraft sind gleich groß, entgegengesetzt gerichtet und liegen auf der gleichen Wirkungslinie. Wo ist hier die Gegenkraft? G

(Antwort in der Vorlesung)

II. Resultierende für zwei parallele Kräfte   F1 und F2  R  R1

 R2  K   F1 R1

h

IV. Gleichgewichtsbedingungen in einer Ebene Ein starrer Körper ist dann im Gleichgewicht, wenn die Summe aller an ihm angreifenden Kräfte gleich Null und die Summe aller Kraftmomente gleich Null ist:   ∑ Fi = 0 und ∑ M i = 0 .

 −K

a2 O

= F1a1 − F2 a2 = 0

V. Kräftepaar

l

a1

= F1 x + F1a1 − F1 x + F2 a1 − F2 x − F2 a1 − F2 a2 + F2 x

 F2

 R2

         R = R1 + R2 = F1 + K + F2 − K = F1 + F2 . F1 l F l = , 2 = ⇒ K a1 K a2 F1a1 = F2 a2 das Hebelgesetz von Archimedes.

(1)

III. Kraftmoment Man kann das Hebelgesetz anders interpretieren, indem man den Begriff des Kraftmomentes einführt. Das Moment einer Kraft in  F einer Ebene ist eine algebraische Größe, deren A Betrag gleich M ( A) = hF ist. h Es wird vereinbart, dass ein Moment positiv ist, wenn es gegen den Uhrzeigersinn dreht.

Das Hebelgesetz (1) bedeutet, dass im Gleichgewicht die Summe aller Momente Null ist. Diese Bedingung hängt nicht von der Wahl des Bezugspunktes ab. Beweis: Wählen wir einen Bezugspunkt im Abstand x vom linken Ende des Stabes.

M (O ) = F ( l + d ) − Fl = Fd - hängt nicht von der Wahl des Bezugspunktes ab! VI. Komponentendarstellung des Moments  Die Kraft F habe die kartesischen Komponenten Fx und Fy . Der Angriffspunkt der Kraft habe die Koordinaten x und y. Zu bestimmen ist das Kraftmoment. Dem Bild kann man entnehmen, dass der Hebelarm h = x sin α − y cos α mit sin α = Fy / F und cos α = Fx / F ist. Das Kraftmoment ist somit M = xFy − yFx ⇒ Das Moment einer Kraft ist gleich der Summe der Momente ihrer Kraftkomponenten. Vorteil der Komponentendarstellung: Sie ergibt immer "automatisch" richtig sowohl den Betrag als auch das Vorzeichen (und somit den Drehsinn) des Momentes.

VII. Gleichgewichtsbedingungen in Komponentendarstellung Kräftegleichgewicht:   ∑ Fi = 0 ⇒ ∑ Fix = 0 , ∑ Fiy = 0 .

1

Momentengleichgewicht:

∑M

(O ) i

=0 ⇒

∑(x F i

iy

− yi Fix ) = 0 .

Die Bedingung für das Momentengleichgewicht hat nur Sinn, wenn sie nicht von der Wahl des Bezugspunktes abhängt. Beweis dazu: Wählen wir einen anderen Bezugspunkt A mit den Koordinaten xA und y A . Die kartesischen Koordinaten des Angriffspunktes der Kraft bezüglich des neuen Koordinatenursprungs sind xi − x A und

yi − y A . Das Moment bezüglich des neuen Bezugspunktes ist

∑ M = ∑ (( x − x ) F − ( y − y ) F ) = = ∑(x F − y F ) + x ∑ F − y ∑ F = ∑M + x ∑F − y ∑F = ∑M ( A)

i

i

i

iy

i

A

ix

iy

A

i

iy

A

A

ix

ix

(O )

i

(O)

A

iy

A

ix

i

VIII. Allgemeines Schema: • • • • • • •

Das System skizzieren Das interessierende Objekt freischneiden Alle eingeprägten Kräfte und Reaktionskräfte auftragen Gleichgewichtsbedingungen aufstellen Die Zahl der Unbekannten und der Gleichungen zählen Das Gleichungssystem lösen Lösung auswerten

IX. Beispiele B1. Eine Leiter der Länge l stützt auf eine Wand der Höhe h. Der Winkel zur Wand ist α . Alles geschieht draußen bei Glatteis. Damit die Leiter nicht gleitet, wird sie von einem Seil gehalten. Zu bestimmen sind die Reaktionskräfte an der Wand, am Boden und die Zugkraft des Seils. Lösung: Gleichgewichtsbedingungen lauten ∑ Fx : RC cos α + 0 + 0 − T = 0

∑F

y

: RC sin α − G + RB + 0 = 0

l : G sin α ⋅ − RC h / cos α = 0 . 2 Aus der dritten Gleichung folgt l RC = G sin α cos α . 2h Einsetzen in die 1. und 2. Gleichungen ergibt: l T = RC cos α = G sin α cos 2 α , 2h l   RB = G 1 − sin 2 α cos α  .  2h 

∑M

(B)

B2. Wie ändert sich das Ergebnis, wenn die Leiter an eine vertikale Wand angelehnt ist? Lösung: Gleichgewichtsbedingungen: RC − T = 0 G − RB = 0 l G sin α − RC l cos α = 0 2 Daraus folgt sin α G RC = G = tan α 2 cos α 2 G T = RC = tan α , RB = G . 2 B3. Vergleichen Sie die Seilkraft in den zwei Fällen: Leiter draufliegend, Leiter angelehnt. Lösung: Bemerken wir zunächst, dass im skizzierten Fall h / l = cos α ist. Die Seilkraft kann daher in: G T = sin α cos α 2 umgeschrieben werden. Diese Kraft ist kleiner als im Fall "angelehnt": Tdraufliegend =

G G 1 sin α cos α < Tangelehnt = sin α 2 2 cos α

X. Arten der Lager Festes Gelenklager, kein Moment Verschiebliches Gelenklager, auch Loslager, kein Moment Gleitführung Einspannung

Nicht dehnbare Stange (oder Seil)

2

Mechanik I / Prof. Popov / Vorlesung 3. Das Kreuzprodukt von Vektoren. Der Momentenvektor. Allgemeine Kräftegruppen im Raum. Literatur: Hauger, Schnell und Groß. Technische Mechanik 1 (Statik), 3.2.1-3.2.2

I. Gleichgewicht in drei Dimensionen A. Kräftegleichgewicht   F ∑ i =0 n 1

B. Momentengleichgewicht bezüglich aller drei Achsen. Momentengleichgewicht bezüglich der zAchse: Die z-Komponente der Kraft ist ohne Bedeutung. Die x- und y-Komponenten können parallel verschoben werden, so dass sie in der Ebene (x,y) liegen. Nach solcher Transformation von allen Kräften lautet die Gleichge-

∑( x F n

wichtsbedingung:

i

iy

i =1

− yi Fix ) = 0 .

Ähnliche Überlegungen für das Momentengleichgewicht bezüglich der x- und y-Achsen liefern

∑( y F n

i

i =1

iz

− zi Fiy ) = 0 ,

n

∑( z F i

i =1

ix

II. Kraftmoment bezüglich einer Achse M z = xFy − yFx : Kraftmoment bezüglich der z-Achse M x = yFz − zFy : Kraftmoment bezüglich der x-Achse M y = zFx − xFz : Kraftmoment bezüglich der y-Achse

Die Gleichgewichtsbedingungen in drei Dimensionen lauten: x

x

y

y

= 0,

Vektoren    C = A× B

 C

 B  A

α

  1) Richtung: Achse senkrecht zu A und B + Schraubenregel  2) Betrag: C = AB sin α

IV. Eigenschaften des Vektorproduktes     1) A × B = − B × A (antikommutativ)        2) A × B + C = A × B + A × C .     3) Ist A  B , so ist A × B = 0 .

(

)

V. Koordinatendarstellung des Kreuzproduktes. Zwei Vektoren seien durch ihre kartesischen Komponenten gegeben:     A = Ax ex + Ay ey + Az ez ,     B = Bx ex + By ey + Bz ez . Zu berechnen ist das Kreuzprodukt    C = A× B =

− xi Fiz ) = 0 .

Diese Gleichgewichtsbedingungen kann man anders formulieren, indem man den Begriff der Kraftmomente bezüglich der x-, y- und zAchsen einführt.

∑F = 0, ∑F ∑M = 0, ∑M

III. Vektor- oder Kreuzprodukt von zwei

∑F = 0 = 0, ∑M = 0

   = ( Ay Bz − Az By ) ex + ( Az Bx − Ax Bz ) ey + ( Ax By − Ay Bx ) ez

Kartesische Komponenten dieses Vektors sind C x = Ay Bz − Az B y , x,y,z-Achsen z C y = Az Bx − Ax Bz bilden ein x y rechtes KoorCz = Ax By − Ay Bx dinatensystem VI. Momentenvektor    M = r ×F M x = yFz − zFy M y = zFx − xFz M z = xFy − yFx

z

z

VII. Gleichgewichtsbedingungen in Vektor    form ∑ Fi = 0 , ∑ M i = 0 .

1

VIII. Änderung des Momentenvektors bei einer Verschiebung des Bezugspunktes Gegeben seien zwei Bezugspunkte O und A. Momenten vektor der Kraft F bezüglich des Punktes O ist    M (O ) = r × F,  bezüglich des Punktes A: M ( A) = r ′ × F .    Dem Bild entnimmt man, dass r = r ′ + a ist. Daraus folgt           M (O ) = r × F = ( r′ + a ) × F = r′ × F + a × F    = M ( A) + a × F Greifen am Körper gleichzeitig mehrere Kräfte an, so haben wir für das Gesamtmoment     ∑ M i (O ) = ∑ M i ( A) + ∑ a × Fi    = ∑ M i ( A) + a × ∑ Fi .

(

)

Im Gleichgewicht ist die Summe aller Kräfte Null und das Kraftmoment hängt nicht von der Wahl des Bezugspunktes ab:   ∑ M i (O ) = ∑ M i ( A) IX. Beispiele B1. Eine Platte mit dem Gewicht G ist an einer Ecke mit einem Kugelgelenk befestigt und an drei anderen Ecken durch gelenkig gelagerte Stäbe unterstützt. Zu bestimmen sind die Stabkräfte.

prung gewählt werden (nur dann fallen die Gelenkkräfte aus den Momentengleichungen raus). Momentengleichgewicht: a 2 2 M x (O ) = −G + R2 a + R3 a=0 2 2 2 a 2 M y ( O ) = − R1a + G − R2 a=0 2 2 2 M z (O ) = R2 a=0 2 Daraus folgt: R2 = 0 , R1 = G / 2 , R3 = G / 2 . B2. In der Mitte eines Trägers, der links mit einem festen Gelenklager und rechts mit einem verschieblichen Gelenklager gelagert ist, greift eine Kraft F an. Die Wirkungslinie der Kraft bildet mit dem Träger den Winkel α = 45° . Zu bestimmen sind die Auflagerreaktionen.  F

α

Freikörperbild:

α

Ax

 F

Ay

By

Kräftegleichgewicht: x: Ax + F cos α = 0 y: Ay − F sin α + By = 0

M ( A) : − ( F sin α ) l / 2 + By l = 0 . Aus der letzten Gleichung folgt: By = ( F sin α ) / 2 .

Aus der zweiten: Ay = ( F sin α ) / 2 . Aus der ersten: Ax = − F cos α

Lösung: Auf die Platte wirken: die Schwerekraft G, drei Stabreaktionskräfte (in der Richtung des jeweiligen Stabes), eine Kraft mit im Allgemeinen allen drei kartesischen Komponenten im Kugelgelenk. Da wir uns für die Kräfte im Kugelgelenk nicht interessieren, reicht es, die drei Gleichungen für das Momentengleichgewicht aufzustellen. Dabei muss der Bezugspunkt im Koordinatenurs-

B3. Ein Balken ist in einer Wand fest eingespannt und ist wie im vorigen Beispiel mit einer schräg gerichteten Kraft belastet. Zu bestimmen sind die Auflagerreaktionen.  F

α

α

M

Ax Ay

 F

l

2

Mechanik I / Prof. Popov / Vorlesung 4. Schwerpunkt Literatur: Hauger, Schnell und Groß. Technische Mechanik 1 (Statik), 4.1-4.4

I. Schwerpunkt einer Gruppe paralleler Kräfte (A) Auf einen Stab greifen N parallele Kräfte an. Wo muß man den Balken unterstützen, damit er im Gleichgewicht bleibt? (Dieser Punkt heißt der Schwerpunkt des Kraftsystems). Lösung: Das Kraftmoment bezüglich des Punktes S muß verschwinden:

( x1 − xs ) F1 + ... ( xi − xs ) Fi + ... = ∑ ( xi − xs ) Fi = 0

oder

∑ x F − x ∑ F = 0 . Daraus folgt ∑xF x = ∑F i

i

s

i

i

i

s

i

(B) Dasselbe gilt für ein System von Kräften, die an einer Platte angreifen. Lösung: Momentengleichgewicht bezüglich des Schwerpunkts S: um die x-Achse: −∑ ( yi − ys ) Gi = 0 , um die y-Achse: Daraus folgt: xs

∑( x − x )G = 0 . ∑xG , y = ∑ yG = ∑G ∑G i

s

i

i

i

i

i

s

i

.

i

II. Kontinuierlich verteilte Kräfte Eine auf einer Linie kontinuierlich verteilte Kraft wird durch die Streckenlast q ( x) charakterisiert. Die auf ein infinitesimal kleines Längenelement dl wirkende Kraft ist gleich dF = q ( x)dx . Bei kontinuierlich verteilten Kräften werden in der Schwerpunktdefinition die Summen durch Integrale ersetzt:



xs =

∆xi →0



xi q( xi )∆xi

∆xi →0

q( xi )∆xi

=

∫ xq( x)dx ∫ q( x)dx

.

Im zweidimensionalen Fall wird eine kontinuierlich verteilte Kraft durch den Druck p = p ( x, y ) charakterisiert. Auf ein infinitesimal kleines Flächenelement dA wirkende

Kraft ist gleich dF = p ( x, y )dA . Für die Schwerpunktkoordinate ergibt sich



xs =

∆xi →0



xi p ( xi , yi )∆Ai

∆xi →0

p ( xi , yi )∆Ai

=

∫ xp( x, y)dA ∫ p( x, y)dA

∫ yp( x, y )dA ∫ p( x, y )dA

ys =

III. Schwerpunkt von Schwerekräften Den wichtigsten Sonderfall eines Systems von parallelen Kräften stellen Schwerekräfte dar. Die auf einen Körper mit der Masse mi wirkende Kraft ist gleich Fi = mi g . Alle Kräfte haben dieselbe Richtung. Aus der allgemeinen Formel für die Koordinate des Schwerpunkts folgt: xs =

∑xm g = ∑xm = ∑xm m ∑m g ∑m i

i

i

i

i

i

i

i

(m ist hier die Gesamtmasse aller Körper). Ähnliches gilt für die y und z-Koordinaten des Schwerpunkts: ys = ∑

yi mi

∑m

, zs = ∑

zi mi

∑m

i

.

i

Bei kontinuierlichen Körpern werden die Summen durch Integrale ersetzt: xs =

∑xm ∑m i

i

i



∫ xdm , m

ys =

∫ ydm , m

zs =

∫ zdm m

Das Differential der Masse kann als dm = ρ dV geschrieben werden, wobei ρ die Dichte des Körpers ist und dV ein infinitesimal kleines Volumen. Somit nehmen die obigen Gleichungen die folgende Form an: ∫ xρ dV y = ∫ y ρ dV z = ∫ z ρ dV . xs = s s m

m

m

IV. Berechnung von Integralen Integrieren ist eine Umkehroperation zum Differenzieren: Eine Funktion G ( x) , deren Ableitung gleich g ( x) ist, heißt ein unbestimmtes Integral von g ( x) (auch Stammfunktion von g ( x) ). Eine Tabelle von Ableitungen ist daher gleichzeitig - rückwärts gelesen eine Tabelle von unbestimmten Integralen:

1

Funktion

f ( x)

Ableitung

Funktion

df g ( x) = f '( x ) = dx

g ( x)

x x2 x3 xn x1/ 2

Stammfunktion (unbestimmtes Integral)

G ( x) = ∫ g ( x)dx

1 2x

1 x

3x 2 nx n−1 1 −1/ 2 2 x

x2 x n −1 x −1/ 2

x x /2 x3 / 3 xn / n 2 x1/ 2

x1/ 2

x1/ 2

2 3

x3/ 2

3 2

2

ekx sin ax

ke kx a cos ax

ekx cos ax

cos ax

− a sin ax

sin ax

x3/ 2

ekx / k ( sin ax ) / a

− ( cos ax ) / a

ln x 1/ x 1/ x ln x Die Berechnung von bestimmten Integralen beruht auf der Newtonschen Gleichung: b

∫ g ( x)dx = G(b) − G (a) = G ( x)

b a

.

a

Bei der Berechnung von Integralen wird auch der Begriff "Differential" oft benutzt: df = f ' dx .

B3. Zu berechnen ist die Lage des Schwerpunktes eines homogenen Dreiecks. Lösung: Bei jedem dünnen Streifen liegt der Schwerpunkt in der Mitte und kann durch die in der Mitte angreifende Resultierende ersetzt werden. Angriffspunkte aller solcher "Teilresultierenden" liegen auf der Seitenhalbierenden des Dreiecks. Sie stellen eine linear steigende Streckenlast dar. Der Schwerpunkt teilt somit die Seitenhalbierende im Verhältnis 2:1 (s. Beispiel 2). B4. Schwerpunkt eines Halbkreises Die Fläche des dünnen Streifens ist dA = 2 ydx . Aus dem Satz des Pythagoras folgt y = R 2 − x 2 .Die Koordinate des Schwerpunkts berechnet sich daher als ∫ xdm ∫ xσ dA xs =

∫ dm

∫ xdA =

=

∫ σ dA

=

∫ xdA ∫ dA

R

Zum Beispiel, d ( x 2 ) = 2 xdx . Unter der Benutzung des Begriffs "Differential" wird die Eigenschaft, daß Integrieren und Differenzieren zu einander Umkehroperationen sind, besonders klar: ∫ df ( x) = f ( x) , d ∫ g ( x)dx = g ( x)dx .

( σ ist die Flächendichte der Platte). Das letzte Integral berechnet sich z.B. mit Hilfe der Substitution R 2 − x 2 = z ,

V. Beispiele

−2xdx = dz , x 0 → z R2 ⇒

=

R

B1. Zu berechnen ist Schwerpunkt einer konstanten Streckenlast. Lösung: q ( x) = q0 = const .

l l

l

∫ xq( x)dx ∫ xq dx

l

0

xs =

=

0 l

∫ q( x)dx

0 l

=

∫ q dx

0 l

q0 ∫ dx

0

0

q0 ∫ xdx

0

=

0 l

x0

=

l 2

0

B2. Zu berechnen ist Schwerpunkt einer linear steigenden Streckenlast. Lösung: q ( x) = ax

l l

xs =

l

∫ xq( x)dx ∫ xaxdx =

0 l

∫ q( x)dx

0 l

∫ axdx

0

a ∫ x dx 2

0 l

a ∫ xdx

=

l

 x 2 / 2  0

=

l3 / 3 2 = l l2 / 2 3

2 2 x ⋅ 2 R 2 − x 2 dx = − 2 ∫ πR 0 π R2 0

=−

0

∫ R

zdz

2

3

2  2 3/2  4R 4R z  = = ≈ 0, 424 R 2  2 3π π R 3  R 2 3π R

VI. Zusammengesetzte Figuren B5. Die Koordinaten der R Angriffspunkte der r Kräfte G1 und G2 2 G2 ∝ π r sind x1 = R , G1 ∝ π R 2 x = 2R + r . 2

Für die Koordinate des Schwerpunktes ergibt sich 2 2 x1G1 + x2G2 Rπ R + ( 2 R + r ) π r = xS = G1 + G2 π R2 + r 2

(

=

l

 x 3 / 3 0

0

R

xs =

0

l

xs =

l

x2 2

A

2 x ⋅ 2 R 2 − x 2 dx 2 ∫ πR 0

)

R3 + r 3 + 2 Rr 2 R2 + r 2

B6.

0

2

Mechanik I / Prof. Popov / Vorlesung 5. Schwerpunkt (Fortsetzung). Statische Bestimmtheit. Literatur: Hauger, Schnell und Groß. Technische Mechanik 1 (Statik), 4.1-4.4; 5.1.1, 5.1.2

I. Schwerpunkt einer Gruppe von Massen

Das Differential der Masse kann als dm = ρ dV geschrieben werden. Somit nehmen die obigen Gleichungen die folgende Form an: xs =

Gegeben sei ein System von kleinen, aber massiven Körpern, die alle starr miteinander verbunden sind. Auf den i-ten Körper wirkt   die Schwerekraft mi g , wobei g die Fallbeschleunigung ist. Zu finden ist der Angriffspunkt der Resultierenden aller Kräfte (Schwerpunkt). Lösung: Die Aufgabe kann umformuliert werden: Es ist der Punkt (S) zu finden, für den der Momentenvektor aller Kraftmomente bezüglich S Null ist. Die Lage des Punktes S ist durch die Gleichung   ∑ mi ri rs = ∑ mi gegeben. Beweis: Es ist zu beweisen, dass das Gesamtkraftmoment bezüglich des oben angegebenen Punktes Null ist.  S      M ( ) = ∑ mi ri′× g = ∑ mi ( ri − rS ) × g i

i

    = ∑ mi ri × g − ∑ mi rS × g = i

∫ xdV , ∫ dV

ys =

∫ ydV , ∫ dV

xs =

∫ xdA , ∫ dA

ys =

∫ ydA , ∫ dA

∑m

i

∑m ≡ 0 i

In Koordinaten: xs =

∑x m ∑m i

i

, ys = ∑

yi mi

∑m

i

, zs = ∑

zi mi

∑m

i

und xs =

∫ xdl , ∫ dl

ys =

∫ ydl , ∫ dl

zs =

xs

ys

R

i

zs

∫ zdm . = ∫ dm

∫ ydV . ∫ dV

Die y-Koordinate des Schwerpunkts ist somit

Bei einem kontinuierlichen Körper werden Summen durch Integrale ersetzt:

∫ ydm , = ∫ dm

∫ zdl . ∫ dl

III. Beispiele B1. Zu bestimmen ist die Lage des Schwerpunkts einer homogenen Halbkugel. Lösung: Der Schwerpunkt liegt auf der yAchse. Es ist deshalb nur die y-Koordinate zu bestimmen:

.

II. Schwerpunkt eines kontinuierlichen Körpers

∫ xdm , = ∫ dm

an.

Wir schneiden die Halbkugel in dünne Scheiben parallel zur (x, z)-Ebene. Das Volumendifferential ist gleich dV = π r 2 dy = π ( R 2 − y 2 ) dy .

i

i

∫ zdA ∫ dA

dm = λ dl

ys =

i

  = ∑ mi ri × g −

zs =

Für eine Linie mit der Liniendichte λ gilt

    = ∑ mi ri × g − ( rS × g ) ∑ mi =   ∑ mi ri × g

∫ zdV . ∫ dV

Für eine homogene Scheibe mit der Flächendichte σ schreibt sich dm = σ dA und die Koordinaten des Schwerpunkts nehmen die Form

i

i

zs =

ys =

∫ yπ ( R

2

0 R

∫π (R

2

− y ) dy

R

2

− y ) dy

R

∫ yπ R dy − ∫ yπ y dy 2

=

0 2

0





0

R

0 R

R

=

∫ π R dy − ∫ π y dy

2

0 R

2

2

0



π  R 2 ∫ ydy − ∫ yy 2 dy 

π ( R2 R2 / 2 − R4 / 4)  = = =   2R π ( R 2 R − R3 / 3) 2 π  R ∫ dy − ∫ y dy   0 0  0 R

1

ys =

π R4 / 4 3 = R. 2π R3 / 3 8

(Nenner: Volumen einer Halbkugel) B2. Zu finden ist die Lage des Schwerpunkts eines Kreisbogens. Lösung: xs =

∫ xdl = ∫ xdl ∫ dl π R

Wenn wir zur Charakterisierung des laufenden Punktes am Kreisbogen den Winkel ϕ benutzen, so gilt: π /2 x = R cos ϕ , dl = Rdϕ , ϕ −π / 2 . Somit: ist π /2

xs =

∫ π

− /2

R 2 cos ϕ dϕ

πR

R 2 [sin ϕ ]−π / 2 π /2

=

πR

=

2

π

R.

IV. Statische Bestimmtheit Definitionen: A) Die Zahl der Freiheitsgrade f ist die Zahl der unabhängigen Bewegungsmöglichkeiten eines Körpers (bzw. eines Körpersystems). Z.B. gilt für einen Punkt im Raum f = 3 und für einen starren Körper im Raum f = 6 . Dasselbe gilt für die Ebene entsprechend mit 2 und 3. Bemerkung: Die Zahl der Gleichgewichtsbedingungen ist immer gleich der Zahl der Freiheitsgrade. B) Lager und Verbindungselemente sind Bindungen, die bestimmte Bewegungsarten verhindern. C) Die Anzahl der Freiheitsgrade, die eine Bindung einschränkt, heißt Wertigkeit der Bindung (des Lagers). Bemerkung: Die Zahl der unbekannten Lagerreaktionen r ist immer gleich der Wertigkeit der Lager. zweiwertig einwertig

zweiwertig dreiwertig einwertig

D) Ein Tragwerk ist statisch bestimmt, wenn alle Lagerreaktionen eindeutig aus den Gleichgewichtsbedingungen bestimmbar sind. E) Eine notwendige Bedingung für die statische Bestimmtheit ist, dass die Zahl der Gleichungen gleich der Zahl der Unbekannten ist, oder: Bei einem statisch bestimmten System ist die Zahl der Freiheitsgrade gleich der Summe der Wertigkeiten aller Lager und Verbindungselemente. B1. Ist dieses Stabwerk statisch bestimmt? (Antwort in der Vorlesung)

F) Ist die Zahl der Freiheitsgrade größer als die Wertigkeit der Lager (die Zahl der Gleichungen größer als die Zahl der Unbekannten) ⇒ Gleichgewichtsgleichungen können nicht erfüllt werden - kinematische Unbestimmtheit. B2. Momentengleichung Gl / 2 = 0 kann nicht erfüllt werden: Es gibt kein statisches Gleichgewicht. G) Ist Die Zahl der Freiheitsgrade kleiner als die Wertigkeit ⇒ Es gibt unendlich viele Gleichgewichtslösungen - statische Unbestimmtheit. B3.

Gleichgewichtsgleichungen: Ax + Bx = 0 , Ay + By = 0 , By l = 0 .

Daraus folgt: By = 0 , Ay = 0 , Ax = − Bx . Die letzteren zwei Kräfte sind nicht eindeutig bestimmbar ⇒ System ist statisch unbestimmt.

B4. Ist die notwendige Bedingung für statische Bestimmtheit bei dem abgebildeten System erfüllt? Geben Sie die von Ihnen benutzte Formel an! Benennen Sie die auftretenden Größen!

Ist dieses System statisch bestimmt?

2

Mechanik I / Prof. Popov / Vorlesung 6. Statische Bestimmtheit. Berechnung der Lagerreaktionen. Literatur: Hauger, Schnell und Groß. Technische Mechanik 1 (Statik), 5.1.3, 5.2, 5.3.1-5.3.3

I. Definitionen zur statischen Bestimmtheit f - Zahl der Freiheitsgrade; r - Gesamtwertigkeit aller äußeren Lager; v - Gesamtwertigkeit aller inneren Bindungen. n sei die Differenz zwischen dem Freiheitsgrad und der Gesamtwertigkeit: n=f-r-v.

lässigen wir). Zu bestimmen sind die Reaktionskräfte.

3 Fälle sind möglich: n0 n-fach verschieblich II. Beispiele B1. Ein einfach statisch unbestimmtes System

Lösung: Zunächst überlegen wir, ob dieses System statisch bestimmt ist. n = 6 − 5 = 1 ⇒ einfach beweglich. Gleichgewichtsbedingungen: Stab 1: x: T − RC cos α = 0 y: RA − F + RC sin α = 0 M ( A) :

Fl cos α + RC sin α ⋅ l cos α + Rc cos α ⋅ l sin α = 0 2 Stab 2: x: −T + RC cos α = 0 −

Gleichgewichtsgleichungen: Ax + Fx = 0 , Ay + S − Fy = 0 , − M + Sl − Fy l = 0 .

y: RB − RC sin α = 0 M

(B)

: 0=0 F , 4sin α

Daraus folgt: Ax = − Fx

Ergebnis: RC =

Ay = − S + Fy ,

F F cot α , RB = RC sin α = , 4 4 F 3 RA = F − = F . 4 4 B4. Ausnahmefälle n = 6−6 = 0. Die notwendige Bedingung für statische Bestimmtheit ist erfüllt. Trotzdem gibt es keine statischen Lösungen (mit endlichen Reaktionskräften).

M = Sl − Fy l Über eine Kraft (z.B. S) können wir frei verfügen, die anderen sind dann eindeutig bestimmt. ⇒ Einfach unbestimmtes System.

B2. einfach verschieblich

zweifach verschieblich Bemerkung: Statische Unbestimmtheit bedeutet nicht, daß sich überhaupt keine Reaktionen eindeutig bestimmen lassen. Auch eine kinematisch unbestimmte Aufgabe kann in Spezialfällen eine eindeutige Lösung haben. Hier ein Beispiel dafür:

B3. Ein einfach verschiebliches System Zwei Stäbe der Länge l sind oben mit einem Gelenk und unten mit einem Faden verbunden. In der Mitte des einen Stabes greift eine  Kraft F an (das Gewicht der Stäbe vernach-

T = RC cos α =

Rad mit Speichen (zweidimensional): In beiden Fällen gilt: n = 3−3 = 0 . Im linken Bild kann jedoch die Bedingung für das Momentengleichgewicht nicht erfüllt werden. Rad mit Speichen (dreidimensional): Wie viele Speichen braucht man für eine statisch bestimmte Lagerung eines Rades?

1

B5. Dreigelenkbogen ( f = 6 , r = 4 , v = 2 , n = 0 ⇒ statisch bestimmt).

Beispiel:

r = 5 ⇒ g = r −3= 2 Lösung der Aufgabe B6 l

F = ∫ q ( x)dx 0

l

πx

0

l

= ∫ q0 sin

= − q0

Ay

x: Ax + C x = 0

M ( B) = C y

l + Cx h = 0 2

Umformung: Ax = −Cx

l 4h l Bx = − F 4h

Cx = − F

Bx = C x = − Ax

Cy = F / 2

2h 2h C y = −C x = Ax l l

Ay + Ax Ax

l

l

= −q0 0

l

π

[cos π − cos 0] =

2lq0

π

Erster Teilbalken: x: Ax + Gx = 0

Zweiter Teilbalken: −G x = 0

y: Ay − F + G y = 0

−G y + B y + C y = 0

M ( A) : − Fl / 2 + Gy l = 0 ; M (G ) : By l + C y 3l = 0 Aus diesen sechs Gleichungen folgt: Gx = 0 , Ax = 0 , G y = F / 2 , Ay = F / 2 , C y = − F / 4 , B y = 3F / 4 .

III. "Das Erstarrungsprinzip"

By = F / 2

2h l

2h =F l

πx

By − C y = 0

l l − F + Cx h = 0 2 2

By = C y = Ax

π

cos

−C x + Bx = 0

y: Ay + C y − F = 0 M ( A) : C y

l

dx

Ay = F − Ax

2h l

2h l l ⋅ + Ax h = F l 2 2

Ay = F / 2 Ax = F

B6. Gelenkbalken (Gerber-Träger)

r - Wertigkeit der Lager. g - Anzahl der Gelenke des Balken. N = g + 1 - Zahl der "Teilbalken" f = 3 N = 3( g + 1) . Bedingung für die statische Bestimmtheit: f − r − 2 g = 0 ⇒ r + 2 g = 3( g + 1) g = r −3

l 4h

∑ F ∑F 

 +I =0  (2) Zweiter Körper: − I =0 i  Daraus folgt: ∑ Fi (1) + ∑ Fi (2) = 0 : Erster Körper:

 (1) i

Für ein System im Gleichgewicht ist die Summe aller äußeren Kräfte gleich Null (innere Kräfte bleiben unberücksichtigt). Dasselbe gilt für Momente. ⇒ Wir dürfen an einem Mehrkörpersystem als Ganzes Gleichgewichtsgleichungen aufstellen, als ob es starr wäre. Das gilt auch für jedes Teilsystem.

2

Mechanik I / Prof. Popov / Vorlesung 7. Fachwerke. Verfahren zur Ermittlung der Stabkräfte: Knotenpunktverfahren. Literatur: Hauger, Schnell und Groß. Technische Mechanik 1 (Statik), 6.1, 6.2, 6.3.1.

I. Fachwerke Grundelement eines Fachwerkes ist ein Dreieck. Auch bei einer gelenkigen Verbindung ist das ein starres Gebilde: f = 9 , v = 6 . Die Anzahl der restlichen Freiheitsgrade n = 9 − 6 = 3 ist so wie bei einem starren Körper. Erweiterung durch zwei weitere Stäbe (und 3 Gelenke) führt nicht zu einer Änderung der Zahl der Freiheitsgrade. Dieses Verfahren kann beliebig fortgesetzt werden.

Ist dieses Fachwerk statisch bestimmt?

IV. Bildungsgesetze für Fachwerke (1) Weitere Dreiecke hinzufügen ⇒ Einfaches Fachwerk (2) Zwei einfache Fachwerke starr (aber statisch bestimmt, d.h. dreiwertig) verbinden:

oder

II. Ideales Fachwerk (1) Alle Stäbe sind reibungsfrei gelenkig verbunden (2) Alle Kräfte greifen nur in den Knoten (Gelenken) an (3) Alle Stäbe sind gewichtslos (folgt aus dem Punkt 2) Aus den Gleichgewichtsbedingungen für jeden einzelnen Stab folgt, dass in einem idealen Fachwerk alle Stäbe nur auf Zug oder Druck beansprucht sind.

III. Statische Bestimmtheit von Fachwerken

- mit drei Stäben

- mit einem Gelenk und einem Stab (3) Irgendwo einen Stab rausnehmen und woanders anbringen.



V. Ermittlung der Stabkräfte: Knotenpunktverfahren Man schneidet alle Knotenpunkte frei und stellt für sie Kräftegleichgewichtsbedingungen auf. Oft ist es sinnvoll, zunächst die nicht belasteten Stäbe (Nullstäbe) zu finden. Folgende Regeln können dabei helfen:

Es ist üblich, die Stäbe mit arabischen Zahlen und die Knoten mit römischen Zahlen zu nummerieren. Dank den Annahmen eines idealen Fachwerkes brauchen wir nicht die Gleichgewichtsbedingungen für die Stäbe aufzustellen. Statt dessen schneiden wir eine kleine Umgebung eines Knotens frei. An der wirkt nun eine zentrale Kräftegruppe. Zur Ermittlung der Stabkräfte stehen zwei Kräftegleichgewichtsbedingungen an jedem Knoten zur Verfügung. Damit erhalten wir im obigen Beispiel insgesamt 7 × 2 = 14 Gleichungen zur Bestimmung der 14 Unbekannten (11 Stabkräfte und drei Lagerkräfte). Bei einem ebenen Fachwerk mit k Knoten, s Stäben und r Lagerreaktionen hat man 2k Gleichungen für s+r Unbekannte. Die notwendige Bedingung für die statische Bestimmtheit ist 2k=s+r .

Standardverfahren zur Ermittlung der Stabkräfte: 1. Alle Knoten und Stäbe nummerieren 2. Das System als Ganzes freischneiden, Auflagerreaktionen bestimmen 3. Nullstäbe bestimmen 4. Alle Knoten freischneiden und Stabkräfte auftragen 5. Kräftegleichgewicht für jeden einzelnen Knoten aufstellen 6. Das Gleichungssystem lösen 7. Alle Ergebnisse in eine Tabelle eintragen

1

B1. Das unten gezeigte Fachwerk wird durch die Kraft F belastet. Zu bestimmen sind alle Lager- und Stabkräfte.

1 S1 = − A = − F ; S3 = − S1 / sin α = F / 3sin α ; 3 S 2 = S6 = − S3 cos α = − F cos α / 3sin α ; S11 = − Bv / sin α = −2 F / 3sin α ; S12 = S8 = BH − S11 cos α = 2 F cos α / 3sin α ; F 2F F S7 = − + =− ; sin α 3sin α 3sin α Aus der Geometrie folgt: sin α = 1/ 5 , cos α = 2 / 5 . Somit ergibt sich: 1 5F S1 = − A = − F ; S3 = − S1 / sin α = ; 3 3 2F 2 5F S 2 = S6 = − ; S11 = − ; 3 3 4F 5F S12 = S8 = ; S7 = − ; 3 3

Lösung: 1. Alle Knoten und Stäbe nummerieren 2. Nullstäbe bestimmen

3. Das System als Ganzes freischneiden, Auflagerreaktionen bestimmen:

7. Alle Ergebnisse in eine Tabelle eintragen

Si

M ( A) : −4lF + 6lBv = 0 2 ⇒ Bv = F 3 M

( B)

1

i

BH = 0

F



2

1



3

3

2 3

5 3

4

5

0

0

6



7

2 3



8

5 3

4

3

9

10

0

0

11



12

13

2 5

4

0

3

3

Ist das ein statisch bestimmtes Fachwerk?

1 : 2lF − 6lA = 0 ⇒ A = F 3

4. Alle Knoten freischneiden und Stabkräfte auftragen:

5. Kräftegleichgewicht für jeden einzelnen Knoten aufstellen:

→:

S 2 + S3 cos α = 0

3

↑:

S1 + S3 sin α = 0

2

S1 + A = 0

1

III)

↑: →:

4

IV)

→:

S6 − S 2 = 0 S8 − S3 cos α + S7 cos α = 0

V)

↑: →:

VI)

↑: →:

VIII)

→:

I)

II)

↑:

...und dieser Brückenträger?

S3 sin α + S7 sin α = 0

− S 6 − S7 cos α + S11 cos α = 0 F + S7 sin α + S11 sin α = 0

8

S12 − S8 = 0

7

BH − S12 − S11 cos α = 0

6

Bv + S11 sin α = 0

5

6. Das Gleichungssystem lösen:

Reihenfolge der Lösung

2

Mechanik I / Prof. Popov / Vorlesung 8. I. Fachwerke: Rittersches Schnittverfahren.

II. Schnittlasten bei Balken.

Literatur: Hauger, Schnell und Groß. Technische Mechanik 1 (Statik), 6.3.3. 7.1, 7.2.1, 7.2.2

I. Rittersches Schnittverfahren B1. Das Knotenpunktverfahren ist immer anwendbar. Sind aber nur einzelne Stabkräfte zu bestimmen, so ist es oft vorteilhaft, das Schnittverfahren nach Ritter zu benutzen. Die Idee: Das oben gezeigte Fachwerk kann man als aus zwei Teilen bestehend ansehen. Der Teil links vom Schnitt spielt die Rolle einer "starren Wand" und das rechte Dreieck ist ein starrer Körper, der dreiwertig gelagert ist. Die Stabkräfte in den drei geschnittenen Stäben können ermittelt werden, ohne irgendwas vom Rest der Konstruktion zu wissen.

A3. F2 ≠ 0 , F1 ≠ 0 .

 S1 = F1 + F2 / sin 30°   S2 = − F1    S = − F cot 30°  2  3 

Das Superpositionsprinzip: Reaktionen (Äußeres Kraftsystem 1 + äußeres Kraftsystem 2)= Reaktionen (Kraftsystem 1)+ Reaktionen (Kraftsystem 2) (gilt für alle statisch bestimmte Systeme, nicht nur für Fachwerke!)

B2. Bei dem gezeigten Fachwerk sind die Kräfte in den Stäben 1,2,3 gesucht.

Gleichzeitig illustriere ich das Superpositionsprinzip für statisch bestimmte Systeme und betrachte zwei folgende Teilaufgaben:

Lösung: Schritt 1: Wir machen einen Schnitt durch die drei Stäbe. Dadurch wird das Fachwerk in zwei starre Körper zerlegt. Es gibt sechs Freiheitsgrade, drei äußere LagerreaktioA1. F2 = 0 , F1 ≠ 0 nen und drei Stabkräfte ⇒ Aufgabe ist lösbar x: (gerade deswegen muss der Schnitt immer über S1 − S1 cos30° − S 2 cos30° − S3 = 0 drei Stäbe oder ein Gelenk und einen Stab geA hen). a y: S2 30° − F1 + S1 sin 30° − S2 sin 30° = 0 Schritt 2: Die äußeren Reaktionen können S3 (A) durch eiM : − S3 a = 0 nen FreiAx Daraus folgt: By schnitt des S3 = 0 , S2 = − S1 , S1 = F1 . A Systems  S1 = F1  Ay Diese Ergebnisse können   als Ganzes  S2 = − F1  wir in einer Tabelle ermittelt  S =0  zusammenfassen:  3  werden: x: Ax − F3 = 0 , A2. F2 ≠ 0 , F1 = 0 y: A − F − F + B = 0 ,

S1

x:

A

− S1 cos30° − S 2 cos30° − S3 = 0

y: − F2 + S1 sin 30° − S 2 sin 30° = 0 S3 M(A): − S3a − F2 a cot 30° = 0 Daraus folgt: S3 = − F2 cot 30° ,

S2

30°

S1 + S 2 = −

S3 F cot 30° F2 , = 2 = cos30° cos30° sin 30°

F2 . sin 30° Summieren dieser Gleichungen ergibt F2 S1 = . Subtrahieren: S2 = 0 . sin 30°  S1 = F2 / sin 30°  Ergebnistabelle:   S2 = 0    S = − F cot 30° 2  3 

y

1

2

y

M : − F1a − F2 4a + B y 6a − F3a = 0 . (A)

F1 2 F + F2 + 3 , 6 3 6 F  5 1 F F 2 Ay = F1 + F2 −  1 + F2 + 3  = F1 + F2 − 3 6 6 3 6 6 3 Schritt 3: Linker und rechter Teil werden vollständig freigeschnitten und die Gleichgewichtsbedingungen aufgestellt. Daraus folgt: Ax = F3 , B y =

S1 − S 2 =

Es reichen beliebige drei von insgesamt sechs verfügbaren Gleichungen, da wir drei Reaktio-

1

nen bereits kennen. Am sinnvollsten ist es, zwei Momentengleichungen bezüglich der Knoten und eine weitere beliebige Gleichung zu nehmen (in diesem Fall am besten in vertikaler Richtung). Linker Teil: M(I): −2aAy + aF1 + aS3 = 0 2 = 0, 2 2 F  5 S3 = 2 Ay − F1 =  F1 + F2 − 3  − F1 3 3 3 2 2 F S3 = F1 + F2 − 3 3 3 3 1 F   1 S 2 = 2 ( Ay − F1 ) = 2  − F1 + F2 − 3  3 6  6 Rechter Teil: M(II): aS1 − aF2 + 3aB y = 0 ,

y: Ay − F1 − S 2

F F S1 = F2 − 3B y = F2 − 1 − 2 F2 − 3 2 2 F1 F3 S1 = − − F2 − . 2 2

II. Schnittlasten (oder Schnittgrößen) bei Balken

Ein belasteter Balken wird durch innere Kräfte zusammengehalten. Diese werden "sichtbar" gemacht durch einen gedanklichen Schnitt durch den Balken und heißen daher Schnittgrößen oder Schnittlasten. Diese Schnittlasten sind nichts anderes als Reaktionskräfte, die ein Teil des Balkens auf den anderen ausübt. In jedem Balkenschnitt gibt es im Allgemeinen drei Reaktionen in zwei Dimensionen und sechs Schnittgrößen im dreidimensionalen Fall. Definitionen und Zeichenvereinbarung Die Normalkraft N ist eine in Richtung der Stabachse wirkende Kraft. Sie wird für den linken Teil nach rechts und für den rechten Teil nach links wirkend positiv angenommen. Die Querkraft Q ist eine senkrecht zur Stabachse wirkende Kraft. Sie wird für den linken Balkenteil nach unten und für den rechten teil nach oben wirkend positiv angenommen.

Das Biegemoment soll für den linken Teil entgegen dem Uhrzeigersinn und für den rechten Teil im Uhrzeigersinn drehend positiv angenommen werden. Besteht bei einer komplizierteren Struktur eine Verwechselungsgefahr, so wird "unten" an jeder Stelle willkürlich definiert und durch eine gestrichelte Linie gekennzeichnet.

B3.

F

x

l Drei Gleichgewichtsgleichungen: N ( x) = 0 , Q( x ) = F , M ( x) = − F ⋅ (l − x) . Verlauf des Biegemomentes: Moment ist an der Einspannstelle maximal.

B4. Zu bestimmen sind die Schnittgrößen im unten gezeigten Balken. Lösung: Wir betrachten drei Schnitte: (A) Der ganze Balken freigeschnitten von den Lagern. Daraus folgt: a b B= F , A= F. l l (B) Schnitt vor dem Angriffspunkt der Kraft. b A−Q = 0 ⇒ Q = A = F . l b − xA + M = 0 ⇒ M = xA = x F l (C) Schnitt nach dem Angriffspunkt der Kraft: A− F −Q = 0 a ⇒ Q = A− F = − F l − xA + F ( x − a ) + M = 0

M = (1 − x / l ) aF .

2

Mechanik I / Prof. Popov / Vorlesung 9. Schnittlasten im Balken unter Einzellasten (Auszüge aus der Vorlesung). Literatur: Hauger, Schnell und Groß. Technische Mechanik 1 (Statik), 7.2.1, 7.2.2.

I. Schnittlasten im Balken unter Einzellasten Es gibt nur wenige Möglichkeiten, einen Balken statisch bestimmt zu lagern: (a) einseitige Einspannung, (b) beidseitige gelenkige Lagerung, (c) Parallelführung an einem Ende plus gelenkige Lagerung am anderen. Belasten kann man entweder mit Einzelkräften oder Momenten. Im Weiteren betrachten wir typische Kombinationen aus Lagerungs- und Belastungsarten und berechnen für diese den Verlauf der Schnittlasten. B1. Wir schneiden frei einmal links vom Angriffspunkt der Kraft ( x < a ). Die Gleichgewichtsbedingungen sind: Q ( x) − F = 0 ⇒ Q ( x ) = F − M ( x) − F (a − x) = 0 ⇒ M ( x) = F ⋅ ( x − a) . ... und einmal rechts vom Angriffspunkt ( x > a ): Q( x) = 0 , M ( x) = 0 . Graphische Darstellung der Schnittlasten:

Im Angriffspunkt der Kraft gibt es einen Sprung der Querkraft gleich groß der angreifenden Kraft.

B3. Zunächst schneiden wir den gesamten Balken frei. Aus den Gleichgewichtsbedingungen folgt für die Lagerreaktionen: a  a A = 1 −  F , B = F . l  l Dann schneiden wir bei x frei: 1. x < a : A − Q( x) = 0 , M ( x) − Q( x) ⋅ x = 0 . Aus der ersten Gleichung folgt: Q( x) = A .

 a Aus der Zweiten: M ( x) = Ax = 1 −  Fx .  l 2. x > a : A − Q( x) − F = 0 − Fa + M ( x) − Q( x) ⋅ x = 0 Aus der Ersten folgt: Q( x) = A − F . Aus der Zweiten:  x M ( x) = Q( x) ⋅ x + Fa = ( A − F ) x + Fa = Fa 1 −   l Verlauf der Schnittlasten: Gestrichelten Flächen sind gleich.

B2.

1. x < a : N ( x) = 0 , Q( x) = 0 , − M ( x) + M 1 = 0 . 2. x > a : N ( x) = 0 , Q( x) = 0 , M ( x) = 0 .

B4. Zunächst schneiden wir den gesamten Balken frei: Aus den Gleichgewichtsbedingungen folgt: A + B = 0 ⇒ A = −B . Bl + M 1 = 0 ⇒ B = − M 1 / l , A = M 1 / l . Dann schneiden wir bei x frei: 1. x < a : A − Q( x) = 0 , M ( x) − Q( x) ⋅ x = 0 .

1

Aus der ersten Gleichung folgt: Q ( x) = A . M Aus der Zweiten folgt: M ( x) = Ax = 1 x . l 2. x > a : A − Q( x) = 0 −Q ( x ) ⋅ x + M ( x ) + M 1 = 0 Aus der Ersten folgt: Q( x) = A . Aus der Zweiten folgt: M M ( x) = Q( x) ⋅ x − M 1 = 1 x − M 1 . l

Form um: dM ( x) = Q( x)dx . Dann integrieren wir entweder bestimmt oder unbestimmt. (a) Bestimmte Integration: M (b)

b



dM ( x) = ∫ Q( x)dx .

M (a)

a

Wir berücksichtigen, dass M (b)



dM ( x) = M (b) − M (a ) . Somit ist

M (a) b

M (b) − M (a) = ∫ Q( x)dx . a

II. Ein bisschen Mathematik df ( x) f ( x + dx) − f ( x) = . 1. Ableitung: y ' = dx dx df tan θ = : dx Geometrische Interpretation: Ableitung zeigt die Steigung der Funktion im Punkt x. 2. Maxima und Minima: Im Maximum oder Minimum (kurz Extremum) ist df =0 dx 3. Bestimmtes Integral: Grenzwert der Summe lim ∑ f ( xi )∆xi ∆xi →0

b

= ∫ f ( x)dx a

nennt man bestimmtes Integral der Funktion f ( x) nach x. Geometrische Interpretation des Integrals: Flächeninhalt der Figur zwischen der Kurve f ( x) und der x − Achse von a bis b. 4. Wie löst man Differentialgleichungen? Gegeben seien zwei solche Funktionen M ( x) dM ( x) und Q( x) , dass = Q( x) gilt. dx Ist Q( x) bekannt und M ( x) zu bestimmen, so ist das eine Differentialgleichung. Zur Lösung schreiben wir sie zunächst in die folgenden

(Als Grenzen der Integration können auch Punkte innerhalb des Intervalls dienen). (b) unbestimmte Integration: ∫ dM ( x) = ∫ Q( x)dx + C , wobei C eine beliebige Konstante ist. Wir berücksichtigen, dass ∫ dM ( x) = M ( x) . Somit gilt: M ( x) = ∫ Q( x)dx + C .

III. Zusammenhang zwischen Belastung und Schnittgrößen Ein Balken sei durch eine Streckenlast q ( x) belastet. Wir schneiden einen infinetisimal kleinen Abschnitt des Balkens zwischen x und x + dx frei: Die Gleichgewichtbedingungen liefern: x: N ( x + dx) − N ( x) = 0 y:

Q ( x + dx) − Q( x) + q( x)dx = 0

M ( x + dx / 2) : dx dx − Q ( x) + M ( x + dx) − M ( x) = 0 2 2 Aus der ersten Gleichung folgt N ( x) = const . Die zweite kann in der Form Q ( x + dx) − Q ( x) = − q ( x) dx umgeschrieben werden. Das bedeutet: dQ ( x) = −q ( x) . (1) dx Die dritte Gleichung kann in der Form M ( x + dx) − M ( x) Q( x + dx) + Q( x) = dx 2 umgeschrieben werden. Das bedeutet: dM ( x) = Q( x) . (2) dx −Q ( x + dx)

(1,2) sind die Schnittgrößendifferentialgleichungen.

2

Mechanik I / Prof. Popov / Vorlesung 10. Differentialgleichungen für die Schnittlasten, Integration und Randbedingungen. Literatur: Hauger, Schnell und Groß. Technische Mechanik 1 (Statik), 7.2.2, 7.2.3, 7.2.4, 7.3.

I. Zusammenhang zwischen Belastung und Schnittgrößen Wird ein Balken durch eine Streckenlast q ( x) belastet, so gilt für die Querkraft Q ( x) und für das Biegemoment M ( x) : dQ( x) dM ( x) = −q ( x) , = Q( x) . (1) dx dx Indem man beide Gleichungen kombiniert, d 2 M ( x) = −q ( x) . erhält man (2) dx 2 Ist die Belastung q ( x) gegeben, so kann man durch Lösung der Differentialgleichungen (1) und (2) die Schnittgrößen berechnen. Integration von (1) ergibt: (3)

M ( x) = ∫ Q( x)dx + C2

(4)

Die zwei Integrationskonstanten C1 und C2 werden aus den Randbedingungen ermittelt.

III. Beispiele B1. Zu bestimmen sind die Schnittlasten im abgebildeten Balken. Lösung: Aus Gleichung (3) folgt: Q( x) = − ∫ q0 dx + C1 = − q0 x + C1 .

x2 + C1 x + C2 . 2

l2 + C1l + C2 = 0 2 Daraus folgt: q l2 C1 = q0l , C2 = − 0 . 2 Q( x) = − q0 x + C1 = − q0 x + q0l = q0 ( l − x ) M (l ) = −q0

x2 + C1 x + C2 2 q l2 q x2 = −q0 + q0lx − 0 = − 0 x 2 − 2lx + l 2 2 2 2 q 2 M ( x) = − 0 ( l − x ) . 2

(

)

B2. Zu bestimmen sind die Schnittlasten im unten abgebildeten Balken. Lösung: Da die Last dieselbe ist wie im vorigen Beispiel, sind auch die Differentialgleichungen und ihre Lösungen dieselben (5) und (6). Der einzige Unterschied lieg in den Randbedingungen: M (0) = 0 , M (l ) = 0 (wegen gelenkiger Lagerung). Einsetzen x = 0 und x = l in (6) ergibt: M (0) = C2 = 0 ,

M (l ) = −q0 (5)

Aus Gleichung (4) folgt: M ( x ) = ∫ Q ( x )dx + C2 = ∫ ( − q0 x + C1 ) dx + C2 = − q0

Q (l ) = − q0l + C1 = 0

M ( x) = −q0

II. Integration und Randbedingungen

Q( x) = − ∫ q ( x)dx + C1

Q(l ) = 0 , M (l ) = 0 . Einsetzen x = l in (5) und (6) ergibt:

(6)

Konstanten C1 und C2 bestimmen wir aus den Randbedingungen (in diesem Fall am rechten Ende):

l2 + C1l + C2 = 0 . 2

Aus der zweiten Gleichung folgt: C1 = q0

l . 2

Der Verlauf der Schnittlasten ist somit l l  Q( x) = − q0 x + q0 = q0  − x  , 2 2  2 x l M ( x) = −q0 + q0 x ⇒ 2 2 q M ( x) = 0 x ( − x + l ) . 2

1

Streckenlast. Zu bestimmen sind die Schnittgrößen.

B3. Zu bestimmen sind die Schnittlasten im unten abgebildeten Balken. Lösung: Da die Last dieselbe ist wie im ersten Bsp., sind auch die Differentialgleichungen und ihre Lösungen dieselben (5) und (6). Der Unterschied liegt in den Randbedingungen: Q (0) = 0 , M (l ) = 0 . Einsetzen von x = 0 in (5) und x = l in (6) ergibt: Q (0) = C1 = 0 und l2 l2 M (l ) = −q0 + C2 = 0 ⇒ C2 = q0 . 2 2 Der Verlauf der Schnittlasten ist somit Q ( x) = − q0 x + C1 = − q0 x , M ( x ) = −q0

Lösung: Die Streckenlast wird offenbar durch die Gleichung q ( x) = q0 x / l gegeben. Aus der Gleichung (3) folgt: Q( x) = − ∫ q ( x)dx + C1 = − ( q0 / l ) ∫ xdx + C1 x2 + C1 (5) 2l Aus der Gleichung (4) folgt:   x2 M ( x) = ∫ Q ( x)dx + C2 = ∫  −q0 + C1  dx + C2 2l   3 x M ( x) = − q0 + C1 x + C2 . (6) 6l Aus den Randbedingungen Q(0) = 0 , M (0) = 0 folgt: C1 = 0 , C2 = 0 . Der Verlauf der Schnittlasten: x2 x3 Q( x) = − q0 , M ( x) = −q0 . 2l 6l Q( x) = − q0

x2 l2 x 2 q0 2 + C2 = q0 − q0 = l − x2 . 2 2 2 2

(

)

IV. Schnittlasten und Lagerreaktionen Die Schnittlasten am linken Balkenende sind gleich den Lagerreaktionen: A = Q (0) , M ( A) = M (0) . Die Schnittlasten am rechten Balkenende sind gleich den Lagerreaktionen mit dem entgegensetzten Vorzeichen: B = −Q (l ) , M ( B ) = − M (l ) In den oben behandelten drei Aufgaben erhält man: q B1: A = Q (0) = C1 = q0l , M ( A) = − 0 l 2 . 2 l l B2: A = Q(0) = q0 , B = −Q(l ) = q0 . 2 2 q B3: M ( A) = M (0) = 0 l 2 , B = −Q(l ) = q0l . 2

B4. Der einseitig eingespannte Balken trägt eine von einem Ende zum anderen linear steigende

Lagerreaktionen: ql l2 B = −Q(l ) = 0 , M ( B ) = − M (l ) = q0 2 6 V. Bogen Der Kreisbogenträger wird durch eine Einzelkraft belastet. Gesucht sind die Schnittlasten. Lösung: Wir schneiden einen Teil des Bogens bis zum Winkel ϕ frei. Gleichgewichtsbedingungen: x: − N sin ϕ + Q cos ϕ + F = 0 y: N cos ϕ + Q sin ϕ = 0 M (ϕ ) : − M (ϕ ) + FR sin ϕ = 0 Daraus folgt: M (ϕ ) = FR sin ϕ , Q(ϕ ) = − F cos ϕ , N (ϕ ) = F sin ϕ .

B5. Erklären Sie, warum die Dachträger am Bahnhof Alexanderplatz in der Mitte dicker sind, als an den gelenkig gelagerten Enden (Bild links).

2

Mechanik I / Prof. Popov / Vorlesung 11 I. Seile und Ketten Neben starren Körpern werden als Lastaufnehmende Elemente oft auch Seile oder Ketten benutzt. Ein ideales Seil kann keinen Querkräften oder Biegemomenten widerstehen (Q=0, M=0). Die Schnittkräfte sind daher stets entlang der Biegelinie des Seils gerichtet. Ketten kann man als eine Reihe von starren Stäben betrachten, die mit einander gelenkig verbunden sind. Die auf die Kette wirkenden Kräfte verteilen wir auf die benachbarten Knoten. Wie in einem idealen Fachwerk, wirken dann alle Stabkräfte in der Kette in der Richtung der Stabachse. Trägt ein Seil vernachlässigbaren Gewichts mehrere Einzelkräfte, nimmt es die Form mehrerer geradliniger Stücke an. II. Seil unter Wirkung einer Streckenlast Greifen am Seil mehrere parallel gerichtete Kräfte, kann man es annähernd als kontinuierlich mit einer Streckenlast q ( x) = dF / dx belastet ansehen. Betrachten wir ein infinitesimal kleines Element des Seils zwischen x und x + dx . Die Spannkraft des Seils am rechten Ende des Elements bezeichnen wir mit S ( x + dx) , am linken Ende S ( x) . Beide sind tangential zur Hängelinie des Seils gerichtet. Kräftegleichgewicht: x: H ( x + dx) − H ( x) = 0 , y: V ( x + dx) − V ( x) − q ( x)dx = 0 . Aus der ersten Gleichung folgt H ( x) = konst , die wir als H bezeichnen: H ( x) = H . Die zweite Gleichung ergibt V ( x + dx) − V ( x) = q ( x) oder dx

Seile und Ketten dV ( x) = q( x) . (1) dx Das Momentengleichgewicht haben wir bereits früher benutzt. Aus ihm folgt, daß die Seilkräfte in der Seilrichtung wirken oder maV ( x) dy = tan ϕ = . thematisch ausgedrückt: H ( x) dx dy dy Daraus folgt V ( x) = H ( x) =H . (2) dx dx Indem wir die Gleichung (2) in (1) einsetzen, d2y erhalten wir H 2 = q ( x) oder dx 2 d y q( x) q( x) = oder auch y′′ = . (3) 2 dx H H Berechnen wir die Form des Seils bei einer konstanten Streckenlast q ( x) = q0 , wie es annähernd bei einer Hängebrücke der Fall ist, d 2 y q0 = . Die erste Integration ergibt gilt: dx 2 H q q dy = ∫ 0 dx + C1 = 0 x + C1 . dx H H Die zweite Integration ergibt q  y = ∫  0 x + C1 dx + C2 H  q = ∫ 0 xdx + ∫ C1dx + C2 . H q x2 (4) = 0 + C1 x + C2 H 2 Die Konstanten C1 und C2 werden aus zusätzlichen geometrischen und anderen Bedingungen bestimmt.

B1. Gegeben seien die Länge der Hängebrücke L und der Durchhang h. Zu bestimmen ist die Form des Seils und die maximale x Seilkraft. 0 Lösung: Zählen wir die Koordinate x von der Mitte der Brücke und y vom tiefsten Durchhangpunkt. Dann gilt: y (0) = 0 , y (− L / 2) = h und y ( L / 2) = h . Einsetzen x = 0 in (4) ergibt C2 = 0 . Einsetzen x = ± L / 2 in (4) ergibt q0 L2 L − C1 = h , H 8 2 2 q L L y ( L / 2) = 0 + C1 = h . H 8 2 y (− L / 2) =

q0 L2 . Die Form H 8 4hx 2 des Seils berechnet sich somit zu y = 2 . L Horizontale Komponente der Seilkraft ist q L2 konstant und gleich H = 0 . Die Seilkraft h 8 berechnen wir gemäß Daraus folgt C1 = 0 und h =

2

q0 L2  8hx  1 +  2  . Sie erh 8  L  reicht ein Maximum in den Punkten S = H 1 + y ′2 =

x = ±L / 2 :

S max =

2

q0 L  4h  1+   . h 8  L  2

III. Seil unter Eigengewicht Gegeben sei ein Seil mit konstanter linearer Massendichte dm / dl = λ . Schneiden wir ein infinitesimal kleines Element des Seils zwischen den Koordinaten x und x + dx frei. Auf dieses Element wirkt die Schwerekraft dF = dm ⋅ g = λ dl ⋅ g ≡ q0 dl , wobei wir die Bezeichnung q0 = λ g eingeführt haben. Bezogen auf das Intervall dx ergibt das die Streckenlast q ( x) , die auf das Seil wirkt: dF dl q( x) = = q0 . dx dx Nach dem Pythagoras-Satz gilt 2

 dy  dl = dx + dy = dx 1 +   .  dx  Für die Streckenlast erhalten wir somit 2

2

2

 dy  q ( x) = q0 1 +   .  dx  Einsetzen in Gleichung (3) ergibt 2

d 2 y q0  dy  = 1+   . 2 dx H  dx 

(5)

Die Form des Seils ergibt sich aus der Lösung dieser nicht linearen Differentialgleichung mit gegebenen geometrischen Randbedingungen.

IV. Ein bißchen Mathematik: Exponentialfunktion und hyperbolische Funktionen Sinus Hyperbolicus und Kosinus Hyperbolicus werden definiert als

sinh x =

e x − e− x e x + e− x , cosh x = . 2 2 Ihre geometrische Darstellung sehen Sie im nebenstehenden Bild. Die so definierten Funktionen haben folgende Eigenschaften: ( sinh x )′ = cosh x ,

( cosh x )′ = sinh x , cosh 2 x − sinh 2 x = 1 . Warum heißen diese Funktionen Sinus und Kosinus und warum Hyperbolicus? Hyperbolicus: Die normalen Sinus und Kosinus-Funktionen werden auch Kreisfunktionen genannt. Die Gleichungen x = cos ϕ , y = sin ϕ definieren in parametrischer Form einen Kreis mit dem Radius r = 1 . Das sieht man daran, daß x 2 + y 2 = sin 2 ϕ + cos 2 ϕ = 1 eine Kreisgleichung darstellt. Die Gleichungen x = cosh ϕ , y = sinh ϕ definieren in parametrischer Form eine Hyperbel. Das sieht man daran, daß x 2 − y 2 = 1 eine Hyperbelgleichung darstellt. Daher stammt der Name Hyperbolicus. Sinus und Kosinus: Die sogenannte Eulersche Formel für imaginäre Exponente lautet: eiϕ = cos ϕ + i sin ϕ , wobei i = −1 die imaginäre Einheit ist. Daraus folgt e− iϕ = cos ϕ − i sin ϕ . Summieren beider Gleieiϕ + e − iϕ chungen ergibt cos ϕ = = cosh ( iϕ ) , 2 eiϕ − e − iϕ i sin ϕ = = sinh ( iϕ ) . 2 Umgekehrt gilt cos iϕ = cosh ϕ und

sin iϕ = i sinh (ϕ ) . Dieser Zusammenhang von hyperbolischen und Kreisfunktionen erklärt die Namen Sinus und Kosinus in beiden Fällen. Auf dem nebenstehenden Bild können Sie den Verlauf einer Parabel und einer Kosinus Hyperbolicus-Kurve vergleichen.

Mechanik I / Prof. Popov / Vorlesung 12 Seile und Ketten - Fortsetzung, Schnittgrößen bei Bogen, Fachwerkoptimierung hängt werden, daß der Durchhang f = 60m I. Seil unter Eigengewicht beträgt. Wie groß In der vorigen y sind die maximale x Vorlesung haben Seilkraft und die wir festgestellt, Seillänge L ? daß die Form Lösung: Wir legen y = y ( x) eines das Koordinatenfreihängenden system so, daß der Koordinatenursprung mit homogenen Seils dem tiefsten Punkt des Seils zusammenfällt. (oder einer Kette) Dann gilt: y (0) = 0 und y′(0) = 0 : der folgenden Differentialgleichung genügt dy (Kettengleichung): = sinh C1 = 0 ⇒ C1 = 0 2 dx 2 q d y q0 2  dy  = 1 +   oder y′′ = 0 1 + ( y′ ) . H H 2 y = cosh 0 + C2 = 0 ⇒ C2 = − . dx H H  dx  q0 q0 Bezeichnen wir y′ = u , dann gilt y′′ = u ′ und Die Form des Kabels ist dann die Kettengleichung nimmt die Form H q  H H  q   q du q0 2 y = cosh  0 x  − =  cosh  0 x  − 1 . u ′ = 0 1 + ( u ) oder = 1 + u 2 an. q0  H  q0 q0  H   H dx H Die unbekannte Konstante H folgt aus der Trennung der Variablen ergibt Forderung y (l / 2) = f : q du = 0 dx . H  q0l   1+ u2 H  cosh   − 1 = f oder q0   2H   Diese Gleichung kann nun integriert werden: q q du ql  q l 2f . (2) cosh  0  − 1 =  0  ∫ 1 + u 2 = ∫ H0 dx + C1 = H0 x + C1 .  2H   2H  l Das Integral auf der linken Seite berechnen  q0l  Indem wir einen neuen Parameter z =   u = sinh ϕ  2H  wir mit der Substitution : du = cosh ϕ ⋅ dϕ einführen, erhalten wir 2f du cosh ϕ ⋅ dϕ cosh ϕ ⋅ dϕ z . Mit cosh z − 1 = ∫ 1 + u 2 = ∫ 1 + sinh 2 ϕ = ∫ cosh ϕ = ϕ l f / l = 60 / 300 = 2 / 5 Somit erhalten wir 4 q q  folgt cosh z − 1 = z . ϕ = 0 x + C1 ⇒ u = sinh  0 x + C1  . 5 H H  Numerische oder graphiDiese Gleichung schreiben wir in der Form sche Lösung dieser Gleichung ergibt: dy  q0   q0 ⇒ q0l dy = sinh  x + C1  dx = sinh  x + C1  z * = 0, 762 ⇒ = 0, 762 ⇒ H dx H     2H Integration ergibt q0l 120 ⋅ 300 H= = = 23, 6 ⋅103 N = 23, 6kN .  q0  2 ⋅ 0, 762 2 ⋅ 0, 762 ∫ dy = ∫ sinh  H x + C1  dx + C2 oder Die Seilkraft errechnet sich zu S = H 1 + y′2 . q H   y = cosh  0 x + C1  + C2 Sie nimmt den maximalen Wert bei x = ±l / 2 q0 H  q l  q l  Die Form eines frei hängenden Seils oder eian: S = H 1 + sinh 2  0  = H cosh  0  .  H 2 H 2 ner frei hängenden Kette wird durch einen Kosinus Hyperbolicus beschrieben (Kettenliq f q l  Aus (2) folgt, daß cosh  0  = 1 + 0 ist. nie). H  H 2 Für die Seilkraft ergibt sich B1. Ein Kabel ( q0 = 120 N / m ) soll zwischen q l  S = H cosh  0  = H + q0 f = 30,8kN . zwei Masten im Abstand l = 300m so aufgeH 2

Die Länge des Kabels berechnet sich zu l/2 l /2 q  2 ′ L = 2 ∫ 1 + y ( x) dx = 2 ∫ cosh  0 x dx = H  0 0 2H q = sinh  0 q0 H =

l/2

2H  ql x = sinh  0 q0 0  2H

 = 

2 ⋅ 23, 6 ⋅103 sinh ( 0, 762 ) ≈ 330m 150

II. Momentenfreie Bögen Ein Seil kann keinen Biegemomenten widerstehen. Seine Gleichgewichtsform gibt daher die Form eines momentenfreien Bogens, welcher auf Zug beansprucht ist, an . In der vorix gen Vorlesung 0 haben wir die 4hx 2 Form eines Brückenseils zu y = 2 berechL net. Sie hängt nicht von der Größe der Streckenlast q0 ab! Bei einer beliebigen homogenen Änderung der Streckenlast ( q0 = konst ) behält das Seil die gleiche Form und bleibt momentenfrei. Das gilt auch für negative q0 . In diesem Fall haben wir es mit einem momentenfreien Bogen zu tun, welcher auf Druck beansprucht ist. In der Baustatik nennt man diese Form Stützlinie. III. Schnittgrößen bei Bögen Gegeben sei ein gebogener Balken (Bogen), dessen Form durch die Funktion y = y ( x) gegeben ist. Auf ihn wirke in der vertikalen Richtung Streckenlast q ( x) . Zu bestimmen ist der Verlauf des Biegemomentes Im Bogen. Lösung: Wir schneiden ein infinitesimal kleines Element des Bogens frei. Aus dem Kräftegleichgewicht in horizontaler Richtung folgt H ( x + dx) = H ( x) ⇒ H ( x) = konst = H . (1)

Gleichgewicht in der vertikalen Richtung ergibt V ( x + dx) − V ( x) − q ( x)dx = 0 . Daraus dV ( x) = q( x) . folgt (2) dx Das Momentengleichgewicht lautet M ( x + dx) − M ( x) − Hdy + Vdx = 0 oder dM ( x) dy = −V ( x) + H . (3) dx dx Integration der Gleichung (2) und Einsetzen in (3) ergibt V ( x) = ∫ q ( x)dx + C1

dM ( x) dy = − ∫ q ( x)dx + H − C1 . (4) dx dx Eine zweite Integration liefert dann M ( x) = − ∫ dx ∫ q ( x)dx + Hy ( x) − C1 x + C2 .

B1. Die Form des Trägers sei y = R 2 − x 2 , die Streckenlast sei konstant mit q ( x) = q0 . An den Rändern sei er gelenkig gelagert. Lösung: Integration von (4) ergibt q0 x 2 M ( x) = − + Hy ( x) − C1 x + C2 . Falls wir 2 den Koordinatenursprung in der Mitte des Trägers wählen, wird C1 = 0 . Aus der Randbedingung M ( R ) = 0 ergibt sich C2 = q0 R 2 / 2 . Der Momentenverlauf lautet M ( x) = q0 ( R 2 − x 2 ) / 2 + H R 2 − x 2 . III. Fachwerkoptimierung Eine Brücke ist so zu optimieren, daß sie das minimale Eigengewicht hat. Lösung: Indem wir die Knoten verschieben, ändern wir die Länge der Stäbe. Außerdem kann der Querschnitt geändert werden. Nehmen wir an, alle Stäbe haben einen runden Querschnitt. Dann haben wir für das skizzierte Fachwerk 20 Knotenkoordinaten und 27 Radien als frei wählbare Parameter. Bei jeder Wahl bekommen wir einen Satz von Stabkräften. Die Zugkräfte müssen die Bedingung F < π a 2σ pl und die Druckkräfte die Bedingung F < π 2 Ea 4 / l 2 erfüllen. Das Gesamtgewicht des Fachwerkes M = ρ ∑ liπ a 2 ist zu minimieren. Mögliche optimierte Formen: (Mehr in der Veranstaltung "Numerische Simulationsmethoden". Jedes WS, 4SWS, Kürschner).

Mechanik I / Prof. Popov / Vorlesung 13. Zug und Druck in Stäben, Hookesches Gesetz

Teil 2: Elastostatik

Literatur: Hauger, Schnell und Groß. Technische Mechanik 2 (Elastostatik), 1.1-1.3.

I. Das Hookesche Gesetz Ziehen wir an den Enden eines Stabes mit einer Kraft F, so nimmt die Länge um einen Betrag ∆l zu. Wir werden annehmen, daß die Längenänderung ein kleiner Bruchteil der ursprünglichen Länge ist. Für eine große Anzahl von Materialien zeigen die Experimente, dass bei genügend kleinen Dehnungen die Kraft proportional zur Verlängerung ist: F ∝ ∆l . Diese Relation ist als Hookesches Gesetz bekannt. Solche Stoffe werden linear elastisch genannt. II. Dehnung Die Verlängerung ∆l des Stabes hängt auch von seiner Länge ab. Um eine Größe zu erhalten, die für das Material und nicht für seine Form charakteristisch ist, verwenden wir das Verhältnis ∆l / l zwischen der Verlängerung und der ursprünglichen Länge. Dieses Verhältnis heißt Dehnung: ε = ∆l / l . (Einheit: Dimensionslos) Die Dehnung ist proportional zur Kraft, aber unabhängig von l: F ∝ ε . III. Spannung Bei der gegebenen Dehnung wirkt in jedem Querschnitt des Stabes eine Normalkraft N . Sie hängt u.a. vom Flächeninhalt A des Querschnitts des Stabes ab. Die Kraft für eine vorgegebene Verlängerung muss proportional zur Querschnittsfläche A des Stabes sein. Die "Beanspruchungsintensität" wird somit nicht durch die Kraft, sondern durch das Verhältnis der Kraft zur Fläche (Spannung) charakterisiert: Spannung: σ = N / A (Einheit: N/m2=Pascal=[Pa]) Die Spannung hat dieselbe Einheit wie Druck. Zur Orientierung: Atmosphärischer 5 Druck= 10 Pa , Fließgrenze von Stählen: σ fließ = 200 ÷ 1000 MPa , für temperiertes Kupfer ist dagegen ca. σ fließ ≈ 1 MPa.

IV. Elastizitätsmodul Der Zusammenhang zwischen der Dehnung und der Spannung

hängt weder von der Länge noch vom Querschnitt des Stabes, sondern nur vom Material ab. Er wird durch die lineare Gleichung σ = Eε (Hookesches Gesetz) charakterisiert. E ist der Elastizitätsmodul. (Einheit: N/m2=Pascal)

Merken Sie sich den Elastizitätsmodul von Stahl: EStahl ≈ 210 GPa = 2,1 ⋅1011 Pa.

V. Poisson-Zahl (Querkontraktionszahl) Betrachten wir einen rechteckigen Block aus einem Material mit der Länge l, der Breite w und der Höhe h. Wird der Block in einer Richtung gedehnt, so zieht er sich rechtwinklig zur Kraft zusammen. Die Kontraktion in der Breite ist proportional zur Breite w und zur Dehnung ∆l / l . Die Querkontraktion erfolgt sowohl für die Breite als auch für die Höhe in derselben Proportion und wird gewöhnlich geschrieben als ∆w ∆h ∆l = = −ν w h l Die Konstante

ν ist Poissonsche Zahl oder auch Querkontraktionszahl. (Einheit: Dimensionslos) Merken Sie sich, daß bei den meisten Metallen die Poisson-Zahl ungefähr gleich 1/3 ist (ν = 0.3 − 0.36 ). Bei einer Deformation ohne Volumenänderung ist ν = 1/ 2 . Für Gummi gilt ν ≈ 1/ 2 .

VI. Wärmeausdehnungskoeffizient. Dehnungen werden nicht nur durch Kräfte, sondern auch durch Temperaturänderungen hervorgerufen. Bei einer kleinen Temperaturänderung ∆T kann man annehmen, dass die Wärmedehnung ε T proportional zu ∆T ist: ε T = α T ∆T .

αT ist Wärmeausdehnungskoeffizient. (Einheit: 1/K bzw. 1/ °C ). [K=Kelvin=1°C]

1

Der Wärmeausdehnungskoeffizient bei Stählen liegt bei α T ≈ 1, 2 ⋅10−5 1/°C. Wird eine Spannung σ angelegt und gleichzeitig Temperatur um ∆T geändert, so werden beide Dehnungen addiert (Superpositionsprinzip): ε =

σ

E

+ α T ∆T .

VII. Dehnsteifigkeit Schreiben wir das Hookesche Gesetz in der Form F ∆l =E . A l Daraus folgt, daß die Kraft proportional zur Längenänderung ist:  EA  F =  ∆l = c ⋅ ∆l  l  Die Konstante c nennt man die Steifigkeit des Stabes: c = EA / l . Das Produkt EA wird als Dehnsteifigkeit bezeichnet. B1. Eine stählerne Stange (Länge l = 1 m, Querschnitt A = 1cm 2 ) wird zwischen zwei starren Wänden geklemmt und um 100°C erwärmt. Zu bestimmen ist die Druckspannung und die Druckkraft in der Stange. Lösung: Bezeichnen wir die in der Stange wirkende Spannung als σ . Die Dehnung unter der Wirkung dieser Spannung und der Temperaturänderung ist gleich

ε=

σ

+ α T ∆T . E Da die Stange sich nicht dehnen kann, ist

σ

+ α T ∆T = 0 . E Daraus folgt σ = − EαT ∆T .

ε =0:

Mit E = 2,1 ⋅1011 Pa und αT ≈ 1, 2 ⋅10−5 1/K erhalten wir σ = −2,1⋅1011 Pa⋅1, 2 ⋅10−5 K −1 ⋅100 K

= −2,5 ⋅108 Pa = −250 MPa Das negative Vorzeichen zeigt, dass es sich um eine Druckspannung handelt. Die Normalkraft ist gleich N = σ A = −250 MPa⋅10−4 m 2 = −2,5 ⋅104 N = −25kN B2. An einem Draht (Länge 1m, Querschnitt 1mm 2 ) hängt ein Gewicht 100kg. Wie groß ist

die Dehnung des Drahtes? Kann der Draht diese Last aushalten? Lösung: Wir benutzen das Hookesche Gesetz  EA  in der Form F =   ∆l . Daraus folgt  l  Fl mgl 100 ⋅ 9,8 ⋅1 ∆l = = = EA EA 2,1 ⋅1011 ⋅1 ⋅10−6

= 4, 7 ⋅10−3 m = 4, 7 mm Die Spannung ist F mg 100 ⋅ 9,8 σ= = = = 980 MPa . A A 10−6 Nur hochfeste Stähle können solche Spannung aushalten. Normalerweise wird sich der Draht plastisch deformieren und reißen.

VIII. Ein Stab mit einem veränderlichen Querschnitt Alle oben gegebene Definitionen sind nur im Fall eines langen, homogenen Stabes gültig. Man kann sie aber auch dann als eine gute Näherung benutzen, wenn der Querschnitt des Stabes nur schwach veränderlich ist. In diesem Fall kann man die Normalspannung im Querschnitt mittels der Formel N ( x) σ ( x) = A( x) bestimmen. B3. Ein konischer Stab (Länge l) mit kreisförmigem Querschnitt (Endradien r0 und 2r0 ) wird durch eine Druckkraft F belastet. Zu bestimmen ist die Normalspannung σ ( x) im beliebigen Querschnitt. Lösung: Der Radius als Funktion der Längskoordinate x ist r ( x) = r0 (1 + x / l ) . Die Querschnittsfläche ist A( x) = π r 2 ( x) . Die Normalkraft ist N = − F . Die Normalspannung ist: N F σ ( x) = =− 2 . 2 A( x) π r0 (1 + x / l )

IX. Nicht gleichmäßig deformierter Stab. Einen nicht gleichmäßig deformierten Stab kann man durch die Verschiebung u ( x) des Punktes mit der Anfangskoordinate x charakterisieren. Es gilt: ε =

du ( x) . dx

2

Mechanik I / Prof. Popov / Vorlesung 14. I. Roberval-Waage (erfunden vom französischen Mathematiker Roberval (1602-1675)) Diese Waage bleibt im Gleichgewicht, wenn man gleich große Gewichte auf der einer oder der anderen Seite beliebig auf den Auslegern nach innen oder außen verschiebt. Der Trick besteht in der Art der Befestigung von den Auslegern, die immer horizontal bleiben. Das bedeutet, daß die Wirkung eines Kraftmomentes (Kräftepaars) an einem Ausleger keine Änderung des Gleichgewichts hervorruft. Andererseits kann man mit Hilfe des Momentes eine Kraft parallel zu ihrer Wirkungslinie verschieben, was mit der nebenstehenden Skizze illustriert wird. II. "Tricks" Beim Lösen von mechanischen Aufgaben ist es oft hilfsreich, sich die folgenden "Tricks" zu merken. ☺ Trick Nr. 1: "System als Ganzes". Gegeben sei das folgende System und zu bestimmen die Stabkraft S1 . Ein reguläres Verfahren, wie etwa Knotenpunktverfahren führt hier zu keinem Erfolg: Das System ist statisch unbestimmt und es ist daher nicht möglich, alle Stabkräfte alleine aus den Gleichgewichtsbedingungen zu ermitteln. Selbst wenn das möglich wäre, wäre das ein unnötig großer Aufwand. In diesem Fall kann man aber leicht bemerken, daß das Fachwerk an sich ein starrer Körper ist (es ist dabei absolut egal, ob es statisch bestimmt oder unbes-

Verschiedenes aus Statik timmt ist), welches durch drei Pendelstäbe, d.h. statisch bestimmt, gestützt ist. Ein Freischnitt des Fachwerkes als Ganzes erlaubt, alle drei Stabkräfte aus den drei Gleichgewichtsbedingungen zu ermitteln, ohne etwas von den inneren Stabkräften im Fachwerk zu wissen. ☺ Trick Nr. 2: "Ganze Teile" Das folgende System soll um ein Lager in A ergänzt werden, so daß das System statisch bestimmt gelagert ist. Lösung: Offenbar besteht das Fachwerk aus zwei Teilen: Den linke Teil kann man als einen Teil der starren wand betrachten. Der rechte teil ist ein starrer Körper, der and die "Wand" zweiwertig gekoppelt ist. Zur statisch bestimmten Lagerung muß der rechte teil daher in A mit einem einwertigen Lager gelagert werden, z.B. mit einem Pendelstab. III. Wichtige Unterscheidung: Ideales Fachwerk oder nicht? Bei Stabwerken macht man sehr oft den Fehler, daß man die Methoden, die für "ideale Fachwerke" entwickelt wurden, auch für Stabwerke anwendet, die keine idealen Fachwerke sind. Das wichtigste Merkmal eines idealen Fachwerkes ist, daß es aus Stäben besteht, auf welche nur Kräfte an deren Enden wirken, wo sie gelenkig verbunden sind. Im Verlauf des Stabes darf keine Kraft wirken, insbesondere: (a) keine Schwerkraft, (b) keine eingeprägten Kräfte, (c) keine Reaktionskräfte (d.h. es darf auch keine Verbindungen mit anderen Elementen innerhalb des Stabes geben). Nur unter diesen Voraussetzungen sind die Stabkräfte entlang der Stabachse gerichtet. Sind diese Bedingungen nicht erfüllt, so kann die Stabkraft eine beliebige Richtung haben. Beispiel: Wie bestimmt man am besten die Stabkräfte im nebenstehend gezeigten Stabwerk - mit Knotenschnitt oder Ritterschnitt? Lösung: Keines von beiden, denn die genannten Methoden werden an ideale Fachwerke angewandt. Das vorliegende System ist aber kein ideales Fachwerk, z.B. weil zwei der Stäbe Gelenke innerhalb ihrer Länge haben. In diesem Fall müssen alle

1

Stäbe freigeschnitten werden und die Gleichgewichtesbedingungen unter Berücksichtigung von allen Reaktionskräften aufgestellt werden. IV. Übergangsbedingungen Bei Integration von Schnittlastendifferentialgleichungen werden zur Bestimmung von Integrationskonstanten Randbedingungen benutzt. Liegt ein zusammengesetztes System vor (z.B. bestehend aus mehreren Stäben), so müssen auch die Randbedingungen an den Übergängen von einem Teilsystem zum anderen berücksichtigt werden. Diese Bedingungen nennt man Übergangsbedingungen. Da wir diese in den vorigen Vorlesungen nicht besprochen haben, hier eine kurze Darstellung von typischen Übergangsbedingungen. Im Verbindungspunkt gelten folgende Zusammenhänge: M ( I ) = M ( II ) = 0 N ( I ) = N ( II ) = 0 Q ( I ) = Q ( II ) = 0 Q ( II ) = Q ( I ) − F M ( II ) = M ( I ) − M

VI. Strukturen verstehen Man kann ein qualitatives Verständnis von Strukturen entwickeln, welches erlaubt, sie schnell und verläßlich zu berechnen oder zu entwickeln. Beispiel 1: Schlankes Fachwerk

Ein erster vertikaler Schnitt durch drei beliebige Stäbe und das Kräftegleichgewicht in vertikaler Richtung ergibt: S2 = 2 F . Das gilt offenbar für alle schrägen Stäbe des Fachwerkes. Ein zweiter vertikaler Schnitt durch einen Knoten und Anwendung des Momentengleichgewichtes x bezüglich des Knotens ergibt S1 = F . Bei d einem schlangen Fachwerk gilt für den größten Teil des Fachwerkes x >> d , somit ist die Zugkraft in der oberen Reihe von horizontalen

Stäben viel größer, als die Stabkräfte in den schräg gelagerten Stäben. Dasselbe gilt für die untere Reihe von horizontalen Stäben, nur sind sie auf Druck beansprucht. Das bedeutet, daß in einem schlanken Fachwerk am stärksten die horizontal gerichteten Stäbe belastet sind. Sie geben auch den größten Beitrag zum Schnittmoment, das in jedem "Knotenschnitt" einfach gleich der Stabkraft mal die Dicke des Fachwerkes ist.

Verlauf des Momentes und Form des Trägers: Soll man ein Fachwerk aus Stäben gleicher Stärke aufbauen, so bedeutet das, daß die längs laufenden Stabkräfte alle in etwa gleich sein sollen. Die Dicke des Fachwerkes soll daher proportional zum Schnittmoment sein. Im oben gezeigten Beispiel eines Tragwerkes, welches eine konzentrierte Kraft an seinem Ende tragen soll, sollte die Dicke des Fachwerkes proportional zum Abstand von dem Angriffspunkt der Kraft sein. Es ist leicht zu sehen, daß in diesem Fall alle schrägen Verbindungsstäbe sogar Nullstäbe sind und nur für Stabilität des Trägers sorgen, während alle Stabkräfte in der oberen und unteren Stabreihe jeweils gleich sind. Verlauf des Momentes in Bögen eines Dreigelenkbogens: Zu bestimmen ist die optimale Form (Breite) von Bögen eines Dreigelenkbogens. Lösung: Ein Schnitt in der Nähe des Gelenkes zeigt, daß die Schnittkraft in Richtung des zweiten (unteren) Gelenkes gerichtet ist. Ein weiterer Schnitt an einer beliebigen Stelle des Bogens führt zum Momentengleichgewicht: M = − Sh . Das Moment ist somit einfach Proportional zur Höhe des Bogens von der Verbindungslinie zwischen beiden Lagern. Nach unseren vorherigen heuristischen Überlegungen muß die Dicke des Trägers (konzipiert als Fachwerk) auch proportional zu dieser Höhe sein.

2

Mechanik I / Prof. Popov / Vorlesung 15. Statisch bestimmte und statisch unbestimmte elastische Stabsysteme

Teil 2: Elastostatik

Literatur: Hauger, Schnell und Groß. Technische Mechanik 2 (Elastostatik), 1.5,1.6.

I. Hilfsaufgabe

Ein elastischer Stab sei an einem Ende in einem Festlager befestigt. Das andere Ende wird aus der Anfangslage um den  Vektor u verschoben. Wie ändert sich die Länge des Stabes?

Lösung: Wenn die Verschiebung klein ist, so verursacht nur die Komponente der Verschiebung in der Stabrichtung eine Längenänderung: ∆l = u . Wenn wir einen  Einheitsvektor en in der Stabrichtung einführen, kann man auch schreiben   ∆l = u ⋅ en II. Statisch bestimmtes Stabwerk 1 Zwei Stäbe mit der gleichen Dehnsteifigkeit EA sind gelenkig gelagert und mit einander verbunden, wie im Bild gezeigt. Gesucht ist die Verschiebung des Knotens C. Bezeichnen wir die Verschiebung des Knotens mit  u = (u x , u y ) und bestimmen die Einheitsvektoren in der Richtung des ersten und des zweiten Stabes:   en1 = (1,0) , en 2 = (cos α , − sin α ) . Die Längenänderungen der beiden Stäbe sind   dann ∆l1 = u ⋅ en1 = (u x , u y ) ⋅ (1,0) = u x ,   ∆l2 = u ⋅ en 2 = (ux , u y ) ⋅ (cos α , − sin α ) (1) = ux cos α − u y sin α Die Stabkräfte sind somit EA EA (2) S1 = ∆l1 , S 2 = ∆l2 . l1 l2 Die Gleichgewichtsbedingungen lassen sich in der folgenden Form schreiben: x: − S2 cosα − S1 = 0 , y: S2 sin α − F = 0 . Einsetzen von (2) liefert EA EA − ∆l2 cos α − ∆l1 = 0 , l2 l1 EA ∆l2 sin α − F = 0 . l2

Einsetzen von (1) und Berücksichtigung, dass l2 = l1 / cos α , führt zum Gleichungssystem EA EA − cos α ( u x cos α − u y sin α ) cos α − ux = 0 l1 l1 EA cos α ( u x cos α − u y sin α ) sin α − F = 0 l1 oder u x (1 + cos 3 α ) − u y sin α cos 2 α = 0 u x sin α cos 2 α − u y sin 2 α cos α =

Fl1 EA

Daraus folgt Fl 1 ux = − 1 EA tan α Fl cos α 1 + cos3 α Fl1 1 + cos3 α uy = − 1 = − EA sin α sin α cos 2 α EA sin 2 α cos α

III. Statisch bestimmtes Stabwerk 2 Ein Fachwerk, das aus drei Stahlstäben besteht, wird durch die Kraft F = 20 kN belastet. Wie groß müssen die Querschnittsflächen mindestens sein, wenn die Spannungen nicht größer als σ zul = 150 MPa und die Verschiebung des Lagers B kleiner als 0, 05% der Länge des Stabes 3 sein sollen? Lösung: Da das Stabwerk statisch bestimmt ist, kann man die Stabkräfte direkt aus den Gleichgewichtsbedingungen bestimmen. 2 S1 = S 2 = − F, 2 F S3 = . 2 Damit die zulässige Spannung nicht überschritten wird, muss gelten: σ1 =

S1 A1

≤ σ zul , σ 2 =

S2 A2

≤ σ zul , σ 3 =

S3 A3

≤ σ zul

Daraus folgt für die mindestens erforderlichen Querschnittsflächen S 0, 707 ⋅ 20 ⋅103 2 A1 = A2 = 1 = [m ] = 94, 3mm 2 σ zul 150 ⋅106 S 0,5 ⋅ 20 ⋅103 2 A3 = 3 = [m ] = 66, 7 mm 2 . 6 σ zul 150 ⋅10 Aus dem Hookeschen Gesetz für Stab 3folgt:

1

S3 ∆l =E 3 A3 l3 A3 =

S3

E ( ∆l3 / l3 )

und ≥

wir

erhalten

0, 5 ⋅ 20 ⋅103 [m 2 ] 2,1 ⋅10110, 5 ⋅10−3

= 9, 5 ⋅10−5 [m 2 ] = 95 mm 2

IV. Statisch unbestimmtes Stabwerk 1 Gegeben sind die Steifigkeiten c der Stäbe. Zu berechnen ist die Verschiebung des Knotens. Wir führen den Verschiebungsvektor und die Einheitsvektoren ein:  u = (ux , u y ) ,   e1 = (0, −1) , e2 = (−1, 0) ,   e3 = (0,1) , e4 = (1, 0) . Die Längenänderungen sind   ∆l1 = u ⋅ e1 = ( u x , u y ) ⋅ (0, −1) = −u y   ∆l2 = u ⋅ e2 = ( u x , u y ) ⋅ (−1, 0) = −u x   ∆l3 = u ⋅ e3 = ( u x , u y ) ⋅ (0,1) = u y   ∆l4 = u ⋅ e4 = ( u x , u y ) ⋅ (1, 0) = u x

 e1 = (cos α , − sin α )  e2 = (1, 0)  e3 = (cos α ,sin α )   ∆l1 = u ⋅ e1 = ( u x , u y ) ⋅ (cos α , − sin α ) = u x cos α − u y sin α   ∆l2 = u ⋅ e2 = ( u x , u y ) ⋅ (1, 0) = u x   ∆l3 = u ⋅ e3 = ( u x , u y ) ⋅ (cos α ,sin α ) = u x cos α + u y sin α

S1 = c1∆l1 = c1 ( u x cos α − u y sin α ) S 2 = c2 ∆l2 = c2u x

S3 = c3∆l3 = c3 ( u x cos α + u y sin α ) Kräftegleichgewicht: x: − S1 cos α − S 2 − S3 cos α = 0 y: S1 sin α − S3 sin α − F = 0

−c1 ( u x cos α − u y sin α ) cos α − c2u x −c3 ( u x cos α + u y sin α ) cos α = 0 c1 ( u x cos α − u y sin α ) sin α

Für die Stabkräfte ergibt sich S1 = c∆l1 = −cu y

−c3 ( u x cos α + u y sin α ) sin α − F = 0

S 2 = c∆l2 = −cu x

VI. Statisch bestimmtes Stabwerk 3

S3 = c∆l3 = cu y

Zu bestimmen sind die Verschiebungen beider Knoten

S 4 = c∆l4 = cu x Kräftegleichgex: S 2 − S 4 + F cos α = 0

l

wicht:

y: S1 − S3 + F sin α = 0 −cu x − cu x + F cos α = 0 ⇒ 2cu x = F cos α −cu y − cu y + F sin α = 0 ⇒ 2cu y = F sin α

F F cos α = x 2c 2c F F y u y = sin α = 2c 2c

ux =

  F u= 2c

V. Statisch unbestimmtes Stabwerk 2 Gegeben: l, EA, F. Gesucht: 1. Stabkräfte 2. Verschiebungen Bei F=0 sind alle Stäbe entspannt.

VII. Statisch unbestimmtes Stabwerk mit Wärmespannungen α ( Stahl ) = 1, 2 ⋅10−51/K

α (Cu ) = 1, 7 ⋅10−51/K ∆T = 100 K . Zu bestimmen sind die thermischen Spannungen.

2

Mechanik I / Prof. Popov / Vorlesung 16. Schubspannung, Scherdeformation. Der Torsionsstab.

Teil 2: Elastostatik

Literatur: Hauger, Schnell und Groß. Technische Mechanik 2 (Elastostatik), 5.1.

I. Reine Scherung (oder Scherdeformation) Scherdeformation ≡ δ γ3 = tan γ ≈ γ + .. ≈ γ l0

3

γ heißt Schub- oder Gleitwinkel. Schubspannung F τ= . A Das Hookesche Gesetz für die Scherung: τ = Gγ G heißt Schubmodul. Er hängt mit dem Elastizitätsmodul und der Poissonzahl wie folgt zusammen: E G= . 2(1 + ν ) 3 Für Metalle ν ∼ 1/ 3 , somit G ≈ E . 8 Beispiele: Stahl: E = 210 GPa ⇒ G ≈ 78 GPa . Gummi: ν ≈ 1/ 2 ⇒ G ≈ E / 3 .

II. Torsion Gegeben sei ein elastischer Stab mit rundem Querschnitt (Bild1a). Jeder Querschnitt wird durch den Winkel θ ( x ) charakterisiert, um welchen er sich bezüglich des "unverdrehten" Anfangszustandes gedreht hat. Wir wollen das mit dieser Verdrehung zusammenhängende Torsionsmoment bestimmen. Als Hilfsaufgabe betrachten wir einen dünnen zylindrischen Ausschnitt aus dem Stab (dünnwandiger Zylinder mir dem Querschnittsradius r, Bild b). x

kleine Element reine Scherung. Die Scherdeformation ist gleich ∆y rdθ γ= = = rθ ' , l0 dx die Scherspannung: τ = Gγ = Grθ ' Das im Querschnitt wirkende Kraftmoment: = Grθ ' A ⋅ r = GAr 2θ ' M Ring = τ ⋅ A ⋅ r Summiert über alle Ringe im Querschnitt ergibt sich das folgende Torsionsmoment: M T = ∑ ∆M = ∑τ r ∆A = r2

r2

= ∫ τ (r ) ⋅ r ⋅ dA = ∫ Gθ ′( x) ⋅ r 2 ⋅ dA r1

r1 r2

= Gθ ′( x) ∫ r 2 ⋅ dA r1

M T = Gθ ′( x) I p , r2

I p = ∫ r 2 ⋅ dA - ist das polare Flächenträgr1

heitsmoment des Querschnitts

III. Torsionssteifigkeit

MT

Wird ein Stab durch ein Torsionsmoment um den Winkel θ verdreht, so gilt

M T = kθ . k ist Torsionssteifigkeit.

IV. Homogene Torsion eines homogenen Stabes. In diesem Fall gilt ∆θ θ θ′ = = . ∆x l Für das Torsionsmoment: M = Gθ ′( x) I p = G

θ l

I p = kθ .

Die Torsionssteifigkeit ist: k =

Aus diesem schneiden wir (gedanklich) ein infinitesimal kleines Element (Ring) zwischen x und x+dx (Bild c). Der linke Rand ist gedreht um den Winkel θ ( x ) , der rechte um θ ( x + dx) = θ ( x) + dθ . Den Ring teilen wir weiterhin in kleine (ursprünglich rechteckige) Elemente. Durch Verdrehung erleidet jedes

GI p

l Für einen runden Querschnitt gilt r2

r2

.

r2

I p = ∫ r ⋅ dA = ∫ r ⋅ 2π rdr = 2π ∫ r 3dr 2

2

r1

= 2π

r1

4 r2

r 4

r1

=

π

r1

(r 2

4 2

)

− r14 .

1

Für einen Vollzylinder mit dem Radius R gilt Ip =

π

2

R 4 . Die Torsionssteifig-

keit ist gleich k =

πG

R4 . 2l Torsion kann man zur Messung des Schubmoduls benutzen (historisches Beispiel: Torsionswaage von Coulomb).

V. Spannungen bei Torsion Aus der Gleichung τ = Gγ = Grθ ' folgt, daß die Deformationen im Querschnitt nicht gleichmäßig verteilt sind: An der Achse sind sie Null und erreichen an der äußeren Fläche den maximalen Wert θ τ max = GRθ ' = GR . l θ M θ Andererseits ist M T = G I p ⇒ = T ⇒ l l GI p

τ max = R

MT Ip

Für einen Vollzylinder: M M 2 MT τ max = R T = R T = π 4 π R3 Ip R 2

Aufgabe: Eine stählerne Welle überträgt ein Kraftmoment M = 10 4 N⋅ m . Zu bestimmen ist der zulässige Durchmesser der Welle, wenn die Spannungen den Wert τ max = 60 MPa nicht überschreiten dürfen. 1/ 3

 2 MT  R=   π τ max 

Lösung:

1/ 3

 2 10 N⋅ m  =  6  π 60 ⋅10 Pa  4

=

= 0, 047 m = 4, 7 cm

VI. Steifigkeit einer Schraubenfeder Zu bestimmen ist die Federkonstante einer Schraubenfeder. Die Feder sei eng gewickelt (Steigungswinkel klein). Der Durchmesser des Federdrahtes sei klein im Vergleich zum Radius der Wicklung.

Aus einem Schnitt an einer beliebigen Stelle erhalten wir Q = F , M T = aF . Betrachten wir einen unendlich kleinen Ausschnitt ds der Feder. Durch seine Verdrehung um den Winkel dθ entsteht eine Absenkung des Zentrums eines Federringes um df = adθ . Der Torsionswinkel ergibt sich aus MT = G

θ l

I p , wobei wir dθ statt θ und ds

dθ Ip. ds Für den Torsionswinkel ergibt sich M dθ = T ds und für die Absenkung GI p

statt l einsetzen: M T = G

MT ds . GI p Durch Integration über die Drahtlänge erhalten wir für die gesamte Absenkung (Verschiebung des unteren Federringes) M M aF f = ∫ a T ds = a T L = a L, GI p GI p GI p wobei L die Gesamtlänge des Federdrahtes ist ( L ≈ 2π an ): aF a3 F f =a 2π an = 2π n GI p GI p (n ist die Zahl der Windungen). Für die Federsteifigkeit ergibt sich df = adθ = a

π

G R4 GI p F GR 4 Gd 4 2 c= = = = = . f 2π na3 2π na 3 4na 3 64na3 VII. Aufgabe Zu bestimmen ist die maximale Spannung in einer Schraubenfeder (gegeben: G, n, a, d , F ). M 2 M T 16 aF Lösung: τ max = R T = . = Ip π R3 π d 3 Zahlenbeispiel: Eine Feder aus einem Federstahl mit τ max = 200 MPa habe folgende geometrische Parameter: a = 1cm , d = 1mm , n = 10 . Wie groß ist die maximale zulässige Kraft? Lösung:

F=

πτ max d 3 16a

3,14 ⋅ 200 ⋅106 Pa ⋅ (10−3 ) m 3 3

=

= 3,9 N 16 ⋅1 ⋅10−2 m (Das entspricht einem Gewicht mit der Masse m ≈ 0, 4 kg ).

2

Mechanik I / Prof. Popov / Vorlesung 17. Balkenbiegung.

Teil 2: Elastostatik

Literatur: Hauger, Schnell und Groß. Technische Mechanik 2 (Elastostatik), 4.1., 4.3

I. Biegemoment in einem gebogenen Balken Wird ein Balken gebogen, so wird das Material auf der inneren Seite der Kurve gestaucht und an der äußeren Seite gedehnt. Dazwischen muss eine "neutrale Fläche" liegen, auf der das Material nicht gedehnt ist.

Bei einer reinen Biegung (unter der Wirkung von Biegemomenten) stehen die Querschnitte senkrecht zur Balkenachse (neutraler Faser). Bei einer Biegung unter der Wirkung einer Querkraft ist diese Bedingung für schlanke Balken eine gute Näherung (BernoulliHypothese). Wir betrachten ein infinitesimal kleines Element des Balkens, das vom Krümmungszentrum aus gesehen, das Winkelmaß θ hat. Diese wird in dünne Streifen parallel zur Balkenachse unterteilt. Für einen solchen Streifen mit der Koordinate y (gemessen von der neutralen Faser) kann man der Skizze folgende Zusammenhänge entnehmen: Anfangslänge l0 = Rθ , Längenänderung ∆l = yθ . Daraus ergibt sich für die Dehnung ∆l y ε= = l0 R Die Zugspannung ergibt sich nach dem Hookeschen Gesetz zu y σ = Eε = E . R Die in dem Querschnitt wirkende Gesamtkraft ist E N = ∫ dF = ∫ y d A . (1) R Querschnitt

Das Moment einer einzelnen Kraft dF ist gleich E dM z = − dF ⋅ y = − y 2 dA . R Hebelarm Das Gesamtmoment E M z = ∫ dM z = − ∫ y 2 dA . (2) R Aber: Wo liegt die neutrale Fläche? (Bisher haben wir eine willkürliche Lage gewählt). Die Lage der neutralen Fläche wird durch (1) bestimmt. Bei einer reinen Biegung (ohne Längskraft) gilt: N = 0 , d.h. ∫ ydA = 0 . Das bedeutet, dass die neutrale Fläche durch den Schwerpunkt des Querschnittes geht. [Das folgt aus der Definition der Schwer∫ ydA ]. punktkoordinate ys = ∫ dA Die Größe I z = ∫ y 2 dA nennt man Flächenträgheitsmoment des Querschnitts bezüglich der z-Achse. Damit ergibt sich für das Biegemoment (2) die folgende Grundgleichung der Balkentheorie EI Mz = − z R

II. Elastische Biegelinie A. Ein bisschen Geometrie: Bei einem gebogenen Balken kann man in jedem Punkt den lokalen Krümmungsradius definieren. Der Krümmungsradius lässt sich analytisch berechnen. Zu diesem Zweck untersuchen wir die Drehung der Tangente zu einem Kreis: ∆s ∆θ = . R 1 ∆θ Daraus folgt, dass = . Bei nicht konsR ∆s 1 dθ ( s ) . tanten Krümmung = R ds Für einen Balken mit der Biegelinie w( x ) gilt

1

θ ( x ) ≈ tanθ ( x ) =

dw( x ) = w′( x ) , dx

s≈x ⇒ 1 dθ dθ d  dw  d 2 w = ≈ ≈  = w′′( x ) . = R ds dx dx  dx  dx 2 Für das Biegemoment ergibt sich somit EI M z = − z = − EI z w′′( x ) R "Balken-Gleichung" III. Klassisches Beispiel: Biegung eines Kragbalkens unter einer an seinem Ende angreifenden Kraft Zunächst machen wir eine Freischnittskizze und bestimmen den Verlauf der Schnittlasten: Q=F, M = − F (l − x ) . Aus der Balkengleichung folgt 2 d w M F (l − x ) =− = . 2 dx EI EI Die erste Integration ergibt: dw F (l − x ) F  x2  = dx + C1 =  lx −  + C1 . dx ∫ EI EI  2 Die zweite Integration ergibt: F   x2  w( x) = ∫   lx −  + C1  dx + C2 2  EI   2 3 Fl x F x . = − + C1 x + C2 EI 2 EI 6 Randbedingungen:

Bei der Einspannung gilt: w(0) = 0 , w′(0) = 0 . Daraus folgt: C1 = 0 , C2 = 0 . Biegelinie: Fl x 2 F x 3 w( x ) = − EI 2 EI 6 Absenkung des Angriffspunktes der Kraft: Fl 3 w( l ) = . 3EI Federsteifigkeit einer Blattfeder: F 3EI c= = 3 w( l ) l

IV. Balken unter einer Streckenlast Bei einer kontinuierlich verteilten Kraft q( x ) gilt für das Biegemoment die Differentialgleichung für die Streckenlasten: d 2 M ( x) = − q( x ) . dx 2 Die Balkengleichung lautet: M ( x ) = − EI z w′′( x ) . Indem wir diese Gleichung zweimal differenzieren und die Differentialgleichung für das Moment verwenden, erhalten wir:

( EI z w′′( x ) )′′ = q( x ) (Balkendifferentialgleichung 4. Ordnung) Für einen homogenen Balken vereinfacht sie sich zu EI z w IV ( x ) = q( x ) .

V. Flächenträgheitsmoment eines Balkens mit einem quadratischen Querschnitt I z = ∫ y dA = 2

=a

3 a /2

y 3

−a/2

a/2



y 2 ady

− a /2

= 2a

a3 a4 = 3 ⋅ 8 12

Federsteifigkeit einer "Balkenfeder" mit einem quadratischen Querschnitt: c=

3EI Ea 4 = 3 l3 4l

2

Mechanik I / Prof. Popov / Vorlesung 18. Flächenträgheitsmomente.

Teil 2: Elastostatik

Literatur: Hauger, Schnell und Groß. Technische Mechanik 2 (Elastostatik), 4.2.1., 4.2.2

I. Definitionen Wir haben das Trägheitsmoment bezüglich der z-Achse als Integral I z = ∫ y 2 dA definiert.

I zy = I yz = − ∫ yzdA

(Deviationsmoment) (polares FläI p = ∫ ( y 2 + z 2 ) dA = ∫ r 2 dA chenträgheitsmoment) II. Berechnung der Trägheitsmomente B1. Rechteck mit den Seiten a und : Bei der Biegung um die zAchse schneiden wir die Platte in dünne Streifen senkrecht zur y-Achse.

b/2

y3 I z = ∫ y dA = ∫ y ady = a 3 −b / 2 ab3 Iz = , 12

b/ 2

2

ba 3 Iy = . 12

−b / 2

b3 = 2a 3⋅ 8 2

a =  . Iz  b 

Iy



B2. Kreisquerschnitt: I z = ∫ y 2 dA =

= 2 ∫ y 2 R − y dy 2

2

0

= π /2

=4



R 4 sin 2 ϕ cos 2 ϕ dϕ

R4

π /2



1 1 (1 − cos 2ϕ ) (1 + cos 2ϕ ) dϕ 2 2

(

)

R 4 1 − cos 2 2ϕ dϕ

0

=

π /2

∫ 0

=

1 2

 1  R 4 1 − (1 + cos 4ϕ )  dϕ  2 

π /2



R 4 dϕ −

0

1 2

π /2



R 4 cos 4ϕ dϕ =

y = R sin ϕ = dy = R cos ϕ dϕ

π R4 4

0

B3. Elliptischer Querschnitt: Eine Ellipse mit den Halbachsen a und b wird durch y2 z2 die Gleichung 2 + 2 = 1 a b beschrieben. Daraus folgt z = b 1 − ( y / a ) . Für das Flächenträgheitsmoment 2

ergibt sich: a

I z = ∫ y 2 dA = 2 ∫ y 2 2b 1 − ( y / a ) dy = 2

0

Analog dazu: I y =

π 4

π 4

ba 3 .

ab3 .

III. Tricks Aus den Definitionen folgt: I p = I y + Iz . B4. Polares Flächenträgheitsmoment eines Kreises: I p = ∫ r 2 dA ⇒ R

R

I p = ∫ r 2 2π rdr = 2π ∫ r 3 dr 0

0 4

4

R R =π 4 2 Andererseits wissen wir, dass I p = I y + I z = 2I y . = 2π

Daraus folgt I y = I z =

R

2

∫ 0

=

Das Produkt EI z heißt Biegesteifigkeit und bestimmt vollständig elastische Eigenschaften eines Balkens in Bezug auf Biegung um die z-Achse. Es ist bequem zunächst nicht anzunehmen, daß das Koordinatensystem sein Ursprung im Schwerpunkt des Querschnitts hat. Wir wählen ein beliebiges Koordinatensystem und definieren die folgenden vier Größen: I z = ∫ y 2 dA achsiale Träg2 heitsmomente I y = ∫ z dA

2

π /2

=4

Ip

π R4

= . 2 4 B5. Zu bestimmen ist das polare Flächenträgheitsmoment einer Ellipse: I p = I y + Iz =

π

4

(ba 3 + ab3 )

0

1

Ip =

π ab

I yɶ = I y( S ) + zɶS 2 A

(a 2 + b 2 )

4 B6. Zu bestimmen ist das polare Flächenträgheitsmoment eines Rechtecks: 1 I p = I y + I z = (ba 3 + ab3 ) 12 ab 2 = (a + b 2 ) 12 B7. Ein dünnwandiges Rohr: I p = ∫ r 2 dA = R 2 A = R 2 2π Rd = 2π R3 d I y = Iz =

Ip 2

= π R3d

IV. Parallelverschiebung der Bezugsachsen: Der Satz von Steiner Betrachten wir die Trägheitsmomente I ( S ) eines Querschnitts bezüglich einer Achse, die durch den Schwerpunkt S geht und Trägheitsmoment I desselben Querschnitts bezüglich einer Achse parallel dazu. Die Koordinate des Schwerpunkts im neuen Koordinatensystem seien yɶ S und zɶS . Zwischen den Koordinaten desselben Punktes in zwei Koordinatensystemen besteht folgender Zusammenhang: yɶ = y + yɶ S , zɶ = z + zɶS . Für die Trägheitsmomente bezüglich des neuen Koordinatensystems gilt: I yɶ = ∫ zɶ 2 dA = ∫ ( z + zɶS ) dA

I zɶ = I z( S ) + yɶ S 2 A

Steinerscher Satz

I yzɶɶ = I yz( S ) − yɶ S zɶS A B8. 2

bh3  h  bh3 +   bh = 12  2  3 3 hb I yɶ = 3 bh b2 h 2 . I yzɶ ɶ = 0 − bh = − 22 4 I zɶ =

V. Summierung der Trägheitsmomente Ist ein Profil eine zusammengesetzte Figur, so werden die Trägheitsmomente einzelner Teile summiert: N

I z = I z(1) + I z(2) + ... = ∑ I z( i ) i =1

Ähnliches gilt für N

N

i =1

i =1

I y = ∑ I y(i ) , I yz = ∑ I yz(i ) . Die zu addierenden Flächeträgheitsmomente können auch negativ sein.

B9. Iz =

Iz =

π

(R 4

− R14

)

1 4 a − b4 12

)

4 2

(

2

(

)

= ∫ z 2 + 2 zzɶS + zɶS 2 dA = ∫ z 2 dA + ∫ 2 zzɶS dA + ∫ zɶS 2 dA = I y( S ) + zɶS ∫ 2 zdA + zɶS 2 ∫ dA

(

)

1 4 4 a − ( a − 2h ) 12 Für dünnwandige Profile 2 I z = a3h 3 Iz =

I yɶ = I y( S ) + zɶS ∫ 2 zdA + zɶS 2 A

Iz ≈

dh3 h 2bt + 12 2

2

Mechanik I / Prof. Popov / Vorlesung 19. Teil 2: Elastostatik Balkenbiegung: Biegelinie Literatur: Hauger, Schnell und Groß. Technische Mechanik 2 (Elastostatik), 4.5.2 Die maximale Absenkung I. Balkendifferentialgleichung 4. Ordnung wird im Endpunkt erreicht Verlauf der und ist gleich neutralen Fa4 q0l 2 1 2 1 2 w(l ) = EI ( 24 l − 6 l + 14 l 2 ) = 18 qEI0l . ser eines gebogenen BalB2. Auch dieser Balken ist statisch bestimmt kens ("Biegegelagert. Dennoch ist es auch in diesem Fall linie") berecheinfacher, die Gleichung (2) zu benutzen. Da net sich entweder aus der Gleichung die Streckenlast dieselbe EI z w′′( x) = − M z ( x) (1) ist, wie im Beispiel 1, ist auch die allgemeine Lö- wenn das Biegemoment als Funktion der sung dieselbe. Der einziKoordinate im voraus bestimmt werden kann ge Unterschied liegt in den Randbedingungen: (d.h. für statisch bestimmte Systeme) oder aus w(0) = 0 , w(l ) = 0 , M (0) = 0 ⇒ w′′(0) = 0 , der Balkendifferentialgleichung 4. Ordnung M (l ) = 0 ⇒ w′′(l ) = 0 . (2) ( EI z w′′( x ) )′′ = q( x ) . EIw(0) = C4 = 0 , EIw′′(0) = C2 = 0 , Diese Gleichung kann auch an statisch unbesEIw(l ) = 241 q0l 4 + 16 C1l 3 + C3l = 0 , timmte Systeme angewandt werden. Die vier Integrationkonstanten müssen aus vier RandEIw′′(l ) = 12 q0l 2 + C1l = 0 , bedingungen bestimmt werden. C1 = − 12 q0l , C3 = 241 q0l 3 . II. Beispiele Die Biegelinie ist Wir untersuchen drei gleiche Balken konstanw( x) = EI1 ( 241 q0 x 4 − 121 q0lx 3 + 241 q0l 3 x ) ter Biegesteifigkeit EI unter konstanter Streq ckenlast q0 bei unterschiedlicher Lagerung. = 24 0EI ( x 4 − 2lx 3 + l 3 x ) B1. Dieser Kragbalken ist statisch bestimmt. Die maximale Durchbiegung wird in der Mitte Man könnte zunächst x = l / 2 erreicht und ist gleich den Momentenverlauf w(l / 2) = 24q0EI ( 161 l 4 − 14 l 4 + 12 l 4 ) berechnen und dann 4 Gleichung (1) anwen5 q0 l = 384 EI den. In den meisten Fällen ist es aber einfaB3. Der unten abgebildete Balken ist statisch cher, die Gleichung (2) zu benutzen: unbestimmt gelagert. Schnittlasten (unter andeEIw IV = q0 . rem das Biegemoment) können daher nicht Ihre vierfache Integration ergibt: alleine aus den GleichgeEIw′′′ = −Q = q0 x + C1 , wichtsbedingungen be2 rechnet werden. Die BeEIw′′ = − M = 12 q0 x + C1 x + C2 , nutzung von Gleichung EIw′ = 16 q0 x3 + 12 C1 x 2 + C2 x + C3 , (2) ist in diesem Fall der einzig mögliche Weg zur Berechnung der Durchbiegung. Wir nehEIw = 241 q0 x 4 + 61 C1 x3 + 12 C2 x 2 + C3 x + C4 . men an, daß der Balken in Abwesenheit der Die Randbedingungen lauten: w(0) = 0 , Streckenlast spannungsfrei gelagert war. w′(0) = 0 , M (l ) = − EIw′′(l ) = 0 , Da die Streckenlast dieselbe ist, wie im BeiQ (l ) = − EIw′′′(l ) = 0 . spiel 1, ist auch die allgemeine Lösung dieselAus den ersten beiden folgt C3 = 0 , C4 = 0 . be. Der einzige Unterschied liegt wieder in den Randbedingungen: Die letzten zwei Randbedingungen lauten w(0) = 0 , w′(0) = 0 , w(l ) = 0 , q0l + C1 = 0 , 2 M (l ) = − EIw′′(l ) = 0 . 1 2 q0 l + C1l + C2 = 0 . EIw(0) = C4 = 0 , EIw′(0) = C3 = 0 , Daraus folgt C1 = −q0l , C2 = 12 q0l 2 . 2 EIw(l ) = l2 ( 121 q0l 2 + 13 C1l + C2 ) = 0 , Die Biegelinie ist somit 2 0x EIw′′(l ) = 12 q0l 2 + C1l + C2 = 0 . w( x) = qEI ( 241 x2 − 16 lx + 14 l 2 ) .

1

Aus den letzten beiden Gleichungen folgt C1 = − 85 q0l , C2 = 18 q0l 2 . Für die Biegelinie ergibt sich somit w( x) =

q0 EI

(

1 24

x 4 − 485 lx 3 + 161 l 2 x 2 ) .

Zusammen mit der Biegelinie haben wir auch die Verläufe von w′( x) , dem Biegemoment M ( x) = − 18 q0 ( 4 x 2 − 5lx + l 2 ) und der Quer-

kraft Q( x) = − 18 q0 ( 8 x − 5l ) bestimmt. Daraus lassen sich die Lagerreaktionen ablesen: A = Q (0) = 85 q0l , B = −Q (l ) = 83 q0l , M ( A) = M (0) = − 18 q0l 2 .

B4. Wir lösen jetzt noch einmal die Aufgabe, die wir schon einmal durch Integration der Balkengleichung zweiter Ordnung gelöst haben. Gegeben sei ein links fest eingespannter Balken. An seinem rechten Ende greift eine Kraft F an. Zu bestimmen ist die Biegelinie und den Neigungswinkel im Angriffspunkt der Kraft. Lösung: Auch in diesem Fall ist die oben erhaltene allgemeine Lösung korrekt, nur mit q0 = 0 : EIwIV = 0 , EIw′′′ = −Q = C1 , EIw′′ = − M = C1 x + C2 , EIw′ = 12 C1 x 2 + C2 x + C3 , EIw = 16 C1 x3 + 12 C2 x 2 + C3 x + C4 . Die Randbedingungen sind fast wie im ersten Beispiel: w(0) = 0 , w′(0) = 0 , M (l ) = − EIw′′(l ) = 0 ; nur für die Querkraft am rechten Ende gilt jetzt Q (l ) = − EIw′′′(l ) = F . EIw(0) = C4 = 0 , EIw′(0) = C3 = 0 , EIw′′(l ) = C1l + C2 = 0 , EIw′′′(l ) = −Q = C1 = − F .

B5. Biegelinie unter Einwirkung eines Momentes: Die allgemeine Lösung lautet EIw′′′ = −Q = C1 , EIw′′ = − M = C1 x + C2 , EIw′ = 12 C1 x 2 + C2 x + C3 , EIw = 16 C1 x3 + 12 C2 x 2 + C3 x + C4 . Die Randbedingungen lauten: w(0) = 0 , w′(0) = 0 , M (l ) = − EIw′′(l ) = M 0 ; Q (l ) = − EIw′′′(l ) = 0 . Daraus folgt: EIw(0) = C4 = 0 , EIw′(0) = C3 = 0 , EIw′′(l ) = C1l + C2 = − M 0 , EIw′′′(l ) = −Q = C1 = 0 .

1 M0 2 x . 2 EI B6. Auf einen links fest eingespannten Balken wirkt eine linear steigende Streckenlast. Zu bestimmen ist die Biegelinie. Lösung: Die Balkendifferentialgleichung vierter Ordnung lautet EIw IV = q0 x / l . Ihre vierfache Integration ergibt: EIw′′′ = −Q = 12 q0 x 2 / l + C1 , Biegelinie ist eine Parabel: w( x) = −

EIw′′ = − M = 16 q0 x3 / l + C1 x + C2 , EIw′ =

1 24

q0 x 4 / l + 12 C1 x 2 + C2 x + C3 ,

1 EIw = 120 q0 x 5 / l + 16 C1 x 3 + 12 C2 x 2 + C3 x + C4 . Die Randbedingungen lauten: w(0) = 0 , w′(0) = 0 , M (l ) = − EIw′′(l ) = 0 , Q(l ) = − EIw′′′(0) = 0 . Aus den ersten beiden folgt C3 = 0 und C4 = 0 . Die letzten zwei Randbedingungen lauten EIw′′′(l ) = 12 q0l + C1 = 0 ,

EIw′′(l ) = 16 q0l 2 + C1l + C2 = 0 . Daraus folgt C1 = − 12 q0l und C2 = 13 q0l 2 .

(

q0 x5 / l − 121 q0lx3 + 61 q0l 2 x 2 ) .

Daraus folgt C2 = Fl . Für die Biegelinie ergibt

w( x) =

sich w( x) =

B7. Die allgemeine Lösung: w′ = 12 C1 x 2 + C2 x + C3

F EI

(−

1 6

x3 + 12 lx 2 ) und für den Nei-

gungswinkel (eigentlich Tangens des Neigungswinkels) w′( x) = EIF ( − 12 x 2 + lx ) . Die Absenkung des Angriffspunktes der Kraft ist 3 gleich w(l ) = 3FlEI . Für den Neigungswinkel des rechten Endes ergibt sich θ (l ) ≈ w′(l ) =

1 F 2 EI

l2 .

1 EI

1 120

w = 16 C1 x 3 + 12 C2 x 2 + C3 x + C4 . Randbedingungen w(0) = 0 , w′(0) = 0 , w(l ) = −h , w′(l ) = 0 .

(

)

w( x) = h 2 ( x / l ) − 3 ( x / l ) . 3

2

2

Mechanik I / Prof. Popov / Vorlesung 20. Teil 2: Elastostatik Balkenbiegung: Heterogene und zusammengesetzte Systeme. Steifigkeiten. Literatur: Hauger, Schnell und Groß. Technische Mechanik 2 (Elastostatik), 4.5.3, 4.5.4

I. Biegelinie eines Balkens mit veränderlicher Biegesteifigkeit B1. Ein Flügel habe die unten gezeigte Konstruktion und sei mit einer konstanten Streckenlast belastet. Das Flächenträgheitsmoment des Querschnittes kann als I ( x) = I 0 x 2 / l 2 geschrieben werden. Die Biegedifferentialgleichung hat die Form ( EIw′′( x) )′′ = − q . Ihre 0

natenachse wählen (wobei x1 = x − a ist), so sind die allgemeinen Lösungen für jeden Abschnitt bereits bekannt. Für den linken Abschnitt gilt: EIw′′′ = −Q = q0 x + C1 ,

EIw′′ = − M = 12 q0 x 2 + C1 x + C2 , EIw′ = 16 q0 x3 + 12 C1 x 2 + C2 x + C3 , EIw = 241 q0 x 4 + 16 C1 x3 + 12 C2 x 2 + C3 x + C4 . Für den rechten Abschnitt gilt: EIw′′′ = −Q = B1 ,

EIw′′ = − M = B1 ( x − a ) + B2 ,

zweifache Integration unter Berücksichtigung der Randbedingungen ( EIw′′( x) )′ = 0 und

EIw′ = 12 B1 ( x − a ) + B2 ( x − a ) + B3 ,

EIw′′( x) x = 0 = 0 ergibt

Aus den vier Randbedingungen: w(0) = 0 , w′(0) = 0 , w(2a ) = 0 , w′(2a ) = 0 und vier Übergangsbedingungen: w(a )links = w(a ) rechts , EIw′′(a )links = 0 , EIw′′(a ) rechts = 0 ,

x=0

EI 0 ( x / l ) w′′( x) = − 12 q0 x 2 oder 2

EI 0 w′′( x) = − 12 q0l 2 . Weitere zwei Integrationen ergeben EI 0 w′( x) = − 12 q0l 2 x + C3 , EI 0 w( x) = − 14 q0l x + C3 x + C4 . Aus den Randbedingungen w(l ) = 0 und w′(l ) = 0 folgt dann C3 = 12 q0l 3 , C4 = − 14 q0l 4 . Die Biegelinie ist somit eine Parabel 2

2

0l w( x) = − 4qEI (x −l) . 0 2

2

II. Übergangsbedingungen In den folgenden Fällen ist es manchmal vorteilhaft, den Balken in mehrere Felder zu teilen und für jedes Feld eine eigene Integration durchzuführen: - Es gibt Sprünge im Querschnitt, - Im Verlauf des Balkens greifen einzelne (konzentrierte) Kräfte oder Momente an, - Ein Balken ist aus mehreren Teilen zusammengesetzt, die gelenkig mit einander gekoppelt sind, - .... B2. Als Beispiel betrachten wir das unten abgebildete System bestehend aus zwei gelenkig gekoppelten Balken gleicher Biegesteifigkeit EI, deren andere Enden fest eingespannt sind. Wenn wir für jeden "ganzen" Balkenabschnitt eine eigene Koordi-

2

EIw = 16 B1 ( x − a ) + 12 B2 ( x − a ) + B3 ( x − a ) + B4 3

2

EIw′′′(a )links = EIw′′′(a ) rechts folgt dann 13 C1 = − 16 q0 a , C2 = 165 q0 a 2 , C3 = 0 , C4 = 0 ,

B1 = 163 q0 a , B2 = 0 , B3 = − 323 q0 a 3 , B4 = 161 q0 a 4 . Insbesondere für die Absenkung des Gelenkes 4 q0 a 4 ergibt sich w(a ) = EI ( 241 − 613⋅16 + 12 165 ) = 161 qEI0a . III. Superposition Bei Problemen mehrerer Bereiche ist es oft einfacher das Superpositionsprinzip zu nutzen.

B3. Betrachten wir den neben stehend gezeigten Kragbalken. Zu bestimmen ist die Biegelinie. Lösung: Die gegebene Belastung ist eine Superposition aus einer konstanten Streckenlast und einer Kraft − F . Die Biegelinien für die beiden Belastungen alleine sind bekannt: q0 x 2 Erste: w1 ( x) = EI ( 241 x2 − 16 lx + 14 l 2 ) , Zweite: w2 ( x) = − EIF ( − 16 x3 + 12 lx 2 ) .

Bei der gesamten Belastung gilt das Superpositionsprinzip: w( x) = w1 ( x) + w2 ( x) . Man kann z.B. eine Kraft wählen, bei der sich das rechte Ende nicht verschiebt: w(l ) = 18

q0 l 4 EI

− 3FlEI = 0 . Daraus ergibt sich 3

1

F = 83 q0l . Das ist das Ergebnis für die Lagerkraft im Beispiel 3 der vorigen Vorlesung. Die Aufgabe aus Beispiel 2 kann man auch mit Hilfe des Superpositionsprinzips lösen. Ein Schnitt am Gelenk zeigt die in diesem Gelenk auf den linken und rechten Teil des Systems wirkenden Kräfte. Die Absenkung des linken Balkens ist gleich q a4

3

3

Qa w− (a ) = 80EI + Qa 3 EI , des rechten w+ ( a ) = − 3 EI . Da die beiden gekoppelt und daher gleich sein q a4

3

3

Qa müssen, folgt daraus 80EI + Qa 3 EI = − 3 EI . Daraus bekommen wir die noch unbekannte Querkraft q0 a Q = − 316 . Die Absenkung des Gelenks ist 4

somit gleich w+ (a ) = − 16q0 aEI , was wir vorher durch direkte Integration und Übergangsbedingungen erhalten haben.

die Balkendifferentialgleichung für beide Felder zu integrieren und die 8 Rand- und Übergangsbedingungen zu benutzen. Viel einfacher ist es aber zu bemerken, daß das gezeigte System zwei parallel angeordnete Blattfedern mit 3EI den Federsteifigkeiten c1 = 3 und a 3EI c2 = darstellt. Die Gleichgewichtsbe3 ( 2a ) dingung für das Gelenk lautet somit 27 EI F = F1 + F2 = c1w + c2 w = w. 8a 3 8a 3 F . Für die Verschiebung erhalten wir w = 27 EI

B5. Ein links fest eingespannter Balken ist rechts mit einem elastischen Pendelstab gestützt und mit einer Kraft F belastet. Zu bestimmen ist die Absenkung des Angriffspunk-

IV. Steifigkeiten Ist bei einem zusammengesetzten System nur die Verschiebung des Angriffspunktes einer Kraft von Interesse, so kann unter bestimmten Voraussetzungen die Benutzung des Begriffes Federsteifigkeit die Berechnungen sehr stark vereinfachen. Verursacht eine Kraft F eine Verschiebung w des Angriffspunktes in ihrer Wirkungsrichtung, so gilt F = cw , wobei c - die Federsteifigkeit ist. Für einen Stab, der in Richtung seiEA ner Achse belastet wird, gilt cStab = . Für l einen Kragbalken der Länge l, der Am Ende mit der Querkraft F belastet wird, gilt 3EI cBlattfeder = 3 . Werden mehl rere Federn mit Steifigkeiten c1 , c2 , ... parallel angeordnet, so summieren sich die Steifigkeiten: c = c1 + c2 + ... . B4. Betrachten wir das unten abgebildete System bestehend aus zwei gelenkig gekoppelten Balken gleicher Biegesteifigkeit EI, deren andere Enden fest eingespannt sind. Zu bestimmen ist die Absenkung des Angriffspunktes der Kraft. Der erste Lösungsweg ist,

tes der Kraft. Lösung: Das System besteht aus einer parallel angeordneten Blattfeder mit der Steifigkeit 3EI c1 = 3 und einem Stab mit der Steifigkeit l1 EA c2 = . Die Gleichgewichtbedingung für den l2 Knoten lautet  3EI EA  F = F1 + F2 = c1w + c2 w =  3 + w. l2   l1 Daraus folgt für die Absenkung F . w= 3 ( 3EI / l1 + EA / l2 )

V. Drehsteifigkeit einer Blattfeder Für die Biegelinie eines Balkens unter Wirkung eines Momentes M 0 haben wir 1 M0 2 w( x) = − x 2 EI berechnet. Das Verhältnis des Momentes zum M Drehwinkel θ (l ) ≈ w′(l ) = 0 l ist die DrehEI steifigkeit k = EI / l .

2

Mechanik I / Prof. Popov / Vorlesung 21. Hauptträgheitsachsen und Hauptträgheitsmomente. Schiefe Biegung.

Teil 2: Elastostatik

Literatur: Hauger, Schnell und Groß. Technische Mechanik 2 (Elastostatik), 4.2.3, 4.7

(

I. Drehung des Bezugssystems Betrachten wir zwei Koordinatensysteme ( y, z ) und (η , ζ ) . Das zweite sei relativ zum ersten um den Winkel ϕ gedreht.     Wir führen vier Einheitsvektoren ey , ez , eη , eζ entlang entsprechender Achsen ein. Betrachtet  wird ein Punkt (Radiusvektor r ) mit den kartesischen Koordinaten y, z. Eine geometrische Hilfsaufgabe: Zu bestimmen sind die kartesischen Koordinaten η , ζ im "gedrehten" Koordinatensystem. Der Radiusvektor sieht ist im kartesischen Sys   tem: r = yey + zez .Die Koordinaten η , ζ können als Skalarprodukte berechnet werden:      η = r ⋅ eη = ( yey + zez ) ⋅ eη ,      ζ = r ⋅ eζ = ( yey + zez ) ⋅ eζ .

Iηζ = I z sin ϕ cos ϕ − I y sin ϕ cos ϕ + I yz cos2 ϕ − sin 2 ϕ -----------------------------------------------------Diese Gleichungen können unter Berücksichtigung der Additionstheoreme 1 1 sin 2 ϕ = (1 − cos 2ϕ ) , cos 2 ϕ = (1 + cos 2ϕ ) , 2 2 und 2 sin ϕ cos ϕ = sin 2ϕ wie folgt umgeschrieben werden: Iη = 12 ( I y + I z ) + 12 ( I y − I z ) cos 2ϕ + I yz sin 2ϕ

Für die Skalarprodukte der Einheitsvektoren gilt:     ey ⋅ eη = cos ϕ , ez ⋅ eη = sin ϕ     ey ⋅ eζ = − sin ϕ , ez ⋅ eζ = cos ϕ

2 I yz sin 2ϕ * . = tan 2ϕ * = cos 2ϕ * (Iy − Iz )

η , ζ berechnen sich somit zu η = y cos ϕ + z sin ϕ ζ = − y sin ϕ + z cos ϕ .

Für die Trägheitsmomente bezüglich η , ζ gilt ----------------------------------------------------2 Iη = ∫ ζ 2dA = ∫ ( − y sin ϕ + z cos ϕ ) dA = sin 2 ϕ ∫ y 2 dA + cos2 ϕ ∫ z 2 dA − 2sin ϕ cos ϕ ∫ yzdA = I z sin 2 ϕ + I y cos2 ϕ + 2I yz sin ϕ cos ϕ

------------------------------------------------------2 Iζ = ∫ η 2 dA = ∫ ( y cos ϕ + z sin ϕ ) dA = cos 2 ϕ ∫ y 2 dA + sin 2 ϕ ∫ z 2 dA + 2 sin ϕ cos ϕ ∫ yzdA = I z cos 2 ϕ + I y sin 2 ϕ − 2 I yz sin ϕ cos ϕ

-----------------------------------------------------Iηζ = − ∫ηζ dA = − ∫ ( − y sin ϕ + z cos ϕ )( y cos ϕ + z sin ϕ ) dA = sin ϕ cos ϕ ∫ y 2 dA − sin ϕ cos ϕ ∫ z 2 dA

(

+ sin 2 ϕ − cos 2 ϕ

) ∫ yzdA

Iζ =

1 2

(I

y

+ I z ) − 12 ( I y − I z ) cos 2ϕ − I yz sin 2ϕ

Iηζ = − 12 ( I y − I z ) sin 2ϕ + I yz cos 2ϕ

II. Invarianten

2 Iη + Iζ = I y + I z = I p und  14 ( Iη − Iζ ) + Iηζ2   

III. Hauptträgheitsachsen und Hauptträgheitsmomente Bei einem beliebigen Querschnitt kann man die Achsen um einen Winkel ϕ * so drehen, daß das Deviationsmoment verschwindet: Iηζ = − 12 ( I y − I z ) sin 2ϕ * + I yz cos 2ϕ * = 0 ⇒ (1)

Gleichzeitig nehmen die axialen Trägheitsmomente extremale Werte an: ∂Iη ∂ϕ

= − ( I y − I z ) sin 2ϕ + 2 I yz cos 2ϕ = 0

Da tan 2ϕ * = tan 2 (ϕ * +π / 2 ) gilt, hat die Gleichung (1) immer zwei Lösungen. Die entsprechenden Achsen stehen senkrecht zu einander und heißen Hauptträgheitsachsen. Die zugehörigen axialen Trägheitsmomente heißen Hauptträgheitsmomente: 2 1  I1,2 = ( I y + I z ) ± ( I y − I z ) + 4 I yz2  . 2  Zwei Balken mit gleichen Hauptträgheitsmomenten haben identische elastische Eigenschaften. Ein Balken mit einem beliebigen Querschnitt kann daher immer äquivalent durch einen Balken mit einem symmetrischen Querschnitt ersetzt werden.

B1. Zu bestimmen sind die Trägheitsachsen und Trägheitsmomente des gezeigten dünnwandigen, rechtwinkligen Profils.

1

)

Lösung: Symmetrieachsen sind immer Hauptträgheitsachsen. Da dies eine symmetrische Figur ist, bestimmen sich die Hauptachsen leicht. Der Schwerpunkt liegt auf der Verbindungslinie der Schwerpunkte beider Leisten. Die Flächenträgheitsmomente sind: Bezüglich der z-Achse

I z = I1 = 2

(

t 2 a/ 2

)

12 bezüglich der y-Achse I y = I2 =

(

t 2 a 2

)

3

=

ta 3 und 12

ta 3 = . 3

Iy =

12

3

8 2 + 2taa 2 = ta 3 , I z = ta 3 , 3 3

I yz = − ∫ yzdA = 2 ∫ aytdy = −ta 3 . −a

Die Lage der Hauptträgheitsachsen wird durch den Winkel ϕ * gegeben: −2ta 3 = −1 8 3 2 3 ta − ta   3  3

Daraus folgt 2ϕ * = −45° ,

ϕ * = −22, 5° . Die Hauptträgheitsmomente sind I1,2 =

1 (Iy + Iz ) ± 2 

(I

y

(I

y

+ I z ) − 12 ( I y − I z ) cos 2ϕ

Iηζ = − 12 ( I y − I z ) sin 2ϕ .

Sind die beiden Hauptträgheitsmomente gleich, so hängen sie vom Winkel nicht ab, und das Deviationsmoment ist immer Null.

Fz = F cos α . Die Flächenträgheitsmomente

0

tan 2ϕ * =

1 2

V. Schiefe Biegung Ein links fest eingespannter Balken mit rechteckigem Querschnitt (Seiten a und b) wird am  rechten Ende mit einer Kraft F unter dem Winkel α zur Vertikalen belastet. Zu bestimmen ist der Betα rag und die Richtung der Verschiebung des Angriffspunktes der Kraft. Lösung: Kartesische Komponenten der Kraft  F = ( Fy , Fz ) sind gleich Fy = F sin α ,

B2. Zu bestimmen sind die Trägheitsachsen und Trägheitsmomente des gezeigten dünnwandigen Profils. Lösung: Der Schwerpunkt liegt im Symmetriezentrum des Profils. Die Trägheitsmomente bezüglich der Achsen y und z sind: t ( 2a )

Iζ =

Beispiel: Balken mit den folgenden zwei Profilen haben gleiche Steifigkeit.

3

12

IV. Transformation vom Hauptträgheitsachsensystem Ist das ursprüngliche Bezugssystem das Hauptträgheitsachsensystem, so sehen die Transformationen wie folgt aus: Iη = 12 ( I y + I z ) + 12 ( I y − I z ) cos 2ϕ

2  − I z ) + 4 I yz2  = 

1  8 2  2  8 =  ta 3 + ta 3  ±  ta 3 − ta 3  + 4 ta 3 2  3 3  3  3  3, 08  3 = 12 ta 3  103 ± 2 2 + 4  = 53 ± 2 =   ta   0, 25 2

( )

2

Das größere Trägheitsmoment ist hier ca. 12 Mal größer als das kleinere.

   

ab3 ba 3 , Iz = . Gäbe es nur 12 12 die vertikale Kraftkomponente, würde sich der F l 3 Fl 3 cos α Angriffspunkt um wz = z = ver3EI y 3EI y schieben. Gäbe es nur die horizontale Kraftkomponente, würde sich der Angriffspunkt um Fy l 3 Fl 3 sin α wy = = verschieben. Bei An3EI z 3EI z wesenheit beider Kraftkomponenten ist der Verschiebungsvektor durch Superpositionsprinzip gegeben:   Fl 3 sin α Fl 3 cos α  4 Fl 3  sin α cos α  sind gleich I y =

w=  

3EI z

,

3EI y

 =  2 , 2  b   Eab  a

Die Verschiebungslinie bildet mit der Vertika2 len den Winkel θ : tan θ = ba 2 tan α . Der Betrag der Verschiebung ist gleich  4 Fl 3 sin 2 α cos 2 α . w= + Eab a4 b4

2

Mechanik I / Prof. Popov / Vorlesung 22. Spannungen im gebogenen Balken. Biegung und Längskraft.

Teil 2: Elastostatik

Literatur: Hauger, Schnell und Groß. Technische Mechanik 2 (Elastostatik), 4.4., 4.8

I. Spannungsverteilung im Balken Bei der Herleitung der Balkengleichung haben wir festgestellt, dass die Zugspannungen im y Balken gleich σ = Eε = E sind, wobei y R eine Koordinate senkrecht zur Balkenachse, gezählt von der neutralen Fläche, ist. Andererseits folgt aus der Balkengleichung EI 1 M M z = − z . Daraus folgt = − z und R EI z R M σ =− z y. Iz Maximale Spannungen werden erreicht in den Punkten, die am weitesten von der neutralen Fläche entfernt liegen. Wenn der maximale Abstand von der neutralen Fläche ymax ist, so ist die maximale Spannung gleich M M σ max = z ymax = z . Iz W Die Größe W = I z / ymax standsmoment.

heißt das Wider-

B1. Ein Rohr ( Ra = 5cm , Ri = 4 cm , l = 3 m ) ist links eingespannt. Wir groß darf die am anderen Ende angreifende Kraft F sein, damit die zulässige Spannung den Wert σ zul = 150 MPa nicht überschreitet?

Lösung. Das maximale Biegemoment wirkt an der Einspannstelle und ist gleich M max = lF . Die maximale Spannung

σ max =

M max

muss die Bedingung W lF σ max = ≤ σ zul erfüllen, wobei W π Ra4 − Ri4 Iz W= = = 5,8 ⋅10−5 m3 gilt. ymax 4 Ra Daraus folgt W σ zul 5,8 ⋅10 −5 m3 ⋅150 ⋅106 N/m 2 F≤ = l 3m 3 = 2,9 ⋅10 N

(

)

B2. Ein dünnwandiger Kastenträger (konstante Wandstärke t = 15 mm , Länge L = 10 m ) soll die Last F = 200 kN tragen. Wie groß muss die Seitenlänge mindestens sein, damit die zulässige Spannung σ zul = 200 MPa nicht überschritten wird? Lösung: Ist ein Balken beidseitig gelenkig gelagert, so tritt das größte Biegemoment im Angriffspunkt 2 der Kraft auf. Es ist gleich M max = lF . Das 9 Trägheitsmoment des dünnwandigen Quer2 schnitts ist I = c3t . Das Widerstandsmo3 I (2 / 3)c3t 4 2 = = tc . ment ist somit W = ymax c/2 3 Die geforderte Bedingung lautet: M lF σ max = max ≤ σ zul oder ≤ σ zul . ⇒ W 6tc 2 lF c≥ = 0,333m 6tσ zul

II. Was passiert, wenn die kritische Spannung überschritten wird?

Das reale Spannungs-Dehnungs-Diagramm eines metallischen Werkstoffs (links) wird oft näherungsweise durch das Modell eines "elastisch-ideal plastischen" Mediums ersetzt. Nach diesem Modell steigt die Spannung zunächst linear nach dem Hookeschen Gesetz. Nach Erreichen einer Kritischen Spannung σ pl ändert sich die Spannung bei weiterer Deformation nicht mehr. Im elastischen Bereich ist die Spannung gleich σ = Ey / R . Sie erreicht ihr Maximum bei y = ± h / 2 . Danach ändert sie sich nicht mehr (s. nebenstehende Skizze). Der kritische

1

Zustand, wo das gesamte Balkenvolumen plastisch deformiert ist, ist auf der nächsten Skizze gezeigt. Das in diesem Zustand wirkende

Die Lage der neutralen Fläche bestimmt sich My M N aus der Forderung σ = z− z y+ =0. Iy Iz A Ist N = 0 , so ist das eine Gerade z =

MzIy M y Iz

y

durch den Koordinatenursprung (Schwerpunkt des Querschnitts). Ist N ≠ 0 , so ist das eine verschobene Gerade z =

Moment berechnet sich zu h/2

h/ 2

0

0

M p = ∫ ydF = ∫ yσ dA = 2 ∫ yσ pl dA = 2 ∫ yσ pl bdy 2

1h 1 M p = 2σ pl b   = σ pl bh 2 . 22 4 Zum Vergleich berechnen wir das Kraftmoment im Zustand, wo die Spannung erst an einem einzigen Punkt den kritischen Wert erreicht hat. h/ 2 h /2 yσ pl σ pl M c = ∫ yσ el dA = 2 ∫ y dA = 4 ∫ y 2 bdy 0

h/2

0

h

1 M c = σ pl bh 2 . 6 Wir sehen, dass M p = 1,5M c . Es gibt also zwei kritische Beigemomente: M c ("elastisches Versagen").

M p ("plastisches Versagen"). III. Biegung und Längskraft Betrachten wir wieder einen Balken mit einem symmetrischen Profil. Wird er mit einem Kraftmoment M y belastet, so wird die Spannungsverteilung im Querschnitt durch M σ = y z gegeben. Bei einer Belastung mit Iy einem Kraftmoment M z ist die SpannungsverM teilung σ = − z y . Ist der Balken mit einer Iz Normalkraft N belastet (in axialer Richtung), so ist die Zugspannung im Querschnitt homoN gen und gleich σ = . Wirken gleichzeitig A beide Momente und Normalkraft, so erhält man die Spannung als Summe von drei o.g. Beiträgen (Superpositionsprinzip): M M N σ = y z− z y+ Iy Iz A

MzIy M y Iz

y − M yyA . NI

B3. Proben mit symmetrischer und nicht symmetrischer Verjüngung: Zu vergleichen sind die maximalen Zugspannungen, die im Querschnitt von nebenstehend skizzierten Proben wirken. Lösung: Die rechte Probe ist symmetrisch beansprucht, so daß nur reine homogene Zugspannung vorliegt und die Spannung sich einfach als Verhältnis der Kraft zur Querschnittsfläche berechts = F / ah . rechnet: σ max Die linke Probe dagegen ist nicht symmetrisch beansprucht. Bezüglich des Schwerpunkts des  verjüngten Querschnitts hat die Kraft F ein Moment: M y = Fa / 4 . Die Spannungen im Querschnitt setzen sich daher zusammen aus  den Zugspannungen durch die Kraft F und den Zugspannungen durch Biegung mit dem Moment M y = Fa / 4 . Die letzten erreichen ihr Maximum an der Oberfläche der Probe (im Abstand 34 a vom Schwerpunkt des Querschnitts). Die maximale Spannung ist daher gleich My 3 F 2F 12 Fa 3 links σ max = 3 + + 4a = 4a = 3ah 4h ( 32 a )3 Iy 2 ah 2F 2F 4F + = 3ah 3ah 3ah Sie ist trotz des größeren Querschnitts größer als bei der symmetrischen Probe. =

IV. Riemen als Balken Auch Objekte, die keinen Druck aushalten, können als Balken behandelt werden, wenn sie so gespannt sind, daß an keinem Punkt Druckspannungen wirken.

2

Mechanik I / Prof. Popov / Vorlesung 23. Teil 2: Elastostatik Außermittiger Zug/Druck. Querschnittskern. Einfluß des Schubes. Spannungstensor Literatur: Hauger, Schnell und Groß. Technische Mechanik 2 (Elastostatik), 4.9, 4.6.2, 1.1, 2.1, 2.2

I. Außermittiger Zug (Druck) Wir betrachten eine Säule unter einer exzentrischen Druckkraft F. Die Kraft erzeugt sowohl eine Dehnung in der Achsenrichtung als auch Biegemomente um die Achsen y und z: M z = + FyF , M y = − FzF , N = − F . Die Lage der neutralen Fläche wird gegeben durch z y 1 FzF Fy F z+ F y+ =0, F z+ F y+ =0 Iy Iz A Iy Iz A Ein bißchen analytische Geometrie. Gleichung einer Geraden ay + bz + c = 0 kann in der Form y / y0 + z / z0 = 1 geschrieben werden mit y 0 = − c / a , z0 = − c / b . Der Abstand vom Koordinatenursprung zur Geraden ist gleich c 1 1/ A OS = = = 2 2 2 2 1 1 a +b  z F   yF  + 2 2 + y0 z0  I   I   y  z 

Damit die gesamte Fläche auf Druck beansprucht wird, muss die neutrale Fläche außerhalb des Querschnitts liegen. Die Gesamtheit aller Angriffspunkte der Kraft, für die diese Bedingung erfüllt ist, heißt Querschnittskern.

B1. Kern eines runden Querschnitts: 1/ π a 2 OS = ≥a ⇒ 2  zF   4  πa /4 z F ≤ a / 4 . Radius des Kerns ist a / 4 . B2: Kern eines Rechteckquerschnitts Betrachten wir zunächst als Nullinien die Seiten des Querschnitts: 1) z0 = h / 2 , y0 = ∞ Das bedeutet, daß in der Gleichung der Nulllinie y / y0 + z / z0 = 1 den Term mit y ge-

gen Null strebt. Die Gleichung der Nullinie zF y 1 z + F y + = 0 reduziert sich auf Iy Iz A zF 1 z h 1 h z + = 0 mit z = z0 = ⇒ F + = 0 Iy A 2 Iy 2 A

2bh3 h ⇒ zF = − =− = − , yF = 0 . 2 Ah 12bh 6 2) z0 = ∞ , y0 = −b / 2 ⇒ z F = 0 , yF = b / 6 . 2I y

3) z0 = −h / 2 , y0 = ∞ ⇒ z F = h / 6 , yF = 0 . 4) z0 = ∞ , y0 = b / 2 ⇒ z F = 0 , yF = −b / 6 . Für eine beliebige Gerade, die durch eine Ecke 1 geht, ist z0 = h / 2 , y0 = b / 2 . Die Gleichung zF y 1 z0 + F y0 + = 0 stellt eine Gerade auf Iy Iz A der Ebene ( z F , yF ) dar. Der Querschnittskern hat somit die Form eines Rhombus.

II. Einfluß des Schubes Bei einer Belastung durch eine Querkraft ist die Durchbiegung durch zwei Deformationsarten verursacht: (a) "reine Biegung" unter Wirkung eines Momentes und (b) eine Scherung durch die Querkraft. Zum Beispiel, bei einem Kragbalken ist die Absenkung des Angriffspunktes Fl 3 durch Biegung gleich wBiegung = . Die Ab3EI senkung durch Schub ist gleich F wSchub = lγ = l . Die gesamte Durchbiegung AG Fl 3 Fl ist gleich w = + . 3EI AG B3. Rohr Zu bestimmen ist das Verhältnis der Schub- und Biegebeiträge in die Absenkung eines Kragbalkens mit einem dünnwandigen runden Querschnitt. Lösung: Das gesuchte Verhältnis ist gleich wSchub Fl 3EI = . Unter Berücksichtigung wBiegung AG Fl 3

1

der Gleichungen A = 2π Rt , I = π R 3t und E = 2(1 + ν )G erhalten wir 2

wSchub 3 E R2 R2  2R  = = 3(1 +ν ) 2 ≈   . wBiegung 2 G l 2 l  l  Die Beiträge werden gleich, wenn der Durchmesser des Rohres gleich seiner Länge ist. Für l = 6 R beträgt der Schubbeitrag ca. 10%, bei l = 20 R nur 1%. III. Spannungen bei einachsiger Dehnung Betrachten wir einen axial mit einer Kraft F belasteten Stab. Wir machen einen Schnitt senkrecht zur Achse. Die einzige Schnittgröße ist in diesem Fall die Normalkraft N = F . Im Schnitt wirkt eine Zugspannung σ = F / A , die wir als σ 0 bezeichnen. Machen wir jetzt bei demselben Stab einen schrägen Schnitt (Neigungswinkel ϕ ), so wirkt im Schnitt natürlich immer noch dieselbe axiale Kraft. Sie kann aber jetzt in eine Komponente senkrecht zum Schnitt und eine parallel dazu zerlegt werden. Die Gleichgewichtsbedingungen lauten: →: σ A *cos ϕ + τ A *sin ϕ − F = 0 , ↑: σ A *sin ϕ − τ A *cos ϕ = 0 . Dann ist σ + τ tan ϕ = F / A und σ tan ϕ − τ = 0 . Daraus folgt F tan ϕ F F τ= = sin ϕ cos ϕ = sin 2ϕ 2 A 1 + tan ϕ A 2A F 1 F F σ= = cos 2 ϕ = (1 + cos 2ϕ ) 2 A 1 + tan ϕ A 2A oder

σ0

σ0

(1 + cos 2ϕ ) 2 2 Tangentialspannungen erreichen ein Maximum bei ϕ = π / 4 . In vielen metallischen Stoffen beginnt plastische Deformation durch Gleiten in Richtung maximaler Schubspannungen (45° zur Zugachse). Bei solchen Stoffen hängen die Fließgrenzen beim Schub und beim Zug wie folgt zusammen: σ 0,c = 2τ c . τ=

sin 2ϕ , σ =

(Photo eines kleinen gedehnten Kupferkristalls) IV. Spannungstensor Den Spannungszustand eines Mediums charakterisiert man, indem man im gegebenen Punkt verschiedene Schnitte macht und die dort wirkenden Spannungen untersucht. Betrachten wir die drei Schnitte senkrecht zu den x, y und z- Achsen. Diese Schnittspannungen werden mit zwei Indizes gekennzeichnet, von denen der erste den Normalvektor zum Schnitt angibt und der zweite die Richtung der im Schnitt wirkenden Kraftkomponente. Insgesamt gibt es 9 Spannungskomponenten, die man in einer Tabelle anordnen kann:

 σ xx σ xy  σˆ =  σ yx σ yy  σ zx σ zy 

σ xz   σ yz  . σ zz 

Diese Matrix heißt Spannungstensor. Oft wird auch die folgende Bezeichnung benutzt:

 σ x τ xy τ xz    σˆ = τ yx σ y τ yz  .  τ zx τ zy σ z    V. Symmetrie des Spannungstensors Untersuchen wir das Momentengleichgewicht für ein infinitesimal kleines Volumenelement mit Abmessungen dx , dy und dz um eine zur x-Achse parallele Achse (bezüglich des Mittelpunktes): dy dz 2 τ yz dxdz − 2 τ zy dxdy = 0 ⇒ τ yz = τ zy . 2 2 τ xy = τ yx , τ xz = τ zx , τ yz = τ zy Es gibt somit nur 6 unabhängige Komponenten des Spannungstensors.

2

Mechanik I / Prof. Popov / Vorlesung 24. Teil 2: Elastostatik Ebener Spannungszustand. Hauptachsen und Hauptspannungen. Moorscher Spannungskreis. Literatur: Hauger, Schnell und Groß. Technische Mechanik 2 (Elastostatik), 2.2., 2.2.1, 2.2.2, 2.2.3, 2.2.4

I. Ebener Spannungszustand Betrachten wir eine homogene Platte, die nur in ihrer Ebene beansprucht wird (bleibt also auch im deformierten Zustand eben). Alle Kräfte an ihren Flächen sind Null. Das bedeutet, dass τ zx = τ zy = σ z = 0 . Aus der Symmetrieeigenschaft folgt: τ xz = τ yz = 0 :  σ x τ xy 0  σˆ = τ xy σ y

.

 0 

0

 0 0 

II. Koordinatentransformation

dAy = dA sin ϕ dAx = dA cos ϕ

Betrachten wir einen ebenen Spannungszustand und schneiden aus dem Medium ein infinitesimal kleines Dreieck. Betrachten wir das Kräftegleichgewicht in den Achsen ( ξ ,η ), die relativ zu den Achsen ( x, y ) um den Winkel ϕ gedreht sind. σ ξ dA − (σ y dAy ) sin ϕ − (τ yx dAy ) cos ϕ ξ: − (σ x dAx ) cos ϕ − (τ xy dAx ) sin ϕ = 0

τ ξη dA − (σ y dAy ) cos ϕ + (τ yx dAy ) sin ϕ

η:

+ (σ x dAx ) sin ϕ − (τ xy dAx ) cos ϕ = 0

σ ξ = σ y sin 2 ϕ + τ yx sin ϕ cos ϕ + σ x cos 2 ϕ + τ xy sin ϕ cos ϕ

τ ξη = σ y sin ϕ cos ϕ − τ yx sin 2 ϕ − σ x sin ϕ cos ϕ + τ xy cos2 ϕ σ ξ = σ y sin 2 ϕ + 2τ yx sin ϕ cos ϕ + σ x cos 2 ϕ

τ ξη = − (σ x − σ y ) sin ϕ cos ϕ + τ xy ( cos2 ϕ − sin 2 ϕ ) σ η = σ y cos 2 ϕ − 2τ yx sin ϕ cos ϕ + σ x sin 2 ϕ

σ ξ = 12 (σ x + σ y ) + 12 (σ x − σ y ) cos 2ϕ + τ yx sin 2ϕ

(σ + σ ) − (σ − σ ) cos 2ϕ − τ = − (σ − σ ) sin 2ϕ + τ cos 2ϕ

ση =

τ ξη

1 2

x

1 2

1 2

y

x

y

x

y

yx

sin 2ϕ

xy

Schlußfolgerungen: 1. Die vier Komponenten des Spannungstensors (in 2D) und 9 (in 3D) bestimmen vollständig den Spannungszustand.

2. Es gibt Invarianten des Spannungstensors: I1 = σ x + σ y (Spur der Matrix)

I 2 = σ 2 x + τ 2 xy + τ 2 yx + σ 2 y . B1. In einem Koordinatensystem gilt σ x = σ y = σ , τ xy = 0 . Zu bestimmen ist der Spannungszustand in einem beliebig orientierten Koordinatensystem. Lösung: σ ξ = σ η = σ , τ ξη = 0 . Diesen Spannungszustand nennt man hydrostatischen Spannungszustand. B2. Ein Block ist in einer Richtung auf Zug und in Querrichtung auf Druck mit der gleichen Spannung σ belastet. Zu bestimmen ist der Spannungstensor in einem beliebig orientierten Koordinatensystem. Lösung: σ x = σ , σ y = −σ , τ xy = τ yx = 0

σ ξ = σ cos 2ϕ , σ η = −σ cos 2ϕ , τ ξη = −σ sin 2ϕ . Für ϕ = π / 4 ist σ ξ = 0 , σ η = 0 , und τ ξη = τηξ = −σ . Im Koordinatensystem (x,y) ist das Material auf Zug und Druck beansprucht, und im System ( ξ ,η ) ist das reiner Schub.

B3. Ein Material wird auf reinen Schub beansprucht. Zu bestimmen ist der Spannungstensor in einem beliebig orientierten System. Lösung: σ x = σ y = 0 , τ xy = τ yx = τ .

σ ξ = τ sin 2ϕ , σ η = −τ sin 2ϕ , τ ξη = τ cos 2ϕ . Für ϕ = π / 4 gilt τ ξη = 0 , σ ξ = τ , σ η = −τ . (Ein sprödes Material bricht typischerweise senkrecht zur maximalen Zugspannung. Sprödes Material wird deshalb Bruch unter 45° zur Schubrichtung erleiden).

B4. Eine Säule ist auf Druck belastet ( σ x = −σ , σ y = 0 , τ xy = 0 ). In welchem Querschnitt ist die Schubspannung maximal? τ = ( −σ / 2 ) sin 2ϕ . ϕ = 45° (Bruchwinkel spröder Stoffe unter Druck). III. Hauptachsen und Hauptspannungen 1. Man kann die Achsen immer so wählen, dass die Schubspannungen verschwinden.

1

Gleichzeitig nehmen die Zugspannungen (Diagonalkomponenten) ihren extremalen Wert an: 2τ xy tan 2ϕ * = , σx −σ y

σx +σ y

σx −σ y  2 σ 1,2 = ±   + τ xy . 2 2   2. Andererseits gibt es immer Achsenrichtungen, bei denen die Schubspannungen ein Maximum erreichen: dτ ξη = − (σ x − σ y ) cos2ϕɶ − 2τ xy sin 2ϕɶ = 0 ⇒ dϕ 2τ xy cot 2ϕɶ = − = − tan 2ϕ * (σ x − σ y ) 2

Dafür muss offenbar gelten: 2ϕɶ = 2ϕ * +π / 2 . In der Tat gilt cos 2ϕɶ = cos ( 2ϕ * +π / 2 ) = − sin ( 2ϕ *) ,

sin 2ϕɶ = sin ( 2ϕ * +π / 2 ) = cos ( 2ϕ *) und cot 2ϕɶ = − tan 2ϕ * . Die Achsenrichtungen, in denen die Schubspannungen maximal sind, sind zu den Hauptachsen um 45° gedreht. Die Extremalwerte der Schubspannung heißen Hauptschubspannungen:  σ −σ y  2 τ max = ±  x  + τ xy . 2   Mit Hilfe der Hauptspannungen gilt: 1 τ max = ± (σ 1 − σ 2 ) . 2 2

Dabei sind die Normalspannungen σ = 12 (σ y + σ x ) = 12 (σ 1 + σ 2 ) .

IV. Mohrscher Spannungskreis Schreibt man die Transformationsformeln um: σ ξ − 12 (σ y + σ x ) = 12 (σ y − σ x ) cos 2ϕ + τ yx sin 2ϕ

τ ξη = − 12 (σ x − σ y ) sin 2ϕ + τ xy cos 2ϕ ,

so kann durch Quadrieren und Addieren der Winkel ϕ eliminiert werden.

 σ −σ x  2 σ ξ − (σ y + σ x )  + τ ξη =  y  + τ xy    2  Den Ausdruck auf der rechten Seite bezeich2  σ y −σ x  2 2 nen wir als   + τ xy = r und den Mit 2  telwert der Diagonalspannungen als σ M = 12 (σ y + σ x ) . Somit gilt für σ ξ und τ ξη 2

1 2

2

2

2

2 σ ξ − σ M  + τ ξη = r2 Im Weiteren lassen wie die Indizes aus: 2 [σ − σ M ] + τ 2 = r 2 . Dies ist die Gleichung eines Kreises in der (σ ,τ ) -Ebene mit dem Zentrum im Punkt σ M und dem Radius r . Dese Überlegungen können zur graphischen Bestimmung von Hautspannungen, maximalen Schubspannungen und Hauptachsen benutzt werden. So geht es: Gegeben seien σ x , σ y

und τ xy . Der Punkt ( σ x , τ xy ) liegt auf dem Kreis, der Punkt

( (σ 1 2

x

)

+ σ y ) , 0 liegt in der

Mitte des Kreises, somit ist der gesamte Kreis eindeutig bestimmt. An dem Kreis können jetzt problemlos die Hauptspannungen und die maximale Schubspannung abgelesen werden.

V. Dünnwandiger Kessel Ein dünnwandiger zylindrischer Kessel mit dem Radius r und der Wandstärke t stehe unter dem Druck p. Zu ermitteln ist der Spannungszustand

Ein Schnitt senkrecht zur Achse ergibt die folgende Gleichgewichtsbedingung pr σ x 2π rt − pπ r 2 = 0 ⇒ σ x = . 2t Ein Schnitt entlang der Achse ergibt: pr 2σ ϕ t ∆l − p 2r ∆l = 0 ⇒ σ ϕ = t Wegen r ≫ t gilt σ x , σ ϕ ≫ σ r . Der Spannungszustand kann daher als eben betrachtet werden. Die maximale Schubspannung ist pr τ max = 12 (σ 1 − σ 2 ) = , sie wirkt in Schnitten 4t unter 45° zur Achse. Plastische Deformation wird daher in Richtung 45° initiiert werden. Der Riß breitet sich aber in der Längsrichtung aus.

2

Mechanik I / Prof. Popov / Vorlesung 25 Teil 2: Elastostatik Verzerrungstensor Literatur: Hauger, Schnell und Groß. Technische Mechanik 2 (Elastostatik), 3.1, 3.2. ∂u  ∂u ∂u  ∂u I. Verzerrungstensor ε x = x , ε y = y und γ xy =  x + y  . Nicht jede Bewegung eines elastischen Kör∂x ∂y ∂x   ∂y pers ist mit seiner Deformation verbunden: Sie sind Komponenten eines symmetrischen Verschiebung als Ganzes oder Rotation als Verzerrungstensors Ganzes sind Beispiele von Bewegungen ohne 1  εx 2 γ xy  Verzerrung. Ein offensichtliches Merkmal εˆ =  1 . einer "richtigen" Verzerrung ist Änderung der  2 γ xy ε y  Abstände zwischen den Punkten des Körpers. Den mechanischen Sinn einzelner KomponenBetrachten wir als erstes einen ebenen Verzerten des Verzerrungstensors kann man den folrungszustand. genden Skizzen entnehmen.

Wählen wir im nicht deformierten Zustand eines elastischen Körpers zwei nahe liegenden Punkte mit Koordinaten ( x, y ) und ( x + dx, y + dy ) . Wird der Körper deformiert, so verschieben sich diese beiden Punkte in neue Positionen ( x + u x ( x, y ), y + u y ( x, y )) und ( x + dx + u x ( x + dx, y + dy ), y + dy + u y ( x + dx, y + dy )) . Der ursprüngliche Abstand zwischen den Punkten war l02 = dx 2 + dy 2 . Der Abstand nach der Deformation ist gleich

l12 = ( dx + u x ( x + dx, y + dy ) − u x ( x, y ) ) + 2

+ ( dy + u y ( x + dx, y + dy ) − u y ( x, y ) ) . 2

Mit Hilfe von Taylor-Reihen erhalten wir ∂u ∂u u x ( x + dx, y + dy ) − u x ( x, y ) ≈ x dx + x dy , ∂x ∂y ∂u ∂u u y ( x + dx, y + dy ) − u y ( x, y ) ≈ y dx + y dy . ∂x ∂y Berechnung der Längenänderung unter Beibehaltung Glieder kleinster (2.) Ordnung ergibt l12 − l02 =

 ∂u ∂u y 2   ∂u ∂u y  = 2  x dx 2 +  x + dy   dxdy + ∂x  ∂y  ∂y  ∂x  Die Abstandsänderung in einer beliebigen Richtung und somit der Deformationszustand ist eindeutig bestimmt durch die drei Größen

Die Komponenten ε x und ε y auf der Hauptdiagonale nennt man Dehnungen, die auf der Nebendiagonale Gleitung, Scherung oder Winkelverzerrung.

II. Dehnung als Funktion des Winkels Mit Hilfe des Verzerrungstensors kann die Abstandsänderung zwischen zwei Punkten wie folgt umgeschrieben werden l12 − l02 = 2 ( ε x dx 2 + γ xy dxdy + ε y dy 2 ) oder l0 dl = ε x dx 2 + γ xy dxdy + ε y dy 2 . Aus der Skizze ist sichtbar, dass dx = l0 cos θ und dy = l0 sin θ . Dies setzen wir in die oben stehende Gleichung ein und bekommen l0 dl = l02 ( ε x cos 2 θ + γ xy cos θ sin θ + ε y sin 2 θ )

Für die Dehnung ε (θ ) = dl / l0 in Richtung θ ergibt sich (1) ε (θ ) = ε x cos 2 θ + γ xy cos θ sin θ + ε y sin 2 θ

III. Messung von Deformationen mit Dehnungsmeßstreifenrosetten Zur Messung von Deformationen werden oft Dehnungsmeßstreifen benutzt, deren elektrischer Widerstand von der Dehnung des Streifens in Richtung seiner Achse abhängt. Zur Messung von allen drei Komponenten des Verzerrungstensors muß man drei nahe an einander liegende Streifen benutzen: die Dehnungsmeßstreifenrosetten.

1

Betrachten wir zunächst eine Rosette mit beliebigen Winkeln. Die durch einzelne Streifen gemessenen Dehnungen sind: 2 ε a = ε x cos θ a + γ xy cos θ a sin θ a + ε y sin 2 θ a

ε b = ε x cos 2 θb + γ xy cos θb sin θb + ε y sin 2 θb ε c = ε x cos 2 θ c + γ xy cos θ c sin θ c + ε y sin 2 θ c Auflösung dieses Gleichungssystems bezüglich ε x , ε y , γ xy liefert alle drei Komponenten des Verzerrungstensors. 45°-Rosette ( θ a = 0 , θb = 45° , θ c = 90° ): ε x = εa

ε y = εc γ xy = 2ε b − ε a − ε c ( θa = 0 ,

60°-Rosette

θb = 60° , θ c = 120° ): ε x = εa

ε y = 13 ( 2ε b + 2ε c − ε a ) γ xy =

2 3

(ε b − ε a )

IV. Koordinatentransformation Die Gleichung (1) kann man auch allgemeiner Interpretieren: ε (θ ) ist offenbar die ε ξ -Dehnung im gedrehten

Koordinatensystem.

Die

εη -

Dehnung in der Senkrechten zur ξ -Achse bekommen wir aus (1) durch Substitution θ →θ +π / 2 , cos (θ + π / 2 ) = − sin θ ,

sin (θ + π / 2 ) = cos θ :

ε (θ + π / 2) = ε x sin 2 θ − γ xy cos θ sin θ + ε y cos2 θ Zusammenfassend gilt: ε ξ = ε x cos 2 θ + γ xy cos θ sin θ + ε y sin 2 θ ,

εη = ε x sin 2 θ − γ xy cos θ sin θ + ε y cos 2 θ , oder umgeformt: ε +ε ε −ε γ ε ξ = x y + x y cos 2θ + xy sin 2θ (2) 2 2 2 εx + ε y εx −ε y γ xy εη = − cos 2θ − sin 2θ (3) 2 2 2

γ ξη

εx − εy

sin 2θ +

γ xy

cos 2θ . (4) 2 2 2 (Die letzte Gleichung haben wir hier ohne Beweis hinzugefügt). Es gibt immer zwei senkrecht zu einander stehende Achsen, in denen die Dehnungen maximale Werte erreichen und Winkelverzerrungen verschwinden - Hauptachsensystem. Seine Orientierung ist gegeben durch =−

tan 2θ * =

γ xy εx −εy

Die Hauptdehnungen sind

ε1,2 =

εx +εy 2

 ε − ε y   γ xy  ±  x  +  .  2   2  2

2

B2. Zu untersuchen ist der Spannungs- und Deformationszustand eines wie nebenstehend beanspruchten Elementes einer Struktur. Lösung: Die Achsen (x,y) sind Hauptachsen des Spannungstensors. Die Spannungskomponenten σ x = σ , σ y = −σ sind die Hauptspannungen. Die Hauptspannung in x-Richtung verursacht die folgenden Dehnungen:

εx =

σ

, ε y = −νε x = −ν

σ

. E E Die Hauptspannung in y-Richtung verursacht die folgenden Dehnungen:

εy = −

σ

, ε x = −νε y = ν

σ

. E E Bei gleichzeitiger Wirkung gilt nach dem Superpositionsprinzip:

εx =

σ

(1 + ν ) , ε y = −

σ

(1 +ν ) . E E Auch für den Verzerrungstensor ist es das Hauptachsensystem Im Koordinatensystem (ξ ,η ) gedreht um 45° zu den Hauptachsen gibt es nur Schubkomponenten des Spannungs- und des Verzerrungstensors:

τ ξη = σ ,

γ ξη

σ

(1 + ν ) =

τ

(1 + ν ) . 2 E E Der Koeffizient zwischen Schubspannung und Schubwinkel ist der Schubmodul: E G= . 2(1 + ν ) =

2

Mechanik I / Prof. Popov / Vorlesung 26. Knickung

Teil 2: Elastostatik

Literatur: Hauger, Schnell und Groß. Technische Mechanik 2 (Elastostatik), 7.2

I. Begriff Stabilität

(F

f

− Fs ) l cos ϕ − Fx = 0

( cx − Fs ) l ⋅1 − Fx = 0 x=

Eine Gleichgewichtslage ist stabil, wenn das System nach einer kleinen Störung des Gleichgewichtes wieder in die ursprüngliche Position zurückkehrt. II. Statische Stabilität von Feder-StabSystemen Zur Einführung betrachten wir einen gelenkig gelagerten starren Stab, der durch eine Feder gehalten wird.

Unter der Wirkung einer Kraft F in der Längsrichtung verschiebt sich der Stab nicht (a). Unter Einwirkung einer kleinen Störkraft Fs verschiebt es sich geringfügig (b). Wenn aber beide Kräfte gleichzeitig wirken, kann es zu einer großen Auslenkung kommen, auch wenn die Störkraft unendlich klein ist: es tritt eine Instabilität auf. Bei der Untersuchung des Gleichgewichtes nehmen wir an, daß alle Winkel und Auslenkungen sehr klein sind. Wir werden alle Terme zweiter oder höherer Ordnung vernachlässigen (dieses Vorgehen nennt man Theorie zweiter Ordnung). Unter anderem gilt in dieser Näherung: sin ϕ = ϕ − cos ϕ = 1 −

ϕ3 3!

ϕ2

+

ϕ5 5!

ϕ4

− ... ≈ ϕ ,

+ − ... ≈ 1 , 2! 4! In der gleichen Näherung ist x = lϕ . Für die Federkraft gilt F f = cx . Die Momentengleichgewichtsbedingung bezüglich des Gelenkes A lautet:





Fs l . cl − F

Offenbar ist lim

F →cl

Fs l =∞. cl − F

Instabilitätsbedingung aus anderer Sicht: Gibt es keine Störkraft, so lautet die Gleichgewichtsbedingung: ( cl − F ) x = 0 . Bei F ≠ cl hat diese Gleichung eine einzige Lösung x = 0 . Bei der kritischen Kraft F = cl dagegen, kann x einen beliebigen Wert annehmen. Das liegt daran, daß zwischen einem stabilen und einem instabilen Zustand immer ein indifferenter Zustand liegt. Wir können diesen kritischen Zustand gerade daran erkennen, daß es unendlich viele Gleichgewichtspositionen gibt.

B1. Wie groß ist die kritische Last für dieses Zweistabsystem? Lösung: Wir lassen kleine Verschiebungen des Systems aus der geraden Lage zu und stellen Gleichgewichtsbedingungen am verformten System auf. Unser Anliegen ist festzustellen, unter welchen Bedingungen sich das System im indifferenten Gleichgewicht befindet. Das ist gerade der kritische Zustand. Das Momentengleichgewicht für das Gesamtsystem bezüglich des Gelenkes A lautet F f 1l + 2 Ff 2l − Fx2 = 0 Das Momentengleichgewicht für den oberen Stab bezüglich des Gelenkes B lautet F f 2l − F ( x2 − x1 ) = 0 . Mit den Federkräften F f 1 = cx1 , F f 2 = cx2 führen die Gleichungen auf clx1 + ( 2cl − F ) x2 = 0 ,

Fx1 + ( cl − F ) x2 = 0 . Die kritische Last ist die Größe, bei der es unendlich viele Gleichgewichtslagen gibt. Ein

1

lineares Gleichungssystem hat nur dann nicht triviale Lösungen, wenn seine Determinante gleich Null ist: cl 2cl − F 2 = F 2 − 3clF + ( cl ) = 0 . F cl − F Diese charakteristische Gleichung hat zwei Lösungen F1,2 = 1.5 ± 1.25 cl und damit ist

(

)

F1 = 0.38cl und F2 = 2.62cl . Die Lösungen selbst sind: x   −0.85  bei F1 :  1  = const1  ,  0.53   x2 

x   0.53  bei F2 :  1  = const2  .  0.85   x2  Das sind die Knickeigenformen. III. Knickstab Betrachten wir den unten abgebildeten Stab.

Durch Freischneiden bei einer Koordinate x wird das Biegemoment sichtbar. Das Momentengleichgewicht bezüglich des Schnittpunktes lautet: − M ( x) + Fw( x) = 0 Für das Biegemoment gilt aber M ( x) = − EIw′′( x) . Daraus ergibt sich die Gleichung EIw′′( x) + Fw( x) = 0 oder F w′′( x) + λ 2 w( x) = 0 mit λ 2 = . EI Die allgemeine Lösung dieser Gleichung ist w( x) = A sin ( λ x ) + B cos ( λ x ) . Die Konstanten A und B werden aus den Randbedingungen bestimmt. In diesem Fall: w(0) = w(l ) = 0 ⇒ B = 0 , A sin λ l = 0 . Die letztere Gleichung ist erfüllt entweder wenn A = 0 oder wenn sin λ l = 0 . Nur die letztere Bedingung entspricht einer nicht trivialen Lösung. Daraus folgt λl = π n ( n ist eine ganze Zahl),

 π nx  Die Eigenformen sind w( x) = A sin    l 

IV. Knickspannungen Die Druckspannung bei der kritischen KnickF π 2 EI last ist gleich σ Knick = k = . A Al 2 Vergleichen wir diese Spannung mit der Spannung σ pl , bei der der Stab durch plastische Deformation versagt. Die beiden Spannungen π 2 EI sind gleich wenn = σ pl . Al 2 Für einen runden Stab mit dem Radius a gilt π a4 π 2 a 2 σ pl I= , A=π2 ⇒ = ⇒ 4 4l 2 E l π E = . a 2 σ pl Für Stahl: E ≈ 200 GPa , σ pl ≈ 500 MPa , l l ≈ 1.5 400 = 30 oder ≈ 15 . a d l Stählerne Stäbe mit < 15 versagen durch d l plastische Deformation. Stäbe mit > 15 verd sagen durch Knickung.

F πn  πn  ⇒ Fkrit ,n = EI  λ =  =  . EI  l   l  2

2

2

2

Mechanik I / Prof. Popov / Vorlesung 27. Knickung (Fortsetzung). Eulersche Knickfälle

Teil 2: Elastostatik

Literatur: Hauger, Schnell und Groß. Technische Mechanik 2 (Elastostatik), 7.2

Einsetzen in die allgemeine Lösung (1) liefert: I. Eulersche Knickungsgleichung vierter w(0) = A cos 0 + B sin 0 + C 0 + D = A + D = 0 Ordnung w′′(0) = − Aλ 2 cos 0 − Bλ 2 sin 0 = − Aλ 2 = 0 Ein Stab sei in der x-Richtung auf Druck mit einer Kraft F belastet. Wir schneiden ein Ele⇒ A=0, D =0. w(l ) = B sin λ l + Cl = 0 ment zwischen x und x0 frei und stellen Gleichgewichtsbedingungen auf. Kräftegleichw′′(l ) = −λ 2 B sin λ l = 0 gewicht in der ⇒ C = 0 , sin λ l = 0 ⇒ λl = π n x-Richtung ( n ist eine ganze Zahl), ergibt 2 2 πn  N ( x) = N 0 = − F . λ 2 =  π n  = F ⇒ Fk = EI   . EI  l   l  In der wRichtung: Fall IV: Die Randbedingungen lauten: Q ( x ) = Q0 . w(0) = 0 , w′(0) = 0 , w(l ) = 0 , w′(l ) = 0 . MomentengDaraus folgt: leichgewicht w(0) = A cos 0 + B sin 0 + C 0 + D = A + D = 0 bezüglich des Punktes O: w′(0) = − Aλ sin 0 + Bλ cos 0 + C = Bλ + C = 0 − M ( x) + M 0 + N 0 ( w( x0 ) − w( x ) ) − Q0 ( x0 − x ) = 0. w(l ) = A cos λ l + B sin λ l + Cl + D Unter Benutzung der Balkengleichung folgt: = A cos λ l + B sin λ l − Bλ l − A = 0 EIw′′( x ) = − M ( x) = − M 0 − N 0 ( w( x0 ) − w( x) ) + Q0 ( x0 − x ) w′(l ) = − Aλ sin λ l + Bλ cos λl + C = − M 0 + F ( w( x0 ) − w( x) ) + Q0 ( x0 − x ) . = − Aλ sin λ l + Bλ cos λl − Bλ = 0 Zweimaliges Differenzieren ergibt oder  ( cos λ l − 1) ( sin λ l − λ l )   A   0  ( EIw′′( x ) )′′ = − Fw′′( x ) (Eulersche Gleichung). . =   −λ sin λ l λ ( cos λl − 1)   B   0   Für einen homogenen Stab ( EI = const ) folgt: Diese Gleichung hat nur dann nicht triviale EIw IV ( x ) = − Fw′′( x ) Lösungen wenn die Determinante verschwin2 IV 2 det: oder w ( x ) = − λ w′′( x ) mit λ = F / EI . ( cos λl − 1) ( sin λl − λl ) Diese Gleichung enthält zunächst keine Rand−λ sin λ l λ ( cos λ l − 1) bedingungen und kann daher in allgemeiner 2 Form gelöst werden. = λ ( cos λ l − 1) + sin λ l ( sin λl − λl )  =   Es ist leicht zu prüfen, daß folgende Funktionen Lösungen der Eulerschen Gleichung sind: = λ  2 (1 − cos λ l ) − λ l sin λl  = 0 w1 ( x ) = A cos λ x , w2 ( x ) = B sin λ x , oder w3 ( x ) = Cx , w4 ( x ) = D . λl  λ l λl λl  sin  4 sin − cos  = 0 ⇒ Die allgemeine Lösung lautet somit 2  2 2 2 w( x ) = A cos λ x + B sin λ x + Cx + D . (1) 2 λl λl πn  sin = 0 ⇒ = π n , Fk = 4 EI  II. Eulersche Knickfälle  . 2 2  l  Abhängig von der Lagerung unterscheidet man Fall I: Die Randbedingungen vier Fälle, die bereits Leonard Euler untersucht lauten in diesem Fall: hat. w(0) = 0 , w′(0) = 0 , w′′(l ) = 0 (kein Moment), Q(l ) = − EIw′′′(l ) = w′(l ) F . Daraus folgt: w(0) = A + D = 0 Fall II: Randbedingungen: w(0) = 0 , w′(0) = Bλ + C = 0 w′′(0) = 0 (kein Moment), w(l ) = 0 , w′′(l ) = 0 .

1

w′′(l ) = − Aλ 2 cos λ l − Bλ 2 sin λ l = 0 w′′′(l ) = Aλ 3 sin λ l − Bλ 3 cos λ l F = − ( − Aλ sin λ l + Bλ cos λ l + C ) EI Die letzte Gleichung kann auch als Aλ 3 sin λ l − Bλ 3 cos λ l F = − ( − Aλ sin λl + Bλ cos λ l − Bλ ) EI umgeschrieben werden oder Aλ 3 sin λ l − Bλ 3 cos λ l = λ 2 ( Aλ sin λ l − Bλ cos λ l + Bλ )

 −λ 2 cos λ l −λ 2 sin λ l   A   0     =   . 0 −λ 3   B   0   −λ 2 cos λ l −λ 2 sin λ l =0 0 −λ 3 1 πn  cos λl = 0 , ⇒ λl = π / 2 ⇒ Fk = EI   4  l 

2

Aufgabe: Ein zwischen zwei festen Wänden gespannter stählerner Stab mit l / a = 100 wird gleichmäßig erwärmt. Bei welcher Temperaturerhöhung ∆T knickt der Stab? −5 −1 (α = 1, 2 ⋅10 K ) . Lösung: Thermische Spannung ist gleich σ T = − Eα∆T . Die Druckkraft

F = σ T A = Eα∆TA muss den kritischen Wert Fk = π 2 EI / l 2 erreichen: Eα∆TA = π 2 EI / l 2 .

π 2 EI . AEα l 2 Für einen runden Stab mit Radius a gilt: 2 π 2π a 4 π 2a2 1 π 2  a  ∆T = = =   4π a 2α l 2 4α l 2 4 α  l 

Der Stab wird instabil bei ∆T =

Für a / l = 100 ergibt sich 1 10 ⋅10−4 ∆T ≈ ≈ 20 K 4 1, 2 ⋅10−5 III. Ein Bein oder mehrere Beine? Ein runder, fest eingebetteter Stab (Radius R1 ) kann eine Last π 2 EI π 3 ER14 = F1 = 4l 2 16l 2 aushalten. Werden aus dem gleichen Material zwei Stäbe mit dem gleichen Gewicht gemacht, so werden sie Radien R2 = R1 / 2 ha-

π 3 ER24

1 F1 16l 2 tragen, die zwei Mal kleiner ist als F1 . Generell gilt: je mehr Beine desto kleiner ist die kritische Last (bzw. desto größer das Gewicht der erforderlichen Konstruktion). Die optimalen Strukturen von Druckstäben sind daher Strukturen mit nur einem Kräftigen Druckstab. So sind Pflanzen, Tiere und viele moderne Bauten aufgebaut (eine zentrale tragende Säule, auf der alles aufgehängt wird).

ben. Sie können eine Last F2 = 2

2

=

IV. Andere Arten von Instabilitäten (A) Wird ein Stab verdreht, so wird die gerade Lage seiner Achse instabil und biegt sich zu einer Schraubenlinie sobald der 9 EI Drehwinkel größer wird als ϕ max = . Für GI p einen runden Stab gilt ϕ max = 9(1 + ν ) . Ein metallischer Draht wird daher bei ϕ ≈ 12 instabil werden (ca. zwei volle Umdrehungen). (B) Um maximale Stabilität einer Säule zu erzielen, sollte sie einen möglichst großen Radius (bei entsprechend dünner Wand) haben. Allerdings wird ein solcher dünnwandiger Zylinder "lokal instabil" wenn die Spannung in der Wand den Wert σ = Et / 4 R erreicht, wobei t Dicke der Wand ist. Um diese Art der Instabilität zu vermeiden, werden Wände wie auf dem Bild rechts verstärkt (wird im Schiffsbau, Flugzeugbau usw. benutzt). Auch Pflanzen verstärken die Wände auf eine der nebenstehend gezeigten Arten. (C) Soll eine Struktur nur vertikale Lasten tragen, so soll ein optimaler Querschnitt möglichst große Höhe und kleine Breite haben. Der Träger wird aber instabil und 2bh3 E 1,7bh3 E ≈ . verdreht sich bei Fkr ≈ 2 l2 l 1 +ν (D) Eine weitere Methode zur Vermeidung von Instabilitäten: Druckkräfte vermeiden (Speichen).

2

Mechanik I / Prof. Popov / Vorlesung 28

Reibung

Literatur: Hauger, Schnell und Groß. Technische Mechanik 1 (Statik), 9. /

I. Haftreibung und Gleitreibung In dieser Vorlesung untersuchen wir nur die trockene oder Coulomb'sche Reibung zwischen festen Körpern. Durch sehr ausführliche experimentelle Untersuchungen hat Coulomb (1736-1806) festgestellt, dass die Reibungskraft R zwischen zwei Körpern, die mit der Normalkraft N aneinander gedrückt sind, in erster, grober Näherung folgende einfache Eigenschaften hat: A) Die Haftreibung (auch statische Reibungskraft) Rs , die zu überwinden ist, um den Körper in Bewegung zu setzen, ist proportional zur Anpreßkraft N: Rs = µ s N . Der Koeffizient µs heißt statischer Reibungskoeffizient. Er hängt von der Materialpaarung ab, weist aber dagegen fast keine Abhängigkeit von der Kontaktfläche und Rauhigkeit der Oberflächen auf. Bereits Coulomb hat festgestellt, dass µs mit der Standzeit wächst. Dies wird aber in den meisten einfacheren Anwendungen vernachlässigt. B) Die Gleitreibung (auch kinetische Reibungskraft) Rk ist die Widerstandskraft, die nach dem Überwinden der Haftung wirkt. Coulomb hat experimentell folgende Eigenschaften der Gleitreibungskraft festgestellt: - Gleitreibung ist proportional zur Anpreßkraft N Rk = µ k N - Sie weist keine wesentliche Abhängigkeit von der Kontaktfläche und Rauhigkeit der Oberflächen - Der kinetische Reibungskoeffizient ist näherungsweise gleich dem statischen Reibungskoeffizienten: µk ≈ µ s - Die Gleitreibung hängt nicht (bzw. nur sehr schwach) von der Gleitgeschwindigkeit ab. Oft wird angenommen, dass µk mit der Geschwindigkeit schwach abnimmt. Das gilt aber nicht immer, (z.B. nicht bei Gummireifen füri kleine Gleitgeschwindigkeiten).

R.C. Hibbeler. Technische Mechanik 1, 8.1.-8.7.

Anders als oft behauptet, haben die statischen und kinetischen Reibungskräfte die gleiche physikalische Herkunft und können in vielen mechanischen Aufgaben nicht getrennt voneinander betrachtet werden. Auch der Unterschied zwischen dem statischen und kinetischen Reibungskoeffizienten erweist sich als relativ, da oft entweder der Übergang vom statischen zum Gleitkontakt kontinuierlich stattfindet (das ist der Fall im angetriebenen Rad1) oder die "Haftreibung" sich in Wirklichkeit als Gleitreibung bei sehr kleinen Geschwindigkeiten entpuppt (das ist der Fall bei Gummireibung, z.B. Gummireifen auf der Straße1). II. Reibungswinkel B1. Auf einer geneigten Ebene liegt ein Klotz (Haftreibungskoeffizient zwischen beiden sei µs ). Wie groß darf der Neigungswinkel werden, damit der Klotz nicht rutscht? Lösung: Bei maximalem Neigungswinkel wird die Reibungskraft ihren maximalen Wert R = µ s N erreichen. Kräftegleichgewicht in diesem kritischen Zustand (im gezeigten Koordinatensystem) lautet x: mg sin ϕ − µ s N = 0 y: N − mg cos ϕ = 0 daraus folgt tan ϕ = µ s Tangens des "Rutschwinkels" ist gleich dem statischen Reibungskoeffizienten. Dieser Winkel heißt "Reibungswinkel". B2. Unter welchem kleinsten Winkel muß die Kraft F gerichtet sein, damit der Klotz nicht rutscht? Lösung: Es ist leicht zu verstehen, dass diese Aufgabe äquivalent zu der vorigen ist, nur muß man ϕ durch π / 2 − ϕ ersetzen. Die Antwort ist also: 1

Diese komplizierten physikalischen Zusammenhänge können aber erst durch eine aufwendige Betrachtung der Kontaktmechanik eines angetriebenen Rades aufgedeckt werden. Hierfür ist das Modul "Kontaktmechanik und Reibungsphysik" empfohlen (jedes WS) .

1

cot ϕ = µ s . Selbstverständlich kann man dieses Ergebnis aus dem Kräftegleichgewicht noch einmal herleiten: y: N − F sin ϕ = 0 x: F cos ϕ − µ s N = 0 . Daraus folg die obige Gleichung. B3. Kippende Kiste Drückt man auf eine Kiste seitlich, so tritt bei tief gelegenen Berührungspunkt Gleiten ein, bei hoch gelegenem dagegen Kippen. Aus der Grenzhöhe zwischen Gleiten und Kippen läßt sich der Reibungswinkel ebenfalls bestimmen. Im Grenzfall setzen Gleiten und Kippen gleichzeitig ein, d.h. die Bodenreaktion wirkt an der rechten Bodenkante und die Reibungskraft erreicht dabei ihren Maximalwert R = µ s N . Aus dem Kräfteund Momentengleichgewicht folgt dann: N = G , F = µ s N = µ s G , − Fh + Gb / 2 = 0 ; b/2 Gb b = µs . h= = ⇒ h 2 F 2µs

tragsmäßig gleich sind (so sind sie im Bild eingezeichnet). An der Grenze zwischen Gleiten und Selbstsperrung erreicht die Reibungskraft R seinen maximalen Wert R = µ s N . Aus dem Kräftegleichgewicht in vertikalen Richtung 2 µ s N − G = 0 und Momentengleichgewicht bezüglich des Zentrums der Buchse Gl − 2 N h2 + 2 µ s N d2 = 0 folgt für die h d − . kritische Länge lc : ls = 2µs 2

IV. Keil rein, Keil raus Aus dem Gleichgewicht in vertikaler Richtung für den anzuhebenden Körper gilt G = N cos θ / 2 − µ s N sin θ / 2 . Daraus folgt G N= cos θ / 2 − µ s sin θ / 2 Aus dem Gleichgewicht für den Keil in horizontaler Richtung folgt dann

F1 = 2 N sin θ / 2 + 2 µ s N cos θ / 2

oder

sin θ / 2 + µ s cos θ / 2 cos θ / 2 − µ s sin θ / 2 Beim Rausholen des Keils erhalten wir G = N cos θ / 2 + µ s N sin θ / 2 G N= cos θ / 2 + µ s sin θ / 2 F1 = 2G

III. Selbstsperrung An einer auf einer senkrechten Stange verschiebbaren Führungsbuchse ist ein Arm befestigt, an dem ein Gewicht verschiebbar angeordnet ist. Solange sich das Gewicht weit genug außen befindet, wird es durch die Reibungskräfte, die in den Eckpunkten der Führungsbuchse auftreten, gehalten (Selbstsperrung). Aus dem Kräftegleichgewicht in horizontaler Richtung folgt, dass beide Reaktionskräfte N in Eckpunkten be-

F2 = −2 N sin θ / 2 + 2µ s N cos θ / 2

oder

− sin θ / 2 + µ s cos θ / 2 cos θ / 2 + µ s sin θ / 2 Die Kräfte F2 und F1 stehen im Verhältnis F2 − sin θ / 2 + µ s cos θ / 2 cos θ / 2 − µ s sin θ / 2 = ⋅ F1 cos θ / 2 + µ s sin θ / 2 sin θ / 2 + µ s cos θ / 2 F2 = 2G

Für kleine θ gilt:

 F2 1 = 1 −  µs + F1 µs 

 θ 

V. Thermisches Kriechen VI. Seitliche Kraft VII. Seilreibung

2

Mechanik I / Prof. Popov / Vorlesung 29 Festigkeitshypothesen

Teil 2: Elastostatik

Literatur: Hauger, Schnell und Groß. Technische Mechanik 2 (Elastostatik), 3.3.

I. Allgemeine Überlegungen zu den Festigkeitshypothesen. Bei einem "einfachen Spannungszustand", (z.B. bei einer einachsigen Dehnung eines Stabes) kann man durch Experimente feststellen, bei welcher kritischen Spannung der Stab "versagt" (z.B. sich plastisch deformiert oder bricht). Die zulässige Spannung soll kleiner sein als diese kritische Spannung σ < σ c . Ähnliche kritische Spannungen kann man auch bei anderen "einfachen Spannungszuständen" ermitteln, z.B. die kritische Schubspannung τ c : Damit der Stab bei einer Schubbeanspruchung im elastischen Zustand bleibt, muss die Bedingung τ < τ c erfüllt sein. Haben wir es mit einem komplexen Spannungszustand zu tun (z.B. wirken gleichzeitig eine axiale Kraft und ein Torsionsmoment), so stellt sich die Frage, wann der Stab unter dieser komplexen Beanspruchung versagt. Eine einfache Zusammensetzung der Bedingungen σ < σ c , τ < τ c wäre dabei falsch! Davon kann man sich am einfachsten durch die folgenden Überlegungen überzeugen: Die Spannungskomponenten sind bezüglich der Rotationen nicht invariant. Es kann sein, dass in einem Koordinatensystem beide Gleichungen erfüllt sind und im anderen eine erfüllt und die andere nicht erfüllt. Das würde bedeuten, dass bezüglich eines Koordinatensystems das Medium noch im elastischen Zustand ist und im anderen schon im plastischen. Das kann aber nicht sein. Die Aussage, ob der Körper immer noch elastisch oder bereits plastisch deformiert wird, ist eine absolute Aussage, die von der Wahl des Koordinatensystems nicht abhängen darf. Der Körper ist entweder im elastischen oder im plastischen Zustand, egal ob wir auf ihn von oben, von unter oder irgendwie schräg sehen. Das bedeutet, dass ein Kriterium für den Beginn der plastischen Deformation ist, dass es nur Spannungskomponenten in solchen Kombinationen enthalten kann, die invariant bezüglich der Achsenrotationen sind. Es gibt aber nur drei unabhängigen Invarianten des Spannungstensors. Als diese können z.B. die drei Hauptspannungen gewählt werden oder die Invarianten I1, I2 , I3

(Spur, Summe der Quadraten aller Komponenten und die Determinante). Ein Kriterium für das Einsetzen der plastischen Deformation oder des Bruches muss mit Hilfe dieser Invarianten formuliert werden. Die drei Invarianten bestimmen den Spannungszustand eindeutig. Das bedeutet, dass zwei verschiedene Spannungszustände, mit zwei verschiedenen Spannungstensoren, die aber die gleichen drei Invarianten besitzen, in Wirklichkeit die gleichen Spannungszustände sind. Man kann zeigen, dass die drei Hauptspannungen sich durch die drei Invarianten ausdrücken lassen. Wenn Sie zwei verschiedene Spannungszustände haben bei denen alle drei Invarianten gleich sind, so sind auch die drei Hauptspannungen gleich. Das heißt, Sie haben zwei gleich beanspruchte Gebiete, die nur räumlich verschieden orientiert sind. Aber in einem isotropen Medium kann die Festigkeit nicht von der Orientierung des Spannungszustandes abhängen. Wenn wir gleich stark ziehen, dann ist es egal in welche Richtung. Das ist natürlich nur für isotrope Medien richtig. Dies sind aber viele klassische Werkstoffe, wie Mauerwerk oder noch besser polykristalline metallische Werkstoffe. Haben Sie ein Faserverbund, so hängt seine Festigkeit natürlich sehr wesentlich davon ab, ob in Richtung der Faser oder senkrecht dazu gezogen wird. Wir reden also jetzt nicht von den modernen Werkstoffen solcher Art wie Faserverbunde oder Laminate, bei denen alles noch komplizierter ist, sondern nur von klassischen isotropen Werkstoffen, wie Stahl, Aluminium und ähnliches. II. Die wichtigsten Festigkeitshypothesen 1. Normalspannungshypothese Hier wird angenommen, dass für die Materialbeanspruchung die größte Normalspannung maßgeblich ist. Diese wird durch die größte der drei Hauptspannungen gegeben. Beispiele: Bei einem einachsigen Zug ist die maximale Hauptspannung einfach gleich der Zugspannung σZug . Wenn diese den kritischen Wert σc erreicht, versagt das Bauteil. Wird dasselbe Material mit der Spannung τ auf Schub belastet, so sind die Hauptspannungen

1

gleich ±τ . das Bauteil versagt beim Überschreiten des kritischen Wertes τ = σc . 2. Schubspannungshypothese Dieser Hypothese liegt die Annahme zugrunde, dass die Materialbeanspruchung durch die maximale Schubspannung charakterisiert werden kann. Das Material versagt, wenn die größte Schubspannung den kritischen Wert τc überschreitet. Beispiele: Bei Beanspruchung auf Schub lautet das Versagenskriterium τ = τc . Bei einer einachsigen Dehnung mit der Zugspannung σ ist die maximale Schubspannung gleich τmax = 21 σ und das Material versagt, wenn die Zugspannung den Wert 2τc übersteigt. 3. von Mises-Kriterium Vorüberlegungen Durch physikalische Überlegungen kann man meistens feststellen, dass nicht alle drei Invarianten die gleiche Rolle spielen. Was ist z.B. die erste Invariante des Spannungstensors? Es ist immer möglich, die Koordinatenachsen so zu drehen, dass alle drei Diagonalkomponenten des Spannungstensors gleich sind und der Spannungszustand somit in eine Superposition aus einem hydrostatischen Druck und einer reinen Scherung zerlegt werden kann. Nun ist es ziemlich einfach zu verstehen, dass der hydrostatische Druck und die Schubspannung völlig verschiedene Wirkung in Bezug auf die Festigkeit haben. Den hydrostatischen Druck können alle Körper sehr gut und unendlich lange aushalten. Selbst solche fließende Medien wie Flüssigkeiten oder Gase halten einen allseitigen Druck sehr gut aus. Legen Sie dagegen eine auch sehr kleine Schubspannung an, so beginnen sie zu fließen. Wir reden jetzt von zähen Werkstoffen, wie Stahl, Kupfer oder Aluminium. Für diese Materialien ist es ziemlich egal, ob der hydrostatische Druck da ist oder nicht. Versuchen wir, diese Erkenntnis mathematisch auszudrücken. Nehmen wir an, wir haben einen beliebigen Spannungszustand. Wir können die Achsen so drehen, dass wir diesen Zustand als eine Superposition eines hydrostatischen Drucks und einer Scherung darstellen. Den hydrostatischen Druck ziehen wir ab, da er keine Rolle spielt. Unsere Behauptung ist also, dass der

Deviationstensor im Sinne der Festigkeit dem ursprünglichen Tensor äquivalent ist. Welche Invarianten des Spannungstensors gibt es nun? Die erste Invariante (Spur) ist jetzt Null, die haben wir angezogen. Die zweite Invariante ist die Summe aller Quadrate, die dritte Invariante ist die Determinante. Es gibt viele Spannungszustände, für die die dritte Invariante gleich Null ist. Ist eine der (Hauptschubkomponenten gleich Null, so ist die dritte Invariante identisch Null, egal wie groß die anderen Komponenten sind. Die zweite Invariante aber wohl nicht. Im Fall, wenn beide Invarianten nicht Null sind, gibt es keine theoretischen Gründe, warum nur eine der beiden eine wichtigere Rolle spielen soll. Man nimmt aber meistens an, dass die dritte Invariante keine Rolle spielt. Wenn wir das annehmen, lautet das Festigkeitskriterium: I2